Lebensgeschichte

 

Hochdruckgebiet XANDER

(getauft am 15.12.2016)

 

Bei einer Zugrichtung vom westlichen Nordatlantik nach Osten verstärkte sich im Laufe des 15. Dezembers der bis dato noch schwach ausgeprägte Hochkeil, also ein Warmluftvorstoß nach Norden, welcher sich in 500 hPa, d.h. in etwa 5,5 km Höhe, vom Nordwestatlantik bis zur südlichen Baffin Bay erstreckte. Dabei breitete sich die Keilachse nach Nordosten aus. Korrespondierend dazu bildete sich ein zweites Hochdruckzentrum neben dem Zentrum eines Azorenhochs am Boden aus. Dadurch entstand eine Hochdruckzone, welche in der Meteorologie als ein Zusammenschluss mehrerer Hochdruckgebiete oder Hochdruckzentren, die durch eine gemeinsame Isobare, also einer Linie gleichen Luftdruckes, miteinander verbunden sind, definiert ist. Hochdruckzonen können sich über große Entfernungen erstrecken. Mit der zukünftig fortlaufenden Ostverlagerung dieser Zone hohen Druckes und der damit verbundenen Einflussnahme auf das Wetter Mittel- und Südeuropas taufte die Berliner Wetterkarte die Hochdruckzone am selbigen Tag in der Prognose für den Folgetag auf den Namen XANDER.

Am 16. Dezember konnte die Hochdruckzone XANDER erstmalig auf der Berliner Wetterkarte um 00 Uhr UTC, also 01 Uhr MEZ, über den Azoren lokalisiert werden. Mit der deutlichen Ausbuchtung der Zone hohen Luftdruckes nach Norden kündigt sich eine Abspaltung der Hochdruckzone XANDER und damit die Bildung eines eigenständigen Hochdruckgebietes an. Am Tauftag selbst führte die Hochdruckzone nur zu minimalen Sonnenscheindauern von 2 bis 4 Stunden, da Ausläufer von nordatlantischen Tiefdrucksystemen für viele Wolken mit kaum nennenswerten Niederschlägen sorgten. Dies geschah mit Ausnahme der Insel Flores, an welcher durch ihre Lage im Nordosten der Inselgruppe die Fronten rasch hinüberzogen und somit die maximal für diese Jahreszeit mögliche Sonnenscheindauer von 11 Stunden gemessen werden konnte.

Bis zum Folgetag verstärkte sich Hoch XANDER auf einen Kerndruck von ca. 1040 hPa. Während das Zentrum des Azorenhochs weiterhin stationär blieb, verschob sich das Zentrum von Hoch XANDER in Richtung Biskaya. Noch immer war die Antizyklone mit dem Hochdruckzentrum des Azorenhochs verbunden, wobei sich diese Verbindung aber stetig ausdehnte und damit die Entfernung beider Zentren voneinander sichtbar zunahm. Im Tagesverlauf löste sich das Hoch XANDER von dem Azorenhoch und bildete nunmehr ein eigenständiges Hochdruckgebilde, welches mit Ostverlagerung Frankreich und Nordspanien viele Sonnenstunden bescherte. So wurden beispielsweise in Bordeaux und in Toulouse maximale Sonnenscheindauern von 8 Stunden, im nordspanischen Leon sogar 9 Sonnenstunden registriert. Dabei stiegen die Maximaltemperaturen bei Zufuhr maritimer Luft nordatlantischen Ursprungs auf 9 bis 13°C, in Südfrankreich und Nordspanien vereinzelt auch auf Werte um die 16°C, wie z.B. in Montauban nahe Toulouse. Auf der Nordseite von Hoch XANDER gelangten von der Nordsee her feuchtmilde Luftmassen in die Nordhälfte Deutschlands, die vielerorts für dichte Wolken und wenig bis gar keine Sonnenstunden sorgten.

