Lebensgeschichte
Hochdruckgebiet TINA
(getauft am 08.05.2015)
Am 8. Mai 2015 befand sich eine langgestreckte Zone hohen Luftdrucks
südwestlich der Azoren, die in der Prognose für den Folgetag als ein typisches
Azorenhoch auf den Namen TINA getauft wurde. Als Azorenhoch bezeichnet man
Hochdruckgebiete, die in der Nähe der Azoren entstehen. Das Pendant dazu ist
das sogenannte Islandtief. Beide Druckgebilde spielen für die Großwetterlagen
Mitteleuropas eine sehr große Rolle.
Die Antizyklone erstreckte sich dabei am 9. Mai um 01 Uhr MEZ von Portugal
bis zu den Azoren und erreichte dabei eine bereits beachtliche
West-Ost-Ausdehnung von ca. 1700 km und eine maximale Nord-Süd-Ausdehnung von
ca. 500 km. Das Zentrum der Antizyklone befand sich über den Azoren und
erreichte einen Druck von ca. 1026 hPa.
In der Folge bewegte sich das Hochdruckgebiet unter leichter Verstärkung in
Richtung Nordosten. Am 10. Mai um 01 Uhr MEZ lag das Hoch TINA mit Zentrum
bereits über Zentralfrankreich. Damit verlagerte sich dieses Druckgebilde in
nur 24 Stunden um knapp 2300 km. Grund dafür war das umfangreiche Tief
BENEDIKT, welches mit einem Zentrumsdruck von knapp unter 990 hPa über dem
Nordatlantik sich Mitteleuropa näherte. Bevor aber das Tief BENEDIKT das
Wettergeschehen bestimmen konnte, setzte sich in weiten Teilen Mittel- und
Südwesteuropas Hochdruckwetter durch. Im Zentrum von Hoch TINA konnten knapp
1029 hPa gemessen werden, wie beispielsweise in Bordeaux oder in Lyon. Ein
zweiter, etwas schwächer ausgeprägter Kern befand sich über dem Norden
Algeriens mit einem Druck von ca. 1026 hPa. In einem Hochdruckgebiet findet
eine absinkende Luftbewegung statt, diese verhindert die Wolkenbildung und
sonniges Wetter kann sich durchsetzen. So gestaltete sich das Wetter in
Frankreich, Spanien und Portugal verbreitet freundlich. Es wurden in Spanien 10
bis 13 und in Frankreich 6 bis 14 Stunden Sonnenschein registriert. Auch die
Mittelmeerregion profitierten von Hoch TINA. So wurden in Italien verbreitet 9
bis 13 Sonnenstunden gemessen.
Ein Hochdruckgebiet dreht sich im Uhrzeigersinn. Somit konnte afrikanische
Tropikluft in Richtung Norden über die Iberische Halbinsel transportiert
werden. Dementsprechend gestalteten sich die Temperaturen in Spanien
hochsommerlich. So wurden 26 bis 30°C, im Landesinneren sogar 30 bis 35°C
gemessen. Spitzenreiter war die südspanische Stadt Sevilla mit 36°C. Auch in
Südfrankreich und Italien konnten sommerliche Werte von 27 bis 30°C gemessen
werden. Direkt unter dem Zentrum und nördlich davon fielen die
Höchsttemperaturen etwas niedriger aus. 20 bis 25°C konnten im Norden
Frankreich sowie in Südwestdeutschland registriert werden. Deutschland wurde
noch vom über Südskandinavien liegenden Tief ANDREAS beeinflusst. Rückseitig
der durchgezogenen Kaltfront gestaltete sich das Wetter noch sehr wechselhaft.
So wurden nur 1 bis 4 Sonnenstunden gemessen, nur in Ost- und
Südwestdeutschland auch bis zu 6 Stunden Sonne. Dort konnten 20 bis 23°C, sonst
17 bis 20°C, in Schleswig-Holstein sogar nur kühle 12 bis 15°C gemessen werden.
Nahezu überall gab es Schauer mit Niederschlagsmengen von 0,1 bis 5 mm, in
Gewitternähe auch um 10 mm, wie beispielsweise in Baruth und Wittenberg im
Osten Deutschlands. Dazu war es windig mit Spitzenböen von 50 bis 60 km/h, an
der Nordsee auch mit Sturmböen von bis zu 83 km/h.
Am 11. Mai um 01 Uhr MEZ befand sich das Hoch TINA bereits über
Ostdeutschland. So befand sich das Zentrum mit einem Druck von ca. 1031 hPa
über dem Erzgebirge. Das gegenspielige Tiefdruckgebiet BENEDIKT befand sich 500
km nordwestlich von Irland, erste Fronten überquerten aber bereits
Großbritannien. Das Hoch TINA erreichte währenddessen seine maximale
Ausdehnung. Das Druckgebiet hatte dabei eine West-Ost-Ausdehnung von maximal
3600 km und eine Nord-Süd-Ausdehnung von knapp 2000 km. In Deutschland gab es
in der Nacht vom 10. auf den 11. Mai eine klare und unter dem Hochdruckzentrum
windarme Nacht. Die noch kühle Luftmasse konnte sich stark auskühlen. Im Osten
Deutschlands gab es Tiefstwerte von gerade einmal 6 bis 1°C, in Baruth im
Urstromtal konnte sogar mit -0,5°C Luftfrost registriert werden. Am Boden gab
es verbreitet Frost mit Werten zwischen -1 und -4°C. Der Westen Deutschlands
profitierte von der etwas wärmeren Luftmasse, die aus Südwesten herangeführt
wurde. Dort blieb es mit 12 bis 7°C milder.
