Lebensgeschichte
Hochdruckgebiet WINFRIED
(getauft am 02.07.2020)
Am 02. Juli
2020 um 00 Uhr UTC, was 02 Uhr MESZ entspricht, konnte ein Hochdruckgebiet am
Boden mit Zentrum über den Azoren analysiert werden. Die Antizyklone, wie
Hochdruckgebiete auch genannt werden, wird auch als Azorenhoch bezeichnet, da
sie dort ihren Ursprung in der Entstehung hat. Azorenhochs haben Einfluss auf
den subtropischen Bereich des Nordatlantiks, zudem ist es Teil des subtropischen
Hochdruckgürtels. Es steigt Luft aus den Tropen auf und wird in Richtung der
Pole geleitet, bis sie zwischen dem 20. und 40. Breitengrad absinkt. Dieses
Absinken führt oftmals zu einer Austrocknung der Luft und es kommt zum
Druckanstieg am Boden und zur schlussendlichen Entstehung der Hochdruckzone,
dem Azorenhoch. Das 1400 Kilometer westlich von der Iberischen Halbinsel
entfernte Hoch mit einem Zentrumsdruck von etwa 1025 hPa sollte sich in den
nächsten Tagen weiter ostwärts verlagern und würde somit Einfluss auf
Mitteleuropa nehmen. Infolgedessen wurde die Antizyklone von den Meteorologen
der Berliner Wetterkarte in der Analyse auf den Namen WINFRIED getauft. Zu
diesem Zeitpunkt entsprach Hoch WINFRIED noch keinem eigenständigen
Druckgebilde, da es noch mit einem weiteren Hochdruckzentrum, welches sich
weiter draußen auf dem Atlantik befand, eine Verbindung, auch Hochdruckbrücke
genannt, aufbaute. Am Tauftag selbst herrschte auf
den Azoren tagsüber sonnig bis heiteres Wetter, was einem maximalen Bedeckungsgrad
von 3/8 entsprach. In Angra do Heroísmo
wurden bis zu 13 Stunden Sonnenschein gemessen. Die Tageshöchstwerte in Lajes lagen
an diesem Tag bei 23,4°C und die Tagestiefsttemperaturen bei 15,0°C. Im Norden
wurde Hoch WINFRIED vom ausgeprägten Tief VERENA begrenzt, im Süden von einer
sehr langen Kaltfront, ausgehend von der Oder-Neiße-Grenze bis südlich der Azoren
verlaufend, welche im Tagesverlauf von Südskandinavientief
THEKLA aufgenommen wurde.
Am dritten Tag des Monats verlagerte sich das Zentrum mit ca. gleichbleibendem Luftdruck vor die Küste von Santiago de Compostela in der nordwestspanischen Region Galicien. Der Einfluss der Antizyklone WINFRIED breitete sich nun durch die Verlagerung östlich aus, auf das nördliche Spanien, Portugal, Frankreich und den westlichen Alpen. Noch immer war das Hoch mit einem anderen verbunden, besaß demnach noch keine eigene, sich umschließende Isobare – Linie gleichen Luftdrucks und wurde daher immer noch nicht in die Liste der eigenständigen Hochdruckgebiete mit aufgenommen. Der Hochdruckeinfluss ist jedoch vor allem erkennbar, durch die meist geringe Bewölkung auf dem Satellitenbild, auch wenn einige Wetterstationen im Laufe des Tages Dunst sowie Nebelschwaden meldeten. Die Höchsttemperaturen schwankten zwischen 16,8°C in Oneta und 30,6°C in Ribadavia. Die geringen Temperaturen in Oneta kommen aufgrund des maritimen Einflusses zustande, weil die Erwärmung an der Küste länger braucht als im Inland, da dort die mal mehr mal weniger frische Brise des Meeres fehlt. Die Tiefsttemperaturen lagen zwischen 6,1°C in Lugo – Rozas und 13,5°C in Fisterra. Im Kerngebiet des Hochs wurden 13 bis 14 Sonnenstunden gemessen, wie zum Beispiel 13,18 Stunden in Lugo – Rozas und 14,46 Stunden in Estaca de Bares, einem Kap an der nordspanischen Küste. Diese Anzahl der Sonnenstunden kann auf überwiegend heitere Bewölkung zurückgeführt werden, ohne dass Niederschlag gefallen ist.
Durch die
weitere Verlagerung nach Osten konnte das Zentrum von Hoch WINFRIED am 04. Juli
um 00 Uhr UTC nun über dem Breisgau mit einer leichten Abschwächung des Drucks,
auf 1021 hPa, geortet werden. Es hatte nun ein Einfluss auf das Wettergeschehen
in Norditalien, Süddeutschland, Österreich, Tschechien, Südpolen, Ungarn,
Slowakei und der Westukraine. In Müllheim wurde als Tageshöchsttemperatur
25,7°C gemessen, in Ohlsbach 27,5°C und in Colmar-Meyenheim
26,8°C. Bei allen drei Orten konnte man am 04. Juli von einem Sommertag
sprechen, da Temperaturen über 25,0°C erreicht wurden. Auf dem im Schwarzwald
liegendem Feldberg wurde aufgrund der exponierten Lage eine Tiefsttemperatur
von 9,4°C gemessen. In weniger exponiert gelegenen Orten lagen die
Tiefsttemperaturen zwischen 12,9°C in Pfullendorf und 16,9°C in Ihringen.
