Lebensgeschichte

 

Hochdruckgebiet UWE

(getauft am 25.11.2016)

 

Hoch- und Tiefdruckgebiete entwickeln sich zum einen durch dynamische Prozesse in der Atmosphäre, aber auch aufgrund von Temperaturunterschieden, da die Temperatur in direktem Zusammenhang mit der Dichte steht. Kalte Luft ist dabei dichter, wodurch mehr Masse in der Luftsäule vorhanden ist, was den Druck am Boden erhöht. Ein solches sogenanntes „Kältehoch“ hatte sich in den Vortagen des 25. November über der kalten Eisfläche Grönlands entwickelt. Nach den Prognosen der Wettermodelle sollte sich dieses Hochdruckgebiet an Folgetagen weiter nach Süden verlagern und damit in den Bereich Europas sowie der Berliner Wetterkarte eindringen. Aus diesem Grund wurde es in der Prognose für den folgenden Tag auf den Namen UWE getauft.

Zum Nachttermin des 26. Novembers 2016 um 01 Uhr MEZ lag das Hochdruckzentrum über der Nordwestküste Grönlands. Die Ausdehnung des Gebietes hohen Luftdrucks betrug zu diesem Termin etwa 400 km in West-Ost-Richtung und ungefähr dreimal so viel von Norden nach Süden und der höchste Druck lag etwa bei 1030 hPa. Zum Vergleich: der Standard-Bodendruck der Erde ist bei 1013,25 hPa definiert. Im Tagesverlauf weitete sich das Hoch UWE rasch weiter nach Süden aus, wodurch zunächst eine Hochdruckbrücke von Nordwestgrönland zu einem weiteren Hochdruckzentrum über Großbritannien entstand. Diagonal durch diese Hochdruckbrücke verlief eine Front zwischen zwei Tiefdrucksystemen über dem zentralen Nordatlantik und Skandinavien. Diese Front über dem Nord- und Ostseeraum verhielt sich teils als Warm- und teils als Kaltfront und sorgte für großräumige frontale Bewölkung mit leichten Niederschlägen. In Norddeutschland wurden niedrige Mengen Regen mit beispielsweise 0,2 l/m² in Cuxhaven und Flensburg zwischen 7 und 19 Uhr MEZ registriert. Auch in Großbritannien fielen ähnliche Mengen wie in Carlisle mit 0,2 l/m² oder 0,4 l/m² am Flughafen von Belfast.

Bis zum Nachttermin des 27. Novembers hatte sich das Hoch UWE nach Süden bis Island ausgebreitet und umfasste damit ein Gebiet über dem Nordmeer von der Insel Jan Mayen im Norden, Island im Westen und der Westküste Norwegens im Osten. Der Luftdruck lag bei etwa 1028 hPa. Das Zentrum des Hochs UWE stabilisierte sich an diesem Tag über dem Nordseeraum, wobei die Front des Vortages nach Süden abzog. Zwischen dem kräftigen Tief bei Finnland und dem Hoch UWE setzte sich außerdem eine recht kräftige nördliche Strömung durch, die polare bis arktische Luftmassen vom Nordmeer nach Mitteleuropa brachte. Als Höchstwert der Temperatur wurden beispielsweise an der meteorologischen Station in Kopenhagen nur noch 5,7°C gemessen. Am Tag zuvor lag das Maximum im dänischen Raum verbreitet noch im zweistelligen Bereich, in Kopenhagen bei 9,5°C. In Deutschland dagegen stieg das Maximum sogar von Werten um 0 auf 7°C, wie in Berlin-Dahlem. Grund war der starke Nebel am Vortag, der sich unter dem leichten Hochdruckeinfluss den ganzen Tag gehalten hatte. Dadurch fand keine Durchmischung mit höheren Luftschichten statt und die kalten Nachttemperaturen blieben am Boden den ganzen Tag über erhalten. Mit Auffrischung des Nordwindes, konnte sich der Nebel nun rasch auflösen und bessere Durchmischung stattfinden.

