Lebensgeschichte

 

Hochdruckgebiet VESNA

(getauft am 19.05.2021)

 

Ein neues Hoch bildete sich zum Ende der zweiten Maidekade aus dem Vorstoß eines Azorenhochkeils, also einem Warmluftvorstoß nach Norden, in Richtung Westeuropa. Dieses, später auf den Namen VESNA getaufte Hoch, sollte bald schon positiven Einfluss auf das Wetter über Deutschland nehmen. Jenes gestaltete sich nämlich zu diesem Zeitpunkt wechselhaft kühl und zeitweise nass. Mit nordwestlichen Winden gelangte Meereskaltluft subpolaren Ursprungs nach Deutschland. Und so reichte es etwa am 18. Mai nur für Höchstwerte zwischen 14 und 16°C, wobei am Himmel tief hängende Bewölkung des Typus Cumulus und Stratocumulus dominierte und sich die Sonne mit vielfach nur 5 oder weniger Sonnenstunden schwer tat.

 

Erstmals auf den Wetterkarten analysiert wurde Hoch VESNA am Morgen des 19.05.2021, wobei sich das Zentrum einige hundert Kilometer westlich der Iberischen Halbinsel über dem Nordostatlantik befand. Hier lag der Luftdruck bei etwas mehr als 1025 hPa. Der Einfluss reichte darüber hinaus keilförmig bis nach Frankreich, Benelux und, wenn man die Krümmung der 1015-hPa-Isobare (Linie gleichen Luftdrucks) nimmt, sogar schon bis in den Westen und Süden Deutschlands. Vom Hochdruckeinfluss war jedoch erst einmal wenig zu spüren, es dominierte weiterhin hochreichende Quellbewölkung verbunden mit einzelnen Regenschauern. Beispielsweise wurde in Paris, am Flughafen Orly trotz 6 Sonnenstunden auch 5 l/m² Niederschlag in 12 Stunden verzeichnet, maximal kletterte das Thermometer hier auf 16°C. Ursache war Tiefdruckeinfluss über Skandinavien und den Britischen Inseln, welcher in der Höhe an einen Kaltlufttrog (Kaltluftvorstoß nach Süden) gekoppelt war, der weite Teile Nord- und Zentraleuropas und damit auch den zarten Hochdruckeinfluss überdeckte. Freundliches, bisweilen heiteres bis sonniges Wetter herrschte dagegen über der Iberischen Halbinsel. Hier brachte die Antizyklone VESNA 13 bis 14 Sonnenstunden und Temperaturen von meist über 20°C. Sommerlich war es über Zentralspanien mit Werten nahe oder knapp über 25°C, wie z.B. in Madrid-Retiro gemessen. Nachts beruhigte sich die Niederschlagsaktivität über weiten Teilen Westeuropas, vielleicht mit Ausnahme der Alpen und der Luftdruck stieg weiter an. Auch wenn es unter Hoch VESNA nicht überall wolkenfrei blieb, so wurde es über Spanien und Frankreich gebietsweise eine recht kühle Nacht mit Minima von unter 5°C. Im spanischen Carballo nahe A Coruña sank die Temperatur auf +4°C, im französischen Orleans bis auf +3°C. Nur an den Küsten der Biskaya, des Atlantiks und des Mittelmeers blieb es mit über 10°C milder (z.B. Brest mit 11°C und Nizza 14°C).

 