Insgesamt schienen 10 bis teils mehr als 13 Stunden die Sonne, beispielweise
wurden 9,48 Sonnenstunden von der Wetterstation auf dem Feldberg registriert,
12,48 Stunden in Basel – Binningen und 13,36 Stunden in Weingarten im Kreis
Ravensburg. Die Wetterstationen verzeichneten keinen Niederschlag, dafür
wechselnde Bewölkung.
Am folgenden
Tag gab es eine Verlagerung der Antizyklone WINFRIED nach Westen. Das Zentrum
lag über Bilbao, eine von grünen Bergen umgebene Industrie- und Hafenstadt im
Norden Spaniens, mit einem leicht intensivierten Luftdruck von etwas über 1025
hPa. An diesem Tag konnte sich das Hoch nun erstmalig seit seiner Entstehung
als eigenständiges Hochdruckgebilde betiteln, da es nun eine umschlossene
Isobare (1025 hPa) besaß. Im Norden wurde das Hoch begrenzt von einer
wellenförmigen Kaltfront des Tiefs WENDY mit Kern über den Britischen Inseln.
Das Einflussgebiet reduzierte sich zum Vortag aufgrund der westlichen
Verlagerung des Hochs. Das Wettergeschehen wurde nun in Spanien, Frankreich,
Süddeutschland, Schweiz, Italien und in Nordalgerien bestimmt. Die
Höchsttemperaturen waren regional unterschiedlich, beispielsweise wurden in Machichaco Faro 23,0°C gemessen, in León 31,5°C, in Nestares 25,7°C und in Los Arcos, einem Ort am Jakobsweg,
33,3°C. Diese Unterschiede von 10,3 Kelvin lassen sich zurückführen auf den
maritimen Einfluss des Atlantiks, aber auch durch die warme bis heiße
Afrikaluft, die nach Norden strömte. Der maritime Einfluss sorgte dafür, dass
der Temperaturrückgang an der Küste geringer war als im Inland. In Santander
wurden daher Tiefstwerte um 19,4°C vermeldet, in Los Arcos 18,3°C und in Briviesca 13,4°C. Der Wind frischte im Gegensatz zum Vortag
auf, dass Spitzen des Beaufortgrades 3 bis 5 erfasst
wurden, wie in Cabo de São Vicente, der Südwestspitze des europäischen
Festlands mit Windstärke 3 und in Sargentes de la
Lora mit Windstärke 5. Wie den Tag zuvor sorgte auch an diesem Tag der
Hochdruckeinfluss für einen maximal zur Hälfte bedeckten Himmel, bei trockenen
Verhältnissen.
Durch die
schnelle Verlagerung der Kaltfront des Tiefs WENDY wurde Hoch WINFRIED
verdrängt, zog gezwungenermaßen nach Osten und konnte am 06. Juli um 00 Uhr UTC
mit einem wieder schwächer gewordenen Druck von 1015 hPa über den rumänischen
Karpaten, den äußeren Ostkarpaten, ausfindig gemacht werden. Der Einfluss bezog
sich auf die gesamten Karpaten, hielt dort aber nicht lang an, da sich das Hoch
im Tagesverlauf durch die sich annähernden Frontensysteme von Tief WENDY rasch
in Richtung Moskau weiter verlagerte.
Am 07. Juli um 00 Uhr UTC konnte das Zentrum der Antizyklone WINFRIED über den russischen Regionen Wolga und Ural identifiziert werden. Der Zentrumsdruck um 00 Uhr UTC schwächte sich weiter auf etwa 1011 hPa bei wolkenfreiem Himmel ab. Die Temperaturen schwankten zwischen 15°C und 21°C. In der Nacht wurden von Wetterstationen Nebelschwaden gemeldet. Der Wind wehte im Osten des Zentrums aus östlicher Richtung drehte aber mit dem Uhrzeigersinn, was typisch für eine Antizyklone ist, sodass im Nordwesten der Wind aus südwestlicher Richtung kam. Durch ein Frontensystem im Westen des Hochdruckgebietes WINFRIED minimierte sich in den darauffolgenden Tagen das Einflussgebiet, auch wenn der Druck nochmal leicht auf 1018 hPa anstieg.
Bis zum 10. Juli verharrte das Hoch mit leichten Schwankungen über der Wolga-Ural-Region und brachte dort meist sonniges und trockenes Wetter. Im Tagesverlauf des 10. Juli schwächte sich die Antizyklone zunehmend ab und verließ durch die weitere Verlagerung von Westen sich nähernden Frontensystemen den Bereich der Berliner Wetterkarte. Daher konnte Hoch WINFRIED nach einem Lebenszyklus von insgesamt 9 Tagen am 10. Juli das letzte Mal auf der Berliner Wetterkarte ausfindig gemacht werden.