Lebensgeschichte

 

Hochdruckgebiet ULRICH

(getauft am 08.06.2016)

 

Im Tagesverlauf des 7. Juni bildete sich in der mittleren Troposphäre in einer Höhe von etwa 5,5 km zunehmend ein Höhenkeil, also ein Vorstoß subtropischer Warmluft in der Höhe nach Norden, mit einer Achse von Südgrönland über Island, Irland, bis über Spanien hinweg reichend, aus. Da Hochdruckgebiete am Boden auf der Vorderseite von Keilen entstehen und verstärkt werden, schob sich ein Gebiet höheren Luftdrucks am Boden von der Südostspitze Grönlands kommend auf die Vorderseite des Höhenkeils. Verstärkt durch das Höhenhoch bildete sich dieses Gebiet bis zum Nachttermin des 8. Juni zu einem abgeschlossenen Bodenhoch aus. Somit war ersichtlich, dass diese Antizyklone, welche sich mit der Höhenströmung Richtung Europa verlagern wird, das weitere Wettergeschehen in Teilen Europas beeinflussen wird. Daher wurde sie in der Nacht auf den 8. Juni von der Berliner Wetterkarte in der Analyse auf den Namen ULRICH getauft. Das Hoch ULRICH besaß zu Beginn des Tauftages um 00 Uhr UTC, was um 01 Uhr MEZ entspricht, eine Ausdehnung von etwa 750 km in Nord-Süd- sowie in West-Ost-Ausrichtung. Das Hochdruckzentrum konnte mit etwas über 1030 hPa etwa 200 km östlich von Island am Rand des Europäischen Nordmeeres lokalisiert werden. Vom Westen über den Süden bis zum Osten grenzen anliegende Tiefausläufer, wie z.B. der zu diesem Zeitpunkt dreikernige Tiefdruckkomplex GISELA über Nord- und Südskandinavien sowie Norddeutschland. Im Laufe des Tauftages dehnte sich die Antizyklone ULRICH nach Osten Richtung Südskandinavien und nach Süden in Richtung Großbritannien aus. So wurden an diesem Tag bis zu 11 Sonnenstunden in Glasgow, 13 Sonnenstunden auf der Isle of Man und sogar 15 Stunden Sonne in Cork, ganz im Süden von Irland, registriert. Durch die Drehung im Uhrzeigersinn gelangte durch das Hoch ULRICH kühle maritime Arktikluft bis nach Schottland. Dahingegen wurden große Teile im Süden Englands und Irlands noch von erwärmter Festlandsluft beeinflusst. Diese unterschiedlich temperierten Luftmassen spiegelten sich auch in den Höchsttemperaturen wider: am Londoner Flughafen Heathrow wurde mit 25,9°C noch ein Sommertag erreicht, während die Temperaturen im Norden Schottlands durch den arktischen Luftmasseneinfluss von Hoch ULRICH mit maximal 16 bis 19°C deutlich kühler ausfielen.

Bis zum Folgetag verlagerte sich das Hochdruckzentrum mit etwas abgeschwächtem Druck von ca. 1025 hPa bis zu den Färöer Inseln. Durch die Bildung von Tief HELMA am frühen Morgen des 9. Juni über dem Nordmeer wurde die Hochdruckzelle ULRICH im Laufe des Tages nach Norden begrenzt. So gab es durch die Kaltfront vom Tiefdrucksystem HELMA auf den Färöer Inseln so gut wie gar keine Sonne. Dahingegen gelangte ganz Großbritannien unter Hochdruckeinfluss, was sich durch 6 bis 10 Sonnenstunden erkennen ließ. Auf der schottischen Insel Lewis and Harris wurden in der Stadt Stornoway sogar 12 Stunden Sonne registriert. Einen deutlichen Unterschied bei den Sonnenanteilen sah man auf Irland. Durch den herannahenden Tiefdruckeinfluss mit zunehmender Wolkenverdichtung vom ostatlantischen Ozean konnte im Westen der Insel maximal 1 Stunde Sonnenschein verzeichnet werden, während im nördlichen Magiligan noch 9 Sonnenstunden und in Belfast immerhin noch 4 Sonnenstunden gemessen wurden. Durch den zunehmenden Einfluss der südlichen wärmeren Luftmassen gelangte nun maritim erwärmte Subpolarluft bis nach Schottland und sorgte für 3 bis 4 Grad höhere Temperaturwerte als zum Vortag.

