Lebensgeschichte
Hochdruckgebiet
XAVER
(getauft am
02.06.2018)
Im Normalfall
bildet sich in den mittleren Breiten der Nordhemisphäre eine mäandrierende
Westströmung aus, mit der nach und nach neue Tief- und Hochdruckgebiete vom
Atlantik nach Europa geführt werden und sich dann auflösen oder nach Osten
abziehen. Unter bestimmten Druckverteilungen kann es jedoch dazu kommen, dass
die Westströmung gestört und abgelenkt wird. Diesen Zustand nennt man
„Blockierungswetterlage“. Sie tritt zum Beispiel auf, wenn sich hoher Luftdruck
nördlich von tiefem Luftdruck befindet und sich die Zirkulationen
ausgleichen. Solch eine Lage wird auch als „High over
Low“- Lage bezeichnet. Diese Wettersituation hatte sich Ende Mai und Anfang
Juni immer wieder über Westeuropa neu aufgebaut. Über Mitteleuropa lag dadurch
eine Zone mit eher schwachen Luftdruckgegensätzen. Als Teil dieser Zone
entwickelte sich am 1. Juni ein neues schwaches Hochdruckgebiet über der
Biskaya und Frankreich, welches sich bis zum Morgen des 2. Juni auf knapp über
1020 hPa verstärkte. Daher wurde es vom zuständigen Meteorologen als
Analysetaufe mit dem Namen XAVER belegt.
Die
Ausdehnung des Hochs XAVER betrug zu diesem Zeitpunkt etwa 700 km in Nord-Süd
Richtung und 1200 km in West-Ost Richtung. Im Westen ging es über eine
Hochdruckbrücke in das Azorenhoch, welches den Großteil des Jahres recht stabil
über den Azoren liegt über. Als Hochdruckbrücke wird eine Verbindung zwischen
zwei benachbarten Hochdruckgebieten bezeichnet. Dabei werden zwei
Tiefdruckgebiete voneinander getrennt, wodurch sich Hochdruckbrücken mit
Tiefdruckrinnen abwechseln. In die übrigen Himmelsrichtungen begrenzten
schwache Tiefdruckgebiete die Hochdruckzone XAVER über Europa. Im Verlauf des
Tages verlagerte sich das Hoch XAVER nur leicht in Richtung Osten über
Frankreich bis Deutschland. Hochdruckeinfluss ist im Allgemeinen mit
großräumigem Absinken verbunden. Da sich beim Absinken die Luft erwärmt und
damit die relative Feuchte sinkt, lösen sich Wolken eher auf. Außerdem gibt es
bei Hochdruckgebieten keine Fronten, welche mit ihrer Hebung für zusätzliche
Wolkenfelder und Niederschlag sorgen könnten. Als Folge dessen verzeichneten
Saragossa 11, Bern 12 und Grenoble an die 13 Stunden Sonnenscheindauer. Auch im
Randbereich des Hochs wurden, wie in London und Frankfurt am Main, noch 6 bis
10 Stunden Sonnenscheindauer registriert. Mit der antizyklonalen Luftströmung,
also im Uhrzeigersinn um das Zentrum, wurde dabei eine milde subtropische
Luftmasse herangeführt. Die Temperaturen stiegen dadurch um einige Grad. In
Paris beispielsweise wurde eine Höchsttemperatur von 25°C erreicht. Am Vortag
waren es noch etwa 22°C gewesen. In der feuchtwarmen Mittelmeerluft waren die
Voraussetzungen für Quellbewölkung grundsätzlich gegeben. Dort wo lokale Hebung
der Luft stärker war, als das großräumige Absinken im Zentrum des Hochs XAVER,
bildeten sich daher Schauer und Gewitter. Im Alpenraum und den Pyrenäen sorgte
orographische Hebung für den nötigen Antrieb. Teils wurden in einer Stunde bis
zu 15 l/m² an Niederschlag registriert, wie in Tarbes
zwischen 16 und 17 Uhr MESZ, was 15 Uhr UTC entspricht. In Barbian
bei Bozen waren es im selben Zeitraum an die 14 l/m². Die Gewitteraktivität war
dabei jedoch nur schwach.