Hoch TINA beeinflusste nun weite Teile Europas. Westlich einer Linie
Ostpolen – Griechenland wurden nahezu überall zweistellige Sonnenscheinstunden
registriert. In Großbritannien konnten vor Frontenaufzug von Tief BENEDIKT
immerhin noch 5 bis 11 Sonnenstunden gemessen werden. Dabei gab es ein
deutliches Temperaturgefälle von Nordost nach Südwest. So gab es in Polen 15
bis 20°C, in Deutschland bereits 20 bis 25°C. In Südwestdeutschland wurden
sommerliche Werte von bis zu 28°C gemessen. Spitzenreiter war Lahr am Rhein mit
28,5°C. In Frankreich konnten 27 bis knapp 32°C gemessen werden. Am wärmsten
war es erneut in Südspanien. In Sevilla wurden 35°C, in Cordoba sogar 37,0°C
erreicht. Bemerkenswert ist dabei die Differenz zwischen den Höchst- und Tiefstwerten.
Mitte Mai sind die Nächte noch relativ lang und die tropische Luftmasse war
zudem sehr trocken, wodurch eine starke Auskühlung stattfinden konnte. In
Cordoba gab es am Morgen einen Tiefstwert von 12,0°C. Somit gab es einen
Tagesgang von extremen 25,0°C. Noch größer war die Differenz in Granada mit
25,4°C. Dort gab es ein Maximum von 36,4°C und ein Minimum von 11,0°C.
Bis zum 12. Mai um 01 Uhr MEZ bewegte sich die Antizyklone weiter ostwärts.
Das Zentrum lag zu diesem Zeitpunkt bereits über Weißrussland und der Ukraine
und wies dabei einen leicht verringerten Druck von ca. 1029 hPa auf. Trotzdem
blieb Hoch TINA für weite Teile Europas wetterbestimmend. Von Polen über
Südostdeutschland, Italien bis zur Türkei wurden 10 bis 13 Stunden Sonnenschein
registriert. Über Südwesteuropa verlor dagegen Hoch TINA den Einfluss. Dort
bildete sich südlich von Tief BENEDIKT ein Zwischenhoch, dass auf den Namen
ULRIKE getauft wurde, welches Spanien Temperaturen von knapp 39°C brachte. Tief
BENEDIKT erreichte unterdessen mit einem Kerndruck von ca. 988 hPa Schottland.
Die Okklusion reichte zu diesem Zeitpunkt von Mittelfinnland bis
Nordwestfrankreich. Eine Okklusion ist eine Mischfront, sie entsteht wenn die
Kaltfront die Warmfront einholt und sich unter dieser schiebt. Der Südosten
Deutschlands profitierte damit noch vom Hochdruckeinfluss. Von Sachsen bis zum
Saarland sowie südöstlich davon gab es 8 bis 12 Sonnenstunden und Höchstwerte
von 28 bis 31°C. Spitzenreiter war Mannheim mit 30,6°C. Im Tagesverlauf zog die
Front von Tief BENEDIKT von Nordwesten in Richtung Südosten. Es bildete sich
diagonal über Deutschland eine Gewitterzone aus, die verbreitet 5 bis 10 mm
Niederschlag sowie Sturmböen mit sich brachte. So gab es beispielsweise in
Genthin in Sachsen-Anhalt 18,6 mm Regen in nur einer Stunde und in Potsdam Böen
von bis zu 79 km/h. In den restlichen Gebieten, die vom Hoch TINA beeinflusst
wurden, gestaltete sich das Wetter deutlich ruhiger mit Temperaturen von 20 bis
25°C und viel Sonnenschein.
Am 13. Mai verlagerte sich das Hoch TINA unter weiterer Abschwächung in
Richtung Südosten. Das Zentrum befand sich um 01 Uhr MEZ über Mazedonien und
Bulgarien mit einem Kerndruck von 1024 hPa. Es bildete sich eine
Hochdruckbrücke aus, die von Mazedonien bis in den Südosten Spaniens reichte.
In diesen Gebieten gab es erneut 10 bis 13 Sonnenstunden und Temperaturen
zwischen 23°C in Bulgarien und bis 29°C in Griechenland und Italien. Im
Zusammenspiel von Hoch TINA und Hoch ULRIKE konnten in Sevilla im Süden
Spaniens sogar Werte von 41°C erreicht werden.
Bis zum 14. Mai verschob sich die Hochdruckbrücke weiter nach Südosten.
Dabei konnten in der Bodendruckkarte von 01 Uhr MEZ drei Hochdruckzentren
festgestellt werden. Eines über Tunesien, das Zweite über der Nordwesttürkei
und das Dritte im Nordosten der Türkei. Das Zentrum über Tunesien wies dabei
noch einen Druck von 1023 hPa auf, die Zentren über der Türkei schwächten sich
weiter ab und erreichten Druckwerte um 1018 hPa. Wieder konnten in diesen
Regionen 10 bis 14 Sonnenstunden gemessen werden. Dabei gab es aber ein
deutliches Temperaturgefälle. In der Osttürkei gab es Höchstwerte um 20°C, in
der Westtürkei von 27 bis 29°C. In Tunesien konnte die Temperatur hingegen mit
südlichen Winden auf bis zu 38°C ansteigen, wie in Tunis mit 37,6°C.
Der 14. Mai war der letzte Tag, an dem das Hoch TINA namentlich auf der
Berliner Wetterkarte vermerkt wurde. Am 15. Mai fanden sich zwei noch schwache
Hochdruckzentren östlich des Schwarzen Meeres sowie über Ägypten. Diese
verlagerten sich in Folge nach Osten bzw. nach Süden und verlagerten sich somit
bis außerhalb des Darstellungsbereichs der Berliner Wetterkarte.
Geschrieben am 28.07.2015 von Dennis Schneider
Berliner Wetterkarte: 11.05.2015
Pate: Bettina Malorny