Lebensgeschichte
Hochdruckgebiet URSEL
(getauft am 16.05.2017)
Die Vergabe von
Namen an Hoch- und Tiefdruckgebiete wird von den Meteorologen der Berliner
Wetterkarte nur für solche Druckgebilde durchgeführt, die einen Einfluss auf
die Großwetterlage über Europa haben. Da in den gemäßigten Breiten überwiegend
Westwinde vorherrschen, werden häufig über dem Atlantik entstehende Hochs und
Tiefs getauft, welche anschließend über den europäischen Raum hinweg ziehen.
Das Hoch URSEL dagegen entwickelte sich aus einem bereits bestehenden
Hochdrucksystem über der Barentssee nördlich von Skandinavien, welches sich bis
zum Morgen des 16. Mai 2017 weiter nach Süden über Europa ausweitete und daher
als Analysetaufe den Namen URSEL bekam.
Um 02 Uhr MESZ erstreckte
sich das Einflussgebiet des Hochs URSEL mit einem Zentrumsdruck von etwa 1033
hPa über Schweden, Finnland und Nordwestrussland. Damit besaß es eine
West-Ost-Ausdehnung von fast 2000 km und knapp 700 km in Nord-Süd-Richtung.
Unterstützt wurde diese Entwicklung von einem sogenannten Hochdruckkeil mit nach Norden
transportierter wärmerer Luft in der mittleren Troposphäre, also in etwa 5 bis 6
km Höhe. Diese Gebilde entstehen als Teil der planetaren Wellen in der
Atmosphäre und sorgen für die Ausbildung und Verstärkung von Hochdruckgebieten.
Die Achse des Keils reichte zum Nachttermin von Frankreich, über Dänemark, bis
Skandinavien. Am Boden unterhalb dieser Achse verstärkte sich dabei eine
Hochdruckbrücke über Europa, dessen nördlicher Teil das Hoch URSEL bildete. In
dessen südlichem Bereich über Südschweden und der Ostsee wurde die Kaltfront
eines angrenzenden Tiefdruckgebietes analysiert. Diese sorgte an diesem Tag
verbreitet für dichte Bewölkung und Niederschläge mit beispielsweise
zwölfstündig aufsummierten 0,6 l/m² an den Wetterstationen in Karlsborg und St. Petersburg bis 08 Uhr MESZ. Abseits
dieser Front, also im nördlichen Bereich der Antizyklone URSEL sorgte der
Hochdruckeinfluss für großräumiges Absinken der Luft und damit für Wolkenauflösung.
Im estnischen Vilsandi schien 15,6 Stunden lang die
Sonne. Im nördlicheren Murmansk und nach Durchzug der Front auch in St.
Petersburg konnten dabei 11,2 Stunden Sonnenschein registriert werden. Maximal
möglich waren zu dieser Jahreszeit je nach Ort etwa 15 bis 16 Stunden.
Mit Bewegung des
Höhenkeils nach Osten verlagerte sich Hoch URSEL bis 02 Uhr MESZ des 17. Mai
nach Südosten bis über das Baltikum und Weißrussland, wobei die Ausdehnung des
Kerngebiets etwas geringer wurde. In Nord-Süd-Richtung erstreckte sich Hoch URSEL
über ungefähr 1400 km, in West-Ost-Richtung über 600 km. Der zentrumsnahe Druck
blieb dabei jedoch konstant hoch mit etwas über 1030 hPa. Im Tagesverlauf zeigte
sich eine Abschwächung, die sich bspw. auf den Zentrumsdruck auswirkte. Am Rand
der Hochdruckzone sorgten diverse Fronten von kleineren Tiefs für Wolkenfelder.
In Vilsandi konnte daher trotz Hochdruckeinfluss
keine Sonne gemessen werden und auch im russischen Kursk wurden nur 3,8 Stunden
registriert. Lediglich im Zentrum der Hochdruckzone setzte sich die Sonne
ganztägig durch. In Minsk wurden insgesamt 13,8 Stunden, in Warschau 14 Stunden
und in St. Petersburg 10,8 Stunden Sonne registriert. Durch die erhöhte
Sonneneinstrahlung und mildere Luft im Einflussbereich von Hoch URSEL waren die
Temperaturunterschiede teilweise recht groß. In Minsk stiegen die Temperaturen
auf einen Höchstwert von 17,6°C, während in Moskau nicht über 9,8°C verzeichnet
wurden. In der Nacht waren die Unterschiede dagegen mit Tiefsttemperaturen von
6,6°C und 6,4°C deutlich geringer. Grund dafür war unter anderem die stärkere
Ausstrahlung unter dem wolkenlosen Himmel. Durch den für Hochdruckgebiete
typischen schwachen Wind von überwiegend unter 20 km/h und nachts unter 10
km/h, fand außerdem kaum Durchmischung der unteren Luftschichten statt, was den
Ausstrahlungseffekt noch verstärkte.
Zum Nachttermin des
18. Mai wurde das Hoch URSEL mit ungefähr 1020 hPa über Westrussland und
Nordosteuropa mit Polen und der Ukraine analysiert. Im Zuge dieser Abschwächung
setzten sich auch die Frontensysteme der angrenzenden Tiefdruckgebiete
innerhalb der Zone hohen Luftdrucks URSEL mehr und mehr durch. Besonders ein
kleinräumiger Wirbel über der nördlichen Ukraine war im Satellitenbild anhand
der eingedrehten Wolkenbänder deutlich zu erkennen und sorgte beispielsweise in
Charkow für 4 l/m² zwischen 08 und 20 Uhr MESZ. Selbst in Minsk konnte noch
eine nicht messbare Menge Niederschlag registriert werden. Von 0,6 Stunden in
St. Petersburg, über 6,6 Stunden in Kharkiv, 9,6
Stunden in Minsk bis 14,7 Stunden in Warschau war an diesem Tag die Spanne für
möglichen Sonnenschein im Bereich der Antizyklone URSEL komplett abgedeckt.
Im Laufe des 19.
und 20. Mai schwächte sich Hoch URSEL weiter auf ungefähr 1015 hPa ab. Die
Tiefdruckgebiete gewannen immer mehr an Einfluss und nur noch ein geringer
Bereich über Weißrussland und dem Raum Moskau mit kaum noch 500 km Ausdehnung
wurde vom hohen Luftdruck dominiert. Da um dieses Kerngebiet eine recht
weiträumige Zone mit schwachem Luftdruckgradienten herrschte, war die Witterung
über Nordosteuropa und Westrussland mit Ausnahme einzelner Fronten jedoch
weiterhin recht ruhig. An der Station in Minsk zum Beispiel wurden am 19. Mai
15,1 Stunden und am Folgetag 12,5 Stunden Sonne gemessen.
Bis zum 21. Mai
schwächte sich das Hoch URSEL soweit ab, dass es nicht weiter auf der Berliner
Wetterkarte analysiert werden konnte.
Geschrieben
am 07.08.2017 von Jannick Fischer
Berliner
Wetterkarte: 17.05.2017
Pate:
Ursel Schuh