Lebensgeschichte
Hochdruckgebiet
VANESSA
(getauft
am 24.12.2019)
In der Vorweihnachtszeit des Jahres
2019 wurde das Wetter über West- und Mitteleuropa durch rege Tiefdrucktätigkeit
geprägt. Ursache war eine zonal in Richtung Westeuropa gerichtete Höhenströmung,
auf der atlantische Tiefs wie auf einer Autobahn ostwärts zogen. Dies führte
beispielsweise über Deutschland zu einem eher wechselhaften, wolkenreichen
Wettercharakter, mit zeitweiligen Niederschlägen, tagsüber milden Temperaturen
von 5 bis 10°C und seltenen Nachtfrösten. Mit dem Vorstoß eines Hochdruckkeils
aus Richtung Nordwestafrika bzw. dem Kanarischen Becken sollte sich die
Wetterlage an den letzten Dezembertagen jedoch umstellen und Hochdruckeinfluss
die Oberhand gewinnen.
Am 24. Dezember etwa prognostizierten
die Wettermodelle, dass sich hoher Luftdruck von der Iberischer Halbinsel
nordwärts ausdehnen und tags darauf in der Entwicklung einer abgeschlossenen
Hochdruckzelle über Frankreich münden sollte. Und so wurde das in Entstehung begriffene
Hoch an Heiligabend auf den Namen VANESSA getauft.
Steigender Luftdruck über Frankreich
und den Britischen Inseln waren am 25. Dezember erste Anzeichen der Existenz
des Hochs, auflockernde Bewölkung und abziehende Niederschläge, die mit dem
Frontensystem CEDRIC einhergingen, weitere Hinweise. So gestaltete sich das
Wetter über Westeuropa an jenem Tag vielfach freundlich, etwa in London mit 5 Sonnenstunden
und Temperaturen bis 9°C, ähnlich in Paris bei bis zu 11°C. Im südfranzösischen
Marseille erwärmte sich die Luft bei 8 Sonnenstunden sogar bis auf 16°C. In den
Wetterkarten tauchte Hoch VANESSA erstmals zum Mittagstermin als abgeschlossene
Antizyklone mit Zentrum zwischen der Normandie und Zentralfrankreich auf, wo
der Luftdruck bei etwas über 1025 hPa lag.
In der sich anschließenden Nacht
verlagerte sich die Hochdruckzelle unter leichter Kräftigung weiter ostwärts
Richtung Süddeutschland. Hierdurch kam es auch über Deutschland und der Schweiz
zu abklingenden Niederschlägen und größeren Wolkenauflockerungen. Größtenteils
wolkenarm, teils sternenklar blieb es auch über weiten Teilen Frankreichs,
sowie in Norditalien. Da zuvor aus dem Norden Meereskaltluft eingeflossen war,
sanken die Temperaturen gerade zwischen Ostfrankreich, Belgien, Südwestdeutschland
und der Schweiz bis in den leichten Frostbereich. Beispielsweise in Nancy und
Stuttgart auf -1°C, in Mailand bis auf -2°C und in Bern auf -4°C. Sonst lagen
die Tiefstwerte im Einfluss der Antizyklone vielfach bei 1 bis 5°C, direkt an
der französischen Atlantik- und Mittelmeerküste auch bei bis zu 10°C.
Unterdessen erreichte die Antizyklone
in den Frühstunden des 26. Dezember den höchsten Druck in ihrer Entwicklung. Um
06 UTC, was 07 Uhr Mitteleuropäischer Winterzeit entspricht, wurde in Kempten
im Allgäu ein Luftdruck von 1029 hPa gemessen. Die Ausdehnung reichte zu diesem
Zeitpunkt von den Benelux-Staaten bis nach Norditalien, sowie von Ostfrankreich
bis nach Ungarn und Kroatien. Tagsüber verlagerte das Hochdruckgebiet VANESSA seinen
Schwerpunkt dann langsam zum Westbalkan, sprich über Österreich nach Kroatien,
Bosnien und Serbien. Gleichzeitig erfassten Tiefausläufer von Westen her
bereits Frankreich, Benelux und Deutschland, nachdem sie nachts zuvor schon die
Britischen Inseln erreicht hatten. So verwundert es kaum, dass es trotz hohen
Luftdrucks nicht überall freundlich und trocken blieb. Längere Zeit
Sonnenschein gab es beispielsweise zwischen Provence, der Côte d'Azur, Piermont und Lombardei bis zur Poebene, aber auch zwischen
Süddeutschland, Österreich, Ungarn, Slowenien und Kroatien. Bei 5 bis 6
Sonnenstunden meldete etwa Innsbruck Temperaturen bis 5°C, in München waren es
6°C, in Bozen wie auch in Ljubljana 9°C und in Mostar 12°C.
Doch in der Nacht zum 27. Dezember
schwand der Einfluss der Antizyklone VANESSA auch über West- und Mitteleuropa,
als atlantische Tiefausläufer und feuchtere Meeresluft langsam über die Alpen bis
nach Italien und zur Adria vordrangen. Längere Zeit klar bzw. nur leicht
bewölkt blieb es vor Allem noch von den Ostalpen bis zu den nördlichen Dinariden. Hier sanken die Temperaturen in der
kontinentalen Festlandsluft leicht unter den Gefrierpunkt, beispielsweise in
Belgrad auf knapp unter 0°C, in Banja Luka auf -1°C, in Ljubljana auf -2°C und
in Graz auf -3°C. Bemerkenswerterweise lag über dem gesamten Balkan zu diesem
Zeitpunkt kein Schnee, sonst hätten die Tiefstwerte vermutlich 5 bis 10 Kelvin
niedriger gelegen.
In den Frühstunden des 27. Dezembers
wurde Hoch VANESSA letztmalig als längliche Hochdruckzelle auf Bodendruckkarten
verzeichnet. Sie dehnte sich etwa von den Deutschen Mittelgebirgen über die Ostalpen
bis zum Westbalkan aus. Das Zentrum mit einem Luftdruck von knapp über 1025 hPa
lag über dem Osten Kroatiens und dem Norden Serbiens.
In den folgenden Stunden verschwand
die Antizyklone schließlich von den Wetterkarten. Zum einen, weil das
kleinräumige Tiefdruckgebiet DIETMAR mit Kern von der Nordsee über die Alpen in
Richtung Norditalien zog und das Hoch abschwächte. Zum anderem, weil mit einem
Kaltluftvorstoß aus Skandinavien sich eine neue Antizyklone namens WILTRUD
Richtung Süden nach Dänemark und Deutschland ausdehnte und das Hoch quasi schluckte.
Wenn auch nicht VANESSA, so sollte
mit Hoch WILTRUD an den letzten Dezembertagen weiter Hochdruckeinfluss das
Wetter in Mitteleuropa prägen, mit etwas kühlerer Luft, aber auch zeitweiligem
Sonnenschein und ohne Niederschläge.