Bis zum Morgen des 18. Dezembers nahm Hoch XANDER das bis dato Mitteleuropas Großwetterlage bestimmende Hoch WOLFGANG, welches sich mit Kern über dem Dreiländereck Ungarn-Rumänien-Serbien befand, in seine Zirkulation auf. Des Weiteren wölbte sich über dem Ostatlantik ein Hochdruckrücken auf, der über Großbritannien hinweg zur Norwegischen See gerichtet war. So verstärkte sich das um 00 Uhr UTC mit seinem Zentrum über Paris lokalisierte Hochdruckgebiet XANDER auf einen Luftdruck von mehr als 1040 hPa. Vom Zentrum aus verlief eine breite Zone hohen Luftdrucks bis nach Südosteuropa. Im Tagesverlauf bewirkte ein Kaltlufttropfen, ein mit Kaltluft gefüllter isolierter zyklonaler Wirbel in der mittleren und oberen Troposphäre, der in der Bodenwetterkarte meist nicht in Erscheinung tritt, besonders über Ostdeutschland Hebungsprozesse und infolgedessen leichte Niederschläge, wie z.B. 12-stündige Niederschlagssummen bis 18 Uhr UTC von jeweils 6 mm in Cottbus und Bautzen. Daraufhin schwächte sich Hoch XANDER leicht ab. Rund um das Zentrum lag die Nordhälfte Frankreichs ganztags unter einer dichten Wolkendecke, die keine Sonnenstrahlen durchdringen konnte. Durch die windarme Lage, die meist in Zentrumsnähe herrscht, konnte sich die Kaltluft so sehr abkühlen, dass sich vielerorts dichter Nebel bildete, der sich im Tagesverlauf gar nicht oder nur zäh auflöste. Daher stiegen dort die Höchsttemperaturen von 1°C in Bourges bis 5°C im nördlich von Paris gelegenen Beauvais. Der Süden Frankreichs konnte sich dagegen bei 6 bis 8 Sonnenstunden auf 10 bis 13°C, in Cannes sogar auf 14°C erwärmen. Im Verlauf zog der Kaltlufttropfen über Bayern nach Frankreich ab, während sich der Hochschwerpunkt Richtung Südosteuropa verlagerte.

Am 19. Dezember positionierte sich der Hochdruckkern etwas östlich von Budapest mit wieder abgeschwächtem Luftdruck von etwas über 1035 hPa. Dabei dehnte sich die Hochdruckzone nach Westen und Südosten aus. Einerseits über der Südküste Englands und andererseits über Ankara bildeten sich weitere Hochdruckzentren, die mit dem Hoch XANDER eine Hochdruckbrücke bildeten. Die Luftdruckgegensätze waren dabei so gering, dass sich kaum Wind ausbildete und sich das neblig-trübe Wetter in Deutschland und im Einflussbereich von Hoch XANDER fortsetzte. So konnte sich beispielsweise in ganz Brandenburg und Berlin die Sonne nicht gegen den Nebel und Dunst durchsetzen, außer im Raum der Niederlausitz, wo in Cottbus noch 2 Stunden Sonne registriert wurden. Die Temperaturen stiegen unter der dichten Wolkendecke vielerorts kaum an und lagen z.B. in Berlin und Brandenburg konstant bei etwa 4 bis 6°C. Die direkt vom Kern der Antizyklone XANDER beeinflussten Gebiete kühlten mit dem fehlenden Wind stark aus und wiesen größtenteils nur noch Höchstwerte im Minusbereich vor. In Budapest wurden beispielsweise maximal nur -3°C gemessen.

Durch die andauernde Hochnebellage mit Minusgraden, die an den vorangegangenen Tagen durch Hoch WOLFGANG verursacht wurde, konnte sich im Kernbereich von Hoch XANDER Raureif bilden. So wurde im südöstlichen Stadtteil Budapests am Morgen des 20. Dezembers Nebel mit Reifansatz gemeldet. Das Zentrum der Antizyklone befand sich zu diesem Zeitpunkt nahezu unverändert in der Nähe von Budapest. Die Ausdehnung reichte nun vom hohen Norden Deutschlands bis über den Osten der Türkei. In Deutschland begann allmählich die Auskühlung der bodennahen Luftschichten, so dass im Süden und in der Mitte des Landes leichter, örtlich auch mäßiger Frost mit bis zu -7°C, wie z.B. im bayrischen Meiningen, auftrat. Daraufhin stiegen in den Nebelgebieten, welche sich weiterhin über der Nordhälfte Deutschlands hielten, die Temperaturen kaum an. Im Berliner Raum wurden beispielsweise Tiefstwerte von -2 bis 0°C gemessen, während am Tag unter einer Hochnebeldecke nur Werte von maximal 0°C registriert wurden.

