Lebensgeschichte

 

Hochdruckgebiet VINICIUS

(getauft am 28.05.2018)

 

Aus einem ausgeprägten Hochdruckkeil in der Höhe von 500 hPa, also ca. 5,5 km, entstand in den letzten Maitagen zwischen den Tiefs über Island und dem zentralen Nordatlantik eine Antizyklone, die anhand der Prognosekarte für den 29.05.2018 um 14 Uhr MESZ, was 12 Uhr UTC entspricht, auf den Namen VINICIUS getauft wurde. Ein Hochdruckkeil bezeichnet einen Warmluftvorstoß nach Norden, der in diesem Fall bis nach Skandinavien reichte.

An diesem Tag um 02 Uhr MESZ befand sich das Zentrum des Hochs VINICIUS rund 250 km östlich von Island und in diesem Zentrum wurde ein Druck von knapp 1030 hPa gemessen. Zwischen den Fronten verschiedener Tiefdruckgebiete über dem Nordatlantik und dem Europäischen Nordmeer beeinflusste die Antizyklone VINICIUS das Wetter über dem Meeresgebiet von den Färöer-Inseln im Süden bis zu der Inselgruppe Jan Mayen im Norden sowie über dem Osten Islands. Bei zeitweise bewölktem Himmel stieg die Temperatur wegen der südlichen Strömung, die warme Luft auf der Vorderseite des Tiefs bei Grönland bis in den hohen Norden transportierte und mit einem zusätzlichen Föhneffekt über Island auf bis zu 19,6°C in Grimsstadir und 21,5°C in Vopnafjordur.

Bis zum 30.05.18 verlagerte sich das Hochdruckgebiet VINICIUS nach Nordosten. Mit dem Einflussbereich über dem Europäischen Nordmeer und Teilen Skandinaviens lag das Hoch quasi im Warmsektor eines Tiefs zwischen Island und Grönland. Der Warmsektor eines Tiefdruckgebietes ist dabei die relativ warme Luftmasse hinter der Warmfront und vor der Kaltfront eines Tiefs. Im Zentrum 400 km westlich von Skandinavien herrschte ein maximaler Druck von etwa 1032 hPa. Mit dem leicht höheren Druck war die mit Wolkenauflösung verbundene großflächige Absinkbewegung der Luft stärker ausgeprägt. Bei hohen Sonnenanteilen erreichten die Höchsttemperaturen im skandinavischen Binnenland 23,8°C in Trondheim, 25,7°C in Tagdalen oder sogar 30,0°C in Marstein sowie mit den Föhneffekten 23,5°C in Vopnafjordur.

Einen Tag später lag der Schwerpunkt der Antizyklone VINICIUS über dem Norden Schwedens, wo ein maximaler Druck von knapp 1031 hPa herrschte. Eingegrenzt von Tiefs nördlich von Jan Mayen bzw. über dem Ural brachte dieses Hochdruckgebiet über praktisch ganz Skandinavien vielerorts sonniges Wetter. Wegen des Transports sehr warmer Luft aus Südosteuropa stiegen die Temperaturen im Südwesten des Einflussbereiches des Hochs VINICIUS auf bis zu 29,3°C in Göteborg, 27,9°C in Sarpsborg bei Fredrikstad und 30,3°C in Stavanger. Mit einer nördlichen Strömung, ausgelöst durch die antizyklonale Drehung im Uhrzeigersinn, erreichten die Höchstwerte zwischen der Halbinsel Kola südwärts bis St. Petersburg lediglich 8,9°C in Murmansk, 8,1°C in Petrosawodsk oder 12,5°C in Tichwin unweit des Ladogasees. Zwischen den Tiefdruckkomplexen über Nord- und Mitteleuropa sowie dem Ural zog das Hoch VINICIUS in Richtung Südosten und befand sich am 01.06.18 um 02 Uhr MESZ mit einem Druck von etwas über 1025 hPa über der estnisch-russischen Grenze. Der Einflussbereich reichte im Norden vom Weißen Meer und der Wolga im Osten bis zur Ukraine und weiten Teilen des Baltikums. Da das Tiefdruckgebiet am Ural recht stark ausgeprägt war, existierten über Russland noch dichte Wolkenfelder, womit die Sonnenscheindauer beispielsweise in Kasan nur 7,8 Stunden betrug. Ansonsten wurde fast die maximale Anzahl an Sonnenstunden erreicht wie in Brest im Westen Weißrusslands mit 15 Stunden. An der Ostflanke der Antizyklone blieb es mit einer nördlichen Strömung sehr kühl, in Archangelsk maß man nur höchstens 6,4°C und 10,1°C in Kasan. Umgekehrt wurde mit sehr warmer Luft vom Balkan die 30°C-Marke vor allem in Polen geknackt. Mit 31,6°C in Wroclaw, 31,3°C in Poznan oder 31,8°C in Torun war es nach meteorologischer Definition ein heißer Tag.

Mit dem Weiterzug nach Südosten schwächte sich das Hoch VINICIUS bis zum nächsten Tag weiter ab. Mit einem maximalen Druck von knapp 1023 hPa über der Ukraine verringerte sich auch das Einflussgebiet der Antizyklone. Es reichte von der russischen Hauptstadt und Weißrussland im Norden südwärts bis zur ukrainischen Schwarzmeerküste. In diesem Streifen schien häufig die Sonne. So reichte die Spanne der Sonnenscheindauer von 12,1 Stunden in Shepetivka bis 14,8 Stunden in Chernihiv in der Ukraine. Wegen der Tiefdruckgebiete über dem Norden Russlands nahmen die Sonnenstunden in Richtung Moskau ab. So wurden nur noch beispielsweise in Tula 8,9 Stunden Sonnenschein gemessen. Die Höchstwerte im Bereich des Hochs VINICIUS lagen zwischen 22,9°C in Ostaskov 330 km südöstlich von St. Petersburg, 25,7°C in Minsk und 29,5°C in Mohyliv-Podilskyi an der Grenze von Moldau zur Ukraine.

Im weiteren Verlauf zogen die Tiefdruckgebiete über Nordosteuropa und Tief WILMA nach Südosten und schoben regelrecht Hochdruckgebiet VINICIUS zum kleinen unbenannten Tief am Kaukasus, woraufhin sich die Antizyklone auflöste.