Lebensgeschichte
Hochdruckgebiet
YOANN
(getauft am
09.07.2020)
Am 09.07.2020
war die Bodensituation über Europa geprägt von einem aus Westen herannahenden
Tiefdruckgebiet namens ex-EDOUARD über Großbritannien, welches verbunden mit
dem Frontensystem der Zyklone XOCHIL über den Benelux-Ländern das
vorherrschende Hoch XABI in Richtung Osten verdrängten. Nördlich davon befanden
sich die Kerne und Fronten von Tief WENDY. Für das Wetter der kommenden Tage in
Mitteleuropa spielte die Zyklonen und Antizyklonen über dem Atlantik aufgrund
der Lage in der Westwindzone die entscheidende Rolle. Dabei verband sich im
Tagesverlauf zwei Hochdruckkerne zu einem sich über die gesamte
Nord-Südausdehnung Europas erstreckenden und vor der Küste Großbritanniens bis
Spaniens liegenden Hochdruckzentrum.
Dieses Hochdruckgebiet, so ging man davon aus, sollte in den kommenden
Tagen maßgeblichen Einfluss auf das Wettergeschehen in Mitteleuropa nehmen,
weshalb es auf der Prognosekarte der Berliner Wetterkarte (BWK) für den
nächsten Tag von den Meteorologen auf den Namen YOANN getauft worden ist.
Am 10.07.
erstreckte sich die Hochdruckzelle YOANN mit einem Maximaldruck im Zentrum von
etwas über 1025 hPa von der Südküste Islands bis an die Westküste Spaniens. In
Mitteleuropa beherrschten zu diesem Zeitpunkt noch Hoch XABI in Süd- und
Osteuropa und die beiden Tiefdruckkerne ex-EDOUARD und XOCHIL über West- und
Mitteleuropa das Wettergeschehen. Im Tagesverlauf sollte das Hochdruckgebiet
YOANN sich weiter in Richtung Osten bewegen und bis zum Abend im Zentrum an
Nord-Süd-Erstreckung einbüßen und über Irland und dem östlichen Teil des
Nordatlantiks liegen. Dort brachte es beispielsweise in Dublin acht Sonnenstunden
oder in Aberdaron, im Westen von Wales, sogar über 13
Stunden Sonne bei für diese Jahreszeit durchschnittlichen Maximaltemperaturen
von 17,4°C in Dublin und 16,3°C in Aberdaron.
Zu Beginn des
11.07. reichte der Einflussbereich von Hoch YOANN um 00 Uhr UTC, also um 02 Uhr
MESZ, mit einem Zentrumsdruck von etwa 1025 hPa von Irland bis zur Westküste
Frankreichs. Im Tagesverlauf breitete sich das Einzugsgebiet der Antizyklone
bis nach Polen und Ungarn im Osten, Dänemark im Norden und bis zum Baskenland
im Süden aus. Dabei brachten viele Sonnenstunden, wie in Paris mit rund 11
Stunden oder 12 Sonnenstunden am Saarbrücker Flughafen eine starke Erwärmung
der Landflächen mit sich. So konnte dann eine Tageshöchsttemperatur in Paris
von 24,6°C oder in Saarbrücken von 24,4°C erreicht werden. In der klaren Nacht
kühlte es dann aufgrund des für Hochdruckgebiete typischen klaren, also
wolkenfreien, Himmels stark ab, so lag die Tiefsttemperatur am Flughafen
Saarbrücken in der Nacht auf den 12.07. bei lediglich 8,0°C.
Korrespondierend
zu einem Höhenkeil, also einem Warmluftvorstoß nach Norden, in einer Höhe von
etwa 5,5 km, der weiter nach Osten schwenkte, konnte sich auch am Boden Hoch YOANN
weiter ostwärts ausdehnen und erstreckte sich am 12.07. um 00 Uhr UTC mit
seinem Zentrum von Großbritannien über die Benelux-Länder und Nordfrankreich
bis nach Berlin. Der Zentrumsdruck hat sich im Vergleich zum Tag zuvor kaum
verändert und lag daher weiterhin bei etwa 1025 hPa. Das gesamte Einzugsgebiet
der Antizyklone reichte bis nach Bordeaux, dem südlichen Alpenrand und nach
Warschau und breitete sich im Tagesverlauf noch weiter nach Osten aus. Dabei
profitierte vor allem der Südwesten Deutschlands von einem sehr freundlichen
Wettercharakter, so erreichte man am Rhein 14 bis 15 Sonnenstunden bei sehr
warmen Temperaturen um die 26°C. Bei Maximalwerten von 25°C und mehr spricht
der Meteorologe auch von einem Sommertag. Weitere Sommertage wurden in
Straßburg mit 26,5°C, in Riegel bei Freiburg mit 28,1°C und in Kaiserslautern
mit 27°C als Tageshöchsttemperatur bei rund 14 Sonnenstunden erreicht. Auch im
Einflussgebiet von Hoch YOANN gelegen, aber im Bereich einer anderen Luftmasse
(maritimer Arktikluft statt maritimer Subpolarluft) konnten die Küstengebiete
weniger glänzen, dort war es deutlich kühler wie z.B. auf den Inseln Sylt,
Rügen und Usedom, wo lediglich Temperaturen von 17°C bis maximal 19°C vermeldet
wurden. Aber besonders an der Nordsee gab die Sonne mit ebenfalls 14 Stunden
ihr Bestes.