Bis zum Folgetag teilte sich Hoch XANDER in 2 Zentren auf. Während sich das eine Zentrum um 00 Uhr UTC weiterhin stationär über Ungarn befand, analysierte man das zweite Zentrum am östlichen Grenzübergang der Ukraine zu Russland. Beide Kerne wiesen einen Luftdruck von ca. 1036 hPa auf. Die Zone hohen Druckes wurde allerdings bis zum Mittag durch herannahende Tiefausläufer aus dem Nordosten rasch zurück gedrängt, so dass die Zentren sich alsbald wieder zu einem Zentrum vereinten und die Ausdehnung Richtung Russland nur von kurzer Dauer war. Die meisten Sonnenstunden konnten im Süden Polens und in der Nordosthälfte Deutschlands verzeichnet werden. In Breslau und in Dresden wurden z.B. jeweils 7 Stunden Sonne bei Höchstwerten von 2 bis 4°C registriert. Generell schien in Deutschland durch den Einfluss von Hoch XANDER recht unterschiedlich lang die Sonne, in einigen Gebieten konnte sich der immer noch vorherrschende Nebel nur sehr spät oder gar nicht auflösen. Der Berliner Raum befand sich dabei im Übergangsbereich, so dass im südlichen Stadtgebiet mehr als 6 Stunden und im Norden weniger als 1 Stunde Sonne registriert wurden. Im direkten Einflussbereich des Kerns von Hoch XANDER über Ungarn wurden maximal nur -1 bis -4°C als Tageshöchsttemperaturen gemessen. Weiterhin konnte auch dort die Sonne eine dichte Nebel- und Hochnebeldecke nicht durchdringen.

Das Zentrum der Antizyklone XANDER blieb bis zum 22. Dezember nahezu stationär mit einem zentrumsnahen Druck von ungefähr 1039 hPa über Ungarn. Die Ausdehnung der Hochdruckzelle verringerte sich zunehmend durch herannahende Tiefausläufer nordatlantischen Ursprungs. Während sich also die Nordwesthälfte Deutschlands schon im Einflussbereich der Ausläufer des Tiefdruckgebietes ZARINA befand, dessen Zentrum über dem europäischen Nordmeer lag, schien im Osten und Süden Deutschlands durch Hoch XANDER meist 6 bis 8 Stunden lang die Sonne. In Chemnitz wurden bei maximal 5°C insgesamt 7 Sonnenstunden gemessen. Je näher man in Zentrumsnähe gelangte, umso dichter wurden die Wolken. Direkt unter Einfluss des Zentrums konnte sich in ganz Ungarn wiederholt keine Sonne durchsetzen und somit die Temperaturen tagsüber nicht über 0°C ansteigen. In Budapest erhöhte sich die Temperatur im Vergleich zum Vortag nur um 1°C, befand sich aber mit -2°C immer noch im negativen Bereich.

Bis zum Folgetag zeigte die 500 hPa-Karte, dass sich das Gebiet hohen Luftdruckes über Osteuropa allmählich verkleinerte. Am Boden verlagerte sich Hoch XANDER kaum, so dass zum Nachttermin des 23. Dezembers das Zentrum immer noch über dem südlichen Ungarn mit einem Luftdruck von ca. 1038 hPa lokalisiert werden konnte. Bis zum 25. Dezember schwächte sich das Hochdruckgebiet bei nahezu unveränderter Lage auf einen Druck von ca. 1030 hPa ab. Bei weiteren dichten Wolken und so gut wie gar keiner Sonne stiegen die Tageshöchsttemperaturen im ungarischen Raum auf Werte bis 5°C, wie z.B. in Budapest, an.

Am Folgetag bildete sich von der Iberischen Halbinsel über Frankreich bis zu den Karpaten eine Hochdruckbrücke mit 3 Hochdruckzentren aus, wovon das kräftigste Zentrum, welches Hoch XANDER zugeteilt wurde, mit 1035 hPa über Südfrankreich positioniert war. Dennoch war der Einfluss nur noch sehr kurzlebig, da sich die Hochdruckbrücke durch herannahende Frontensysteme von Tief BARBARA schnell auflöste.

Somit konnte das langlebige Hochdruckgebiet mit dem Namen XANDER das letzte Mal am 26. Dezember im Darstellungsbereich der Berliner Wetterkarte verzeichnet werden. Die Großwetterlage schwankte anschließend auf eine Westwetterlage um.

 

 

Geschrieben am 06.03.2017 von Lisa-Marie Schulze

Berliner Wetterkarte: 19.12.2016

Pate: Korbinian Huber