Bis zum Nachttermin des 10. Juni zog die inzwischen abgeschwächte Hochdruckzelle ULRICH mit einem auf ca. 1018 hPa gesunkenen Luftdruck und dem Zentrum über dem Ärmelkanal bis zum Alpenraum. Besonders in Deutschland sorgte das Hoch für einen Wetterumschwung. Das in den letzten Tagen von Dauerniederschlägen beeinflusste Südbayern konnte in der vorherigen Nacht die letzten 12-stündigen Niederschlagssummen von nochmals bis zu 24 mm Regen auf dem Hohenpeißenberg verzeichnen. Ab dem Morgen des 10. Juni klarte es zunehmend auf. Die Radarbeobachtungen zeigten an diesem Tag erstmals seit zwei Wochen keine Niederschlagsechos über Süddeutschland mehr und bis zum Mittag konnte dort länger anhaltender Sonnenschein registriert werden. Der Anteil der Sonnenstunden stieg vor allem in Südostbayern rapide an. Während man am 9. Juni in München nur 3 Sonnenstunden und in Rosenheim gar keine Sonne verzeichnete, konnte man sich am Folgetag schon über 13 Sonnenstunden im Münchener Raum erfreuen. Zudem wurde erneut ein Temperaturanstieg von drei bis vier Grad beobachtet. Mit Ausnahme der Küstenregionen und den höheren Lagen stieg die Temperatur überall über die 20°C-Marke. Am wärmsten wurde es im Südwesten Deutschlands in Waldshut-Tiengen mit 26,7°C. Auch in Wolfach, Ihringen und Riegel wurde mit 25,0°C, 25,3°C und 26,5°C ein Sommertag erreicht, wofür die Maximaltemperatur mindestens 25°C betragen muss.

Im Tagesverlauf nahm sowohl die West-Ost-Ausdehnung als auch die Nord-Süd-Ausdehnung zunehmend ab, da besonders die Tiefdrucktätigkeit über dem Nordatlantik mehr und mehr ostwärts übergriff, so dass das Hochdruckgebiet ULRICH von Tief HELMA im Norden und bisher unbenannten Tiefdruckgebieten im Westen und Osten eingekeilt wurde. Ein solches Hoch wird auch als Zwischenhoch bezeichnet. Ein solches Hoch kennzeichnet ein ortsfestes Gebiet relativ hohen Luftdruckes, welches in einer Kette aufeinanderfolgender Tiefdruckgebiete eingebettet ist. Ein Zwischenhoch sorgt in einer Phase mit wechselhaftem Wetter, verursacht durch die umgebenden Tiefdruckgebiete, für eine Wetterberuhigung in Form von Aufheiterungen, die allerdings nur von kurzer Dauer sind, oftmals nicht länger als 24 Stunden, da meist eines dieser Tiefdruckgebiete rasch heranzieht. Dabei kann schon während des Zwischenhocheinflusses der Wolkenaufzug beginnen. Im Verlauf des 10. Juni wurde die eh schon abgeschwächte Antizyklone ULRICH mehr und mehr durch Luftmassen tieferen Druckes verdrängt, um sich dann schließlich am Tagesende aufzulösen. Daher konnte das kurzlebige Hoch ULRICH das letzte Mal am 10. Juni in dem Darstellungsbereich der Berliner Wetterkarte verzeichnet werden.

 


Geschrieben am 02.08.2016 von Lisa-Marie Schulze

Berliner Wetterkarte: 09.06.2016

Pate: Dr. Ulrich Hamann (www.hamann-ulrich.de)