Bis zum
Morgen des 3. Juni hatte sich die Antizyklone XAVER etwas abgeschwächt und lag
mit zwei kleinen Zentren über Nordostfrankreich und dem Alpenraum. Dort
bildeten sich erneut nur wenige Quellwolken, welche kaum für Niederschlag
sorgten und den Sonnenschein kaum behinderten. So wurden in Paris über 11
Stunden, in München 13 Stunden und in Geisenheim
sogar die zu dieser Jahreszeit maximal möglichen 15 Stunden Sonne erreicht.
Dabei wurde es auch in Süddeutschland nun deutlich wärmer und in Kitzingen bei
Würzburg wurde sogar die 30°C Marke geknackt. Ansonsten wurden bis nach
Mitteldeutschland fast überall 25°C, also die Schwelle für einen Sommertag,
erreicht. Am Rand der Hochdruckzone XAVER bildeten sich auf Grund von
steigender Tiefdruckeinflüsse, Frontensystemen oder auf Grund von Gebirgen
Schauer und Gewitter. Zwischen 08 und 20 Uhr MESZ wurden am Meteorologischen Observatorium
in Lindenberg 11,5 l/m² an Niederschlag gemessen. Im tschechischen Lysa Hora waren es im selben Zeitraum sogar 37 l/m².
Weiterhin fielen beispielsweise in Rennes 17 Liter, in Pau
29 Liter und in Barcelona 34 Liter pro Quadratmeter. Diese lagen jedoch bereits
außerhalb direkten Einflusses von Hoch XAVER, welches sich bis 02 Uhr MESZ des
4. Juni noch etwas nach Osten bis über Österreich verlagerte.
Dort war es
Teil einer Hochdruckbrücke, welche nun von Island über Großbritannien bis nach
Sizilien reichte. Der zentrale Teil über Mitteleuropa mit der Antizyklone XAVER
besaß eine West-Ost Ausdehnung von ungefähr 1200 km. Mit einem maximalen Druck
von ungefähr 1015 hPa, hatte Hoch XAVER bereits begonnen sich abzuschwächen. Da
jedoch weiterhin kein Atlantiktief bis nach Europa vordringen konnte und
dadurch auch kein Luftmassenwechsel stattfand, hielt der freundliche
Wettercharakter unter Hochdruckeinfluss an. Die Station in München verzeichnete
15 Stunden Sonne. In Berlin waren es an die 13, in Warschau 11 und Sarajewo 9
Stunden. Die Temperaturen stiegen dabei noch weiter auf verbreitet an die 30°C
und sogar 31°C in Regensburg. Gewitter bildeten sich erneut über den Alpen und
den Pyrenäen, sowie über Frankreich auf der Vorderseite eines kleinen Tiefdruckkerns.
Auf dem Riggisberg wurden 23,8 Liter, in San
Sebastian
21,6 Liter und in Rennes 14 Liter pro Quadratmeter zwischen 08 und 20 Uhr MESZ
registriert. Ansonsten fielen die Niederschläge im Randbereich des Hochs XAVER
nur gering aus. Einzig an der deutschen Nordseeküste bildeten sich
Wolkenfelder, aus denen jedoch kaum messbare Mengen in Bremerhaven oder Elpersbüttel fielen. Im weiteren Verlauf schwächte sich die
Zone hohen Luftdrucks XAVER erneut ab. In der Bodenwetterkarte um
02 Uhr MESZ des 5. Juni wurde ein maximaler Druck von 1010 hPa und das Zentrum
XAVER über Ungarn analysiert. Auch die Ausdehnung betrug nur noch einige
hundert Kilometer. Dennoch konnten verbreitet noch über 15 Stunden Sonnenschein
wie in Dresden oder Krosno gemessen werden. In Belgrad
wurden darüber hinaus beispielsweise 31,4°C als Höchsttemperatur erreicht.
Niederschlag gab es nur sehr vereinzelt. Im rumänischen Buzau
wurden zwölfstündig bis 20 Uhr MESZ 5 Liter und in Valjevo
bei Belgrad 6 Liter pro Quadratmeter gemessen. Bis zum Folgetag löste sich das
Hochdruckgebiet XAVER schließlich langsam auf und verschwand damit von der
Berliner Wetterkarte.