Am 13.07. um
00 Uhr UTC reichte die Ausdehnung von Hoch YOANN mit einem gleichgebliebenen Kerndruck
vom dem östlichen Teil des Nordatlantiks bis nach Mitteleuropa
hinein. Die Antizyklone verlagerte sich in Korrespondenz zu einem Höhenrücken
auf 500 hPa, der sich von Mitteleuropa bis zum Nordmeer erstreckte. So hielt in
Deutschland das ruhige Hochdruckwetter weiter an, bei landesweit 12 bis 15
Sonnenstunden profitierte fast das gesamte Land von der Drehrichtung des Hochs
YOANN gegen den Uhrzeigersinn. Damit konnten in einer über dem Land erwärmten
Subpolarluft in einigen Regionen erneut Sommertage verbucht werden, wie z.B. im
Südwesten Deutschlands, wo weitläufig Temperaturen von 25°C bis 29°C gemessen
wurden. Ebenso im Süden Brandenburgs erreichten einige Orte wie Cottbus mit
25,1°C und Lübben mit 26,6°C einen Sommertag. Nur Berlin hat einen solchen bei
maximal 24,5°C in Tempelhof knapp verfehlt. Im Norden gestalteten sich die
Temperaturen zwar schon angenehmer als am Vortag, fast überall wird die 20
Grad-Marke erreicht oder überschritten, dennoch konnten noch immer einige
Küstenregionen bei westlicher bis nordwestlicher Anströmrichtung die 20°C nicht
erreichen, wie z.B. die Insel Fehmarn mit 18,8°C oder Sankt Peter-Ording mit
19,3°C.
Europaweit
setzte sich, entsprechend der klassischen Westwetterlage mit einem
Höhentiefkomplex von Grönland bis nach Skandinavien und hohem Geopotential von
den Azoren über den Mittelmeerraum bis nach Russland, die Zweiteilung des
Sommerwetters fort. Während in weiten Teilen Norwegens und Schwedens bei
wechselhaftem Wetter mit häufigem Regen (Vidsel 24
l/m², Gävle 20 l/m²) nur 12 bis 15°C erreicht wurden,
gab es in Südspanien häufig Werte von über 35°C, örtlich wurde die 40°C-Marke
geknackt (Mérida 40,1°C, Badajoz 40,5°C). Während des Tagesverlaufs teilte aus
nördlicher Richtung die Kaltfront des Tiefs YVONNE den großflächigen Hochdruckkomplex
in zwei Zentren auf: das stärkere davon, welches bis zu diesem Zeitpunkt noch
mit Hoch YOANN verbunden war, verblieb bei den Azoren bzw. nördlich davon über
dem Atlantik, während die Antizyklone YOANN abgeschwächt nach Osten weiter zog.
Am 14.07. um
00 Uhr UTC lag das Zentrum von Hoch YOANN mit einem Zentrumsdruck von etwa 1020
hPa über Polen und Ungarn, aber der Einflussbereich erstreckte sich nördlich
von Litauen über die Ukraine bis südlich an das Schwarze Meer und verlagerte
sich im Tagesverlauf langsam weiter Richtung Osten. Noch im Einzugsgebiet lag
auch Berlin und der Ostdeutsche Raum, wo es häufig Temperaturen von über 25°C
gab, in Berlin selbst stieg die Temperatur sogar bis 29,6°C – dies war erst der
dritte Sommertag im Juli in Berlin. Dazu kam häufig eine hohe Anzahl an
Sonnenstunden, wie beispielsweise in Görlitz an der deutsch-polnischen Grenze
mit etwa 15 Stunden Sonnenschein und weiter südöstlich in Ungarn in Debrecen mit
12 Sonnenstunden. Die Höchsttemperaturen weiter östlich zwischen Lublin und
Warschau lagen bei etwas weniger warmen 21°C bis knapp 24°C, was daran lag,
dass dort mit nordwestlicher Strömung kältere Luftmassen und im Berliner Raum
an der Westflanke Hoch YOANN mit südwestlicher Strömung wärmere Luftmassen
herangeströmt wurden.
Ein von
Südskandinavien bis zur Straße von Gibraltar reichender Höhentrog, also ein
Kaltluftvorstoß nach Süden, und das dazu korrespondierende Bodentief YVONNE verdrängten
Hoch YOANN auch im weiteren Verlauf des Tages nach Südosten, sodass am 15.07.
um 00 Uhr UTC die Antizyklone mit seinem Zentrum über den Karpaten lag und
keinen Einfluss mehr auf das mitteleuropäische Wetter nehmen konnte, da sie
sich nachfolgend noch weiter abschwächte und nur noch einen Zentrumsdruck von
etwa 1015 hPa besaß. An der Schwarzmeerküste wurden an diesem Tag noch einmal
viele Sonnenstunden gemessen, wie z.B. ca. 12 Sonnenstunden in einer Stadt
Namens Varna in Bulgarien bei einer Höchsttemperatur von 27,9°C. Bukarest
konnte sogar 30,5°C verbuchen. Jedoch konnte Tief YVONNE immer mehr die
osteuropäischen Landesteile für sich einnehmen, so dass Hoch YOANN am 16.07.
letztmalig mit seinem Zentrum über Rostow am Don in Südwestrussland auf der
Bodenwetterkarte Erwähnung fand. Im weiteren Verlauf wurde Hoch YOANN ostwärts
aus dem Analysebereich der Berliner Wetterkarte verdrängt, konnte dort aber
vermutlich, sollte der Lebensweg weiter gegangen sein, abermals für
Sonnenschein und schönes Wetter sorgen.