Lebensgeschichte

 

Hochdruckgebiet XABI

(getauft am 05.07.2020)

 

Im klimatologischen Mittel dominiert über dem Atlantik ein Druckmuster mit hohem Luftdruck über den Azoren und tiefem Luftdruck bei Island. Ersteres wird häufig Azorenhoch und letzteres Islandtief genannt. Zwischen den beiden Druckzentren stellt sich die sogenannte Westwinddrift ein, da sich Tiefdruckgebiete gegen den Uhrzeigersinn und Hochdruckgebiete mit dem Uhrzeigersinn auf der Nordhalbkugel drehen. Diese typische Druckverteilung herrschte auch zu Beginn des Monats Juli im Jahr 2020 vor. Am 05.07. begann das typische Strömungsmuster von dem klimatologischen Mittel abzuweichen, nachdem sich der Tiefdruckkomplex bestehend aus Tief WENDY und Tief VERENA von Island nach Europa verlagerte. Auf der Westseite des Tiefdruckkomplexes wurde im weiteren Verlauf deutlich kühlere Luft aus polaren Regionen bei Grönland nach Süden transportiert. Diese kühleren Luftmassen erreichten auch das Azorenhoch. Da kühlere Luftmassen eine größere Dichte aufweisen und somit mehr Masse besitzen als wärmere Luftmassen, begann der Druck nördlich der Azoren kräftig zu steigen. Am 05.07.2020 war somit für die Meteorologen der Berliner Wetterkarte (BWK) ersichtlich, dass sich ein neues eigenständiges Hochdruckgebiet nördlich vom Azorenhoch ablösen würde. Weiterhin zeigten die Wettermodelle, dass genau dieses Hochdruckgebiet in den nächsten Tagen nach Europa ziehen würde. Damit wurde dieses neue entstehende Hoch in der Prognose für den nächsten Tag auf den Namen XABI getauft.

 

Auf der 00 Uhr UTC Bodenanalyse vom 06.07. wurde dann auch Hochdruckgebiet XABI mit einem Kerndruck von über 1030 hPa westlich der Biskaya auf ca. 20° westliche Länge und 47° nördliche Breite analysiert. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Antizyklone noch keinen Einfluss auf das europäische Festland. Bei einer Bodenanalyse handelt es sich um eine Analyse, der von den Bodenwetterstationen gemeldeten Wetterdaten, wie zum Beispiel Druck, Temperatur, Wetterzustand etc.. Am wichtigsten sind vor allem Druckwerte, da anhand dieser dann Linien gleichen Luftdrucks, auch Isobaren genannt, in die Bodenanalyse eingezeichnet werden können. Diese wiederum geben hervorragend die Druckverteilung über Europa wieder. Temperatur- und Wettermeldungen werden dann noch zur Bestimmung der Fronten verwendet.

 

Am Folgetag lag Hoch XABI über Mitteleuropa und war als sogenannter Azorenableger weiterhin mit dem eigentlichen Azorenhoch verbunden, zeigte sich jedoch mit nur noch einem Zentrumsdruck von knapp über 1020 hPa abgeschwächt. Hinter der Kaltfront von Tiefdruckgebiet WENDY sorgte die Antizyklone für Wetterberuhigung. Dies zeigte sich auch in den meteorologischen Messungen. Die Temperaturen stiegen bei 13 bis 14 Sonnenstunden im Süden von Deutschland in München auf 21,5°C, in Riegel am Europapark auf 25,9°C und in Mannheim auf 23,3 °C. Im Norden von Deutschland befanden sich bei 7 bis 8 Stunden Sonne deutlich mehr Wolken am Himmel. Verantwortlich dafür war eine Okklusionsfront von einem unbenannten Tief über Schweden, welche im weiteren Verlauf Hoch XABI nach Osten abdrängte. Dabei ist Hoch XABI auf der Mittagsanalyse für 12 Uhr UTC der Berliner Wetterkarte sehr gut über dem Süden von Deutschland zu sehen.

 

Am 08.07. erstreckte sich Antizyklone XABI über Osteuropa mit einem sich noch weiter abgeschwächten Kerndruck von nur noch knapp über 1015 hPa. Auch an diesem Tag bildete das Hoch mit dem Azorenhoch eine sogenannte Hochdruckbrücke, was bedeutete, dass es bis dato noch immer kein eigenständiges, also von einer abgeschlossenen Isobare umgebendes, Hochdruckgebilde darstellte. Dem osteuropäischen Einflussgebiet brachte Hoch XABI einen angenehmen Sommertag. Bei einem nicht ganz wolkenlosen Himmel schien die Sonne in Budapest zum Beispiel 13 Stunden lang. Die Temperaturen stiegen in Wien auf 27,0°C, in Budapest auf 25,8°C und in Bratislava auf 26,9°C. Weiter nördlich war es in einer etwas kühleren Luftmasse nur 22 bis 23°C warm, wie zum Beispiel in Krakau mit 22,2°C als Höchsttemperatur.

 

Auf der 00 Uhr UTC Bodenanalyse vom 09.07. kann man nun gut die 1020-hPa-Isobare, welche Hoch XABI umkreist, erkennen. Demnach definiert sich die Antizyklone nun erstmalig als eigenständiges Druckgebilde, dessen Abhängigkeit vom Azorenhoch nun ein Ende fand. Dadurch konnte sich auch der Kerndruck im Vergleich zum Vortag wieder etwas verstärken. Das Hochdruckgebiet XABI wurde nun über Rumänien analysiert. Tagsüber änderte sich an dem sommerlichen Wetter im Einflussgebiet von Hoch XABI über Südosteuropa nur wenig. Lediglich die Lufttemperaturen waren etwas höher als am vorherigen Tag. Die registrierten Höchsttemperaturen am späten Nachmittag lagen bei 31°C in Wien, 29°C in Bratislava, 20°C in Budapest und 29°C in Belgrad.

An den darauffolgenden Tagen wurde die Antizyklone XABI durch die Ankunft von Ex-Tropensturm Edouard immer weiter nach Osten abgedrängt. Konkret lag Hoch XABI am 10.07. über der Ukraine, am nächsten Tag über dem Westen von Russland und bereits am 12.07. etwas westlich des Uralgebirges mit durchgängig über 1020 hPa im Zentrum. Auch hier sorgte Hochdruckgebiet XABI für sommerliche Witterungen. In Moskau zum Beispiel stieg die Temperatur am 11.07. auf 27,7°C und am 12.07. auf 29,4°C. In den nachfolgenden Tagen zog Hoch XABI weiter nach Osten und verließ somit den Analysebereich der Berliner Wetterkarte, so dass es dort am 13.07 zum letzten Mal in bereits abgeschwächter Form verzeichnet werden konnte.