Unterdessen verlagerte sich die Antizyklone mit Schwerpunkt Richtung Biskaya und den Südwesten Frankreichs, wo der Luftdruck auf knapp über 1025 hPa stieg. Am frühen Morgen des 20. Mai um 00 UTC (was 02 Uhr MESZ entspricht) wurde in Bordeaux ein Luftdruck von exakt 1027,1 hPa gemessen. Gleichzeitig war auch der Luftdruck über Frankreich, Benelux, Teilen Deutschlands und der Schweiz im Vergleich zum Vortag um gute 5 hPa angestiegen. Die 1020-hPa-Isobare und damit sowas wie die Grenze des Hochs verlief zu diesem Zeitpunkt etwa auf einer Linie London-Amsterdam-Köln-München-Zürich-Marseille. In den folgenden Stunden zog die Antizyklone VESNA, ohne nennenswerte Verstärkung oder Abschwächung, langsam ostwärts über die Alpen, wobei die Ausläufer keilförmig bis nach Deutschland, später auch Polen reichten. Deutschland lag weiterhin im Bereich des Höhentroges und höhenkalter Luft, wodurch neben Sonnenschein teils dichte Quellwolken in den Himmel wuchsen und hier und da mal ein schwacher Regenschauer niederging. Die Höchstwerte pendelten hier, wie auch über Österreich und der Schweiz meist zwischen über 15°C und knapp unter 20°C. In Erfurt beispielsweise zeigten sich neben etwas Sonne (4 Stunden) zunehmend auch kompakte, hoch reichende Quellbewölkung, die an der Messstation des örtlichen Flughafens zwar nur ein paar Tropfen, im gut 40 Kilometer entfernten Schwarzburg jedoch 5 l/m² in 12 Stunden brachte. Die Höchsttemperatur lag hier bei 15°C. Das freundliche, sommerliche Wetter breitete sich dagegen weiter von Spanien und Südfrankreich ausgehend über die Schweiz, Österreich bis nach Norditalien und Slowenien aus. In Ljubljana schien 11 Stunden lang die Sonne, in Graz 13 Stunden und in Nizza sogar 14 Stunden. Südlich der Alpen, im Bereich mediterraner Luftmassen freute man sich etwa in Mailand über bis zu 24°C, in Le Luc bei Nizza kletterte das Thermometer sogar auf sommerliche 25°C. Lange hatte das Hochdruckwetter über Westeuropa jedoch nicht bestand, im Laufe des Tages erreichten Ausläufer eines Atlantiktiefs namens MARCO mit zeitweiligen Niederschlägen bereits den Norden Frankreichs. Nachts erfassten die leichten Niederschläge, denen dichte Cirrostratus- und Altostratusbewölkung voraus gingen, weitere Teile Frankreichs, wie auch die Benelux-Staaten und den Nordwesten Deutschlands. Auffällig war, das Hoch VESNA sich nicht länger über einem Gebiet festsetzen und weiter kräftigen konnte, und somit auch nicht etwaige Tiefausläufer abgeblockt wurden. Immerhin blieb die Nacht über Norditalien, aber auch Südfrankreich und Spanien ruhig und zeitweise auch sternenklar. Dazu wurde es nicht mehr ganz so kühl wie in der vorangegangenen Nacht mit Tiefstwerten von meist nahe an oder etwas über 10°C. Hierbei dürften zumindest gebietsweise auch die aufziehenden hohen und mittelhohen Wolkenbänder, verbunden mit einer gedämpften Ausstrahlung, verantwortlich gewesen sein. In Mailand dokumentierten die Meteorologen unter zunehmendem Hochdruckeinfluss für längere Zeit eine wolkenarme Nacht ohne Niederschläge bei nur einem sehr schwachen Wind (mittlere Geschwindigkeit unter 10 km/h, Drehung von Süd auf Ost bis Nordost) und Tiefstwerten von 11°C.

 