Um 1 Uhr MEZ des 28. Novembers lag die Antizyklone UWE mit einer Ausdehnung von ungefähr 1000 km zwischen Nordsee und europäischem Nordmeer. Der Luftdruck im Zentrum hatte sich auf etwa 1032 hPa verstärkt und das Hoch UWE zog unter weiterer Verstärkung nach Südosten. In der mittleren Troposphäre, also in etwa 5,5 km über dem Boden, ging die Bildung von Hoch UWE mit der Entwicklung eines Höhenhochs einher. Dieser sogenannte „Keil“ hatte sich über Großbritannien aufgebaut und sorgte dort, leicht westlich des Bodenhochs, für gute Bedingungen für die weitere Entwicklung des Hochs UWE. Da keine Fronten den Bezugsraum beeinflussten und sich der Nebel in der mäßigen Strömung größtenteils aufgelöst hatte, sorgte der Hochdruckeinfluss für heiteres Wetter. So wurde vielerorts die zu dieser Jahreszeit maximal zu erwartende Sonnenscheindauer von etwa 8 Stunden erreicht, wie in Paris und Frankfurt am Main. Auch in Berlin und London wurden 5 bis 6 Stunden Sonne registriert.

Am frühen Morgen des 29. November lag das Hochdruckgebiet UWE mit ungefähr 1035 hPa Zentrumsdruck über Deutschland und beeinflusste mit einem Durchmesser von über 1000 km fast ganz Mitteleuropa. Einzig im Ostseeraum und Polen sorgten die Fronten eines Tiefdrucksystems über dem Europäischen Nordmeer für großräumige Bewölkung. Auf Rügen erzeugte die Front 0,5 l/m² Niederschlag in zwölf Stunden bis 19 Uhr MEZ. Auf der polnischen Halbinsel Hel waren es sogar 2 l/m² im selben Zeitraum. Ansonsten zeigten sich nur dünne Wolkenfelder und von Berlin bis Budapest, Vichy und Liverpool wurden meist 7 bis 8 Stunden Sonnenscheindauer erreicht. Da jedoch auch nachts keine Wolken vorhanden waren, konnte die Wärme vom Boden in der recht trockenen arktischen Luft ungehindert in die Atmosphäre abgegeben werden. Die Temperaturen sanken dadurch besonders in Deutschland auf starke Frostwerte von bis zu -11,9°C in Faßberg bei Soltau und -10,0°C in Nürnberg.

Im weiteren Verlauf trennte sich das Hochdrucksystem in zwei Zentren auf, sodass um 1 Uhr MEZ des 30. Novembers das Zentrum UWE I über den Alpen und das Hoch UWE II über dem südlichen Großbritannien analysiert wurde. Beide Zentren hatten dabei einen Kerndruck von ungefähr 1035 hPa. Da weitere Fronten aus Nordeuropa auf Deutschland übergriffen, konnte sich der Hochdruckeinfluss hier nicht durchsetzen. Bei Temperaturen von etwa 3°C fiel leichter Regen. Von Hamburg mit 2,2 l/m², Berlin-Dahlem mit 2,0 l/m² bis Dresden mit 1,8 l/m² zwischen 7 und 19 Uhr, prägten in Nord- und Ostdeutschland die Niederschlagsgebiete das Wettergeschehen. Erst in Richtung Südwesten konnte sich die Sonne durchsetzen. In Eisenach wurden bereits fast 4 Stunden Sonnenscheindauer gemessen und in Frankfurt am Main 7 Stunden. In dem Streifen vom Alpenraum über Frankreich bis Südengland setzten sich die Hochdruckzentren UWE I & II besonders durch und sorgten für maximale Sonne von 7 bis 8 Stunden.

In den darauffolgenden zwei Tagen, also zum Beginn des meteorologischen Winters 2016, verdrängten kräftige Tiefausläufer die Hochdruckzone UWE weiter nach Westen. Dabei schwächte sich auch der Zentrumsdruck auf 1030 hPa ab. Das südliche Zentrum Hoch UWE II wurde am Morgen des 2. Dezembers sogar mit unter 1030 hPa über Frankreich analysiert. Mit dem etwas schwächeren Druck waren die Bedingungen für Nebel günstiger. Dieser bildet sich häufig bei schwachen Hochdrucklagen in feuchter Luft, wenn die Ausstrahlung eine rasche Abkühlung der Luft zur Folge hat. In einigen Regionen in Zentralfrankreich, wie um Lyon, hielt sich der Nebel sogar den ganzen 1. Dezember, wodurch in St. Etienne überhaupt nicht die Sonne schien, wobei im rund 100 km entfernten Mende über 8 Stunden gemessen wurden.