In den Frühstunden des 21. Mai befand sich Hoch VESNA bereits mit Zentrum im Gebiet Kroatien-Slowenien-Österreich, wobei der höchste Luftdruck mit 1024,5 hPa im steyrischen Neumarkt gemessen wurde. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Antizyklone ihre größte Ausdehnung erreicht und spannte sich vom Süden Polens über die Karpaten und Alpen bis zur Apenninen-Halbinsel und dem westlichen Mittelmeer. Auch oder gerade weil sich das Drucksystem in den folgenden Stunden mit seinem Schwerpunkt über die Balkan-Halbinsel südostwärts Richtung Griechenland und Ägäis verlagerte, sollte dieser 21. Mai über Südosteuropa, wie auch der Italienischen Halbinsel bis nach Korsika und Sardinien sommerlich warm und sonnig ausfallen, allenfalls ein paar harmlose Cirruswolken zogen hier über den blauen Himmel, bei 20 bis 25°C. In Rom etwa zogen einzelne Cirruswolken der Gattung fibratus, spisatus in 6000 bis 9000 m Höhe vorüber und bei einem Bedeckungsgrad von 2 bis 4 Achtel konnte die Sonne 13 Stunden lang scheinen, bei Maximaltemperaturen von 23°C. Dagegen schwand der wetterberuhigende Hochdruckeinfluss in Mitteleuropa nun rapide. Auch über dem östlichen und südöstlichen Mitteleuropa setzte Luftdruckfall ein und Ausläufer von Britannientief MARCO griffen über. Bis zum Tagesende erfassten schauerartige Regenfälle etwa eine Linie Warschau-Wien-Mailand-Marseille-Valencia. Von der Schlechtwetterfront bekam man indes in der sich anschließenden Nacht rund um die Adria und der Ägäis reichlich wenig mit. Unter hohem Luftdruck blieb es dort wolkenarm, schwachwindig und zumeist mild. So lagen die Tiefstwerte beispielsweise im kroatischen Split bei lauen 16°C, im italienischen Ancona bei 17°C, nicht kühler als 15°C wurde es in Palermo und Athen. Abseits des wärmenden Mittelmeers kühlte die Luft meist auf 10 bis 15°C ab (Belgrad 14°C, Neapel 12°C), stellenweise auch etwas darunter (Skopje 7°C).

 

Hoch VESNA, welches zum Tagesende mit Schwerpunkt bereits im Gebiet Bulgarien-Mazedonien-Albanien verortet wurde, zog am folgenden 22. Mai langsam weiter südostwärts in Richtung Türkei. Satellitenbilder jenes Tages zeigen große, wolkenfreie Bereiche rund um die Ägäis bis zum Schwarzen Meer. Messungen der Sonnenscheindauer belegen dies, wobei z.B. in Belgrad 9 Sonnenstunden, in Sofia 10 Stunden, in Athen 13 Stunden und in Izmir sogar 14 Stunden registriert wurden. Im Einfluss des Hochs kam es zu einem merklichen Temperaturanstieg über der Balkaninsel von gut 4 bis 5 Kelvin im Vergleich zum Vortag. So erreichten die Höchstwerte über Mazedonien, aber auch Serbien bis zu 27°C (z.B. in Belgrad), über Griechenland und Albanien punktuell auch 28 bis 29°C (Athen 28°C). In ähnlichen Dimensionen befanden sich die Temperaturen auch über Süditalien, wobei es in Bari knapp 30°C warm wurde. Ursache war die Advektion von warmer bis heißer Subtropikluft, teils nordafrikanischen Ursprungs, die am Rande des Hochs über das Mittelmeer nordostwärts gelenkt wurde. Radiosondenmessungen am Galatina Observatorium bei Lecce zeigen für den Höhenbereich um 1500 m diesen kräftigen Temperaturanstieg von 11,2°C mittags auf 16,2°C um Mitternacht. Folglich blieb die Nacht in Süditalien und auch Südosteuropa einmal mehr recht mild, mit Tiefstwerten von 10 bis 15°C, in Mittelmeernähe sank das Quecksilber erneut nicht oder nur wenig unter 17/18°C (z.B. Messina 17°C, Athen 17°C), auf der griechischen Insel Rhodos wurde mit 19°C eine Tropennacht nur knapp verfehlt.

Schon am 23. Mai konnte Hoch VESNA zum letzten Mal in der Berliner Wetterkarte analysiert werden. Es befand sich um 00 UTC mit Zentrum über der Westtürkei mit einem Luftdruck von ca. 1020 hPa. Insgesamt war der Bodendruck im Vergleich zum Vortag über Südosteuropa und Vorderasien nochmals gesunken und lag meist zwischen 1015 und 1020 hPa. Bald schon löste sich das Hoch über der Türkei auf. Das sommerlich, sonnige Wetter dagegen hielt sich noch einige Tage über Südosteuropa, wobei es durch anhaltende Advektion von afrikanischer Tropikluft weiterhin heiß blieb. Bereits an jenem 23. Mai stiegen die Temperaturen über Griechenland, Albanien und der Westtürkei auf über 30°C. Dies markierte den Beginn einer kleinen Hitzewelle, die sich am 26./27. Mai in Schauern und Gewittern entlud.