Am 2. Dezember bildete sich in der feuchten Luft, die von der Nordsee nach Südosten in den Raum der Hochdruckzone UWE transportiert wurde großräumig Hochnebel. Dieser verhinderte in Paris und London jeglichen Sonnenschein. In den Küstenregionen, wie um den Ärmelkanal, wo besonders viel Feuchtigkeit vorhanden war, produzierten die tiefen Stratus-Wolken auch den ein oder anderen leichten Niederschlag. In 24 Stunden ab 7 Uhr MEZ des 2. Dezembers verzeichneten beispielsweise Dünkirchen in Nordfrankreich 0,4 l/m² und der Flughafen London Heathrow 0,2 l/m².

Vom 3. über den 4. Dezember verlagerte sich Antizyklone UWE mit seinen beiden Zentren wieder nach Nordosten über Großbritannien, Deutschland und Tschechien. Der Zentrumsdruck blieb mit nur leicht unter 1030 hPa im Zentrum von Hoch UWE I und etwas über 1030 hPa im Zentrum von Hoch UWE II über Tschechien noch recht schwach. Des Weiteren verlief an diesen beiden Tagen eine Front mitten durch die Hochdruckzone UWE, welche recht kühle, polare Luft über Ostdeutschland von milderer Luft Richtung England trennte. Als maximale Temperatur wurden zum Beispiel in Berlin-Dahlem am 4. Dezember nur 0,4°C gemessen. In London waren es dagegen 7,8°C. Da die Front sich jedoch bereits in Auflösung befand, kam es kaum zu nennenswerten Niederschlägen und abseits der dazugehörigen Wolkenbänder schien weiterhin die Sonne. Duisburg beispielsweise verzeichnete an den beiden Tagen zusammen fast 15 Stunden Sonnenschein.

Da sich der Hochdruckkeil in der mittleren Troposphäre nun etwas nach Osten verlagert hatte, verstärkte sich bis zum 5. Dezember das östliche Zentrum auf 1035 hPa und zog zwischenzeitig nach Osten in Richtung Rumänien. In den beiden Folgetagen etablierte sich das Hoch UWE jedoch wieder über Deutschland, Polen und Tschechien mit einer Ausdehnung von knapp 600 km. Weiterhin streiften besonders über dem Nord- und Ostseeraum weitere Tiefdruckgebiete mit ihren Fronten dieses Gebiet und da die Hochdruckzone so schmal war, reichte der Hochdruckeinfluss nur stellenweise für heiteres Wetter.

Am Abend des 6. Dezembers zogen die Niederschlagsgebiete einer Front sogar über den Nordostteil Deutschlands und sorgten sechsstündig für 2 Liter Regen in Schollene bei Stendal und 0,1 l/m² in Cottbus bis 01 Uhr MEZ des Folgetages. Da die Temperaturen nur knapp über dem Gefrierpunkt lagen, fiel der Regen teilweise auch gefrierend und später in Südpolen und Tschechien auch als Schnee.

Mit über 1040 hPa lag Hoch UWE am Morgen des 8. Dezembers über Rumänien. Weiterhin sorgten jedoch Tiefdruckausläufer aus Nordeuropa für Wolkenfelder und so kamen beispielsweise in Belgrad und Sofia nur 5 Stunden Sonnenscheindauer zusammen.

Über den 9. und 10. Dezember verlagerte sich Hochdruckgebiet UWE noch einmal nach Westen über den Alpenraum und Italien. Dabei schwächte sich allerdings der Zentrumsdruck über 1035 hPa und 1030 hPa ab und auch die Ausdehnung wurde immer geringer. Dennoch sorgte der Hochdruckeinfluss örtlich noch einmal für Wolkenauflösung und 7 bis 8 Stunden Sonnenscheindauer, wie in Zürich, München, Lyon und Rom. Nur wo sich die dichten Nebel- oder Hochnebelfelder aus der Nacht länger hielten, konnte sich die Sonne nicht zeigen. In Bologna beispielsweise, mitten im Hochdruckzentrum, kam es nicht zu Auflockerungen.

Unter weiterer Abschwächung auf unter 1030 hPa zog das Hochdruckgebiet UWE schließlich bis zum 12. Dezember nach Spanien. Dort war es kaum noch wetterwirksam und ging in eine neu gebildete Hochdruckzone über. Nach über 2 Wochen Lebensdauer verschwand Hoch UWE damit letztlich von der Berliner Wetterkarte.

 


Geschrieben am 09.01.2017 von Jannick Fischer

Berliner Wetterkarte: 29.11.2016

Pate: Thomas Weiß