Lebensgeschichte

 

Hochdruckgebiet YOUENN

(getauft am 05.06.2018)

 

Am 05.06.2018 konnten in einer Höhe von ca. 5,5 km, was der mittleren Troposphäre entspricht, einerseits ein kräftiger Trog, d.h. ein Vorstoß kalter Luft nach Süden, über dem Osten Europas sowie andererseits ein Keil, also ein Warmluftvorstoß nach Norden, vom östlichen Atlantik bis nach Ostgrönland und den Benelux-Staaten beobachtet werden. Abgeschwächt wurde der Keil dabei durch ein sich an den Vortagen von der Hauptströmung abgespaltenes Höhentief über der Iberischen Halbinsel. Im Bodenniveau resultierte dies in hauptsächlich tiefen Luftdruck über fast komplett Europa. Lediglich im Südosten und über dem Nordmeer setzte sich mit den Hochs XAVER und WILFRIED hoher Luftdruck durch.

An dieser Lage änderte sich auch im Tagesverlauf nur wenig, jedoch sollte sich über der polnischen Ostseeküste ein neues und das Wettergeschehen Europas beeinflussendes Hochdruckgebiet entwickeln, welches daher in der Prognose für den 06.06. auf den Namen YOUENN getauft wurde.

Um 01 Uhr MEZ dieses Tages befand sich die noch schwach ausgeprägte und nur im Bodenniveau identifizierbare Antizyklone YOUENN nahe der Danziger Bucht und wies einen zentrumsnahen Druck von etwa 1019 hPa auf. Da sich die Luft um Hochdruckgebiete auf der Nordhalbkugel immer im Uhrzeigersinn dreht, sorgte die Lage des Hochs YOUENN für einen Zustrom kalter Luft aus Norden an dessen Ost- und warmer Luft aus Süden an dessen Westflanke. Hinter der Kaltfront eines sich nahe dem Nordural befindlichen Tiefs konnten somit feucht-kalte arktische Luftmassen einfließen, die die Temperatur vielerorts vom Osten Polens über Weißrussland, die Ukraine, den Norden Rumäniens bis zur Slowakei um bis zu 5 Grad oder mehr absinken ließ. So wurden beispielsweise im ostpolnischen Lublin nur noch maximal 16,5°C gemessen, obwohl es tags zuvor noch 25,4°C waren. In Kiew sank der Tageshöchstwert derweil von 28,2°C auf 17,8°C. Auf der Westseite des Hochs YOUENN dominierten hingegen subtropische Luftmassen, die sich nun auch über den Westen Deutschlands und die Benelux-Staaten ausbreiteten. Gleichzeitig sorgte die absinkende Luft, welche in Hochdruckgebieten vorherrscht, für Wolkenauflösung und hinderte deren Entstehung. Dadurch konnten vor allem in Deutschland und Polen Sonnenscheindauern von verbreitet 14 bis 16 Stunden registriert werden. Die Folge der sich erwärmenden Luft und dem Anstieg an Sonnenstunden waren Temperaturerhöhungen um bis zu 8 Grad. In Düsseldorf wurden folglich nach 22,0°C am Vortag nun 28,8°C verzeichnet, im belgischen Chievres waren es mit 27,7°C insgesamt 7,9 Grad mehr.

Das Hoch YOUENN verlagerte sich mit seinem Zentrum bis zum 07.06. nur wenig weiter nach Südosten und befand sich um 01 Uhr MEZ mit einem auf rund 1024 hPa angestiegenen Zentrumsdruck über dem Südwesten Weißrusslands. Dabei konnte sich das Einflussgebiet des Hochs ausdehnen und umfasste nun ein Gebiet vom Nordosten Deutschlands bis zum Raum Wolgograd sowie vom Baltikum bis zur Nordküste des Schwarzen Meeres. Bei viel Sonnenschein konnte sich die Luft im Bereich des Hochdruckgebietes vor allem über Ostpolen, Weißrussland, der Ukraine sowie Litauen und Lettland wieder erwärmen, was Temperaturanstiege von 3 bis 5 Grad nach sich zog. Besonders markant erfolgte die Temperaturerhöhung im Süden Schwedens. An der Station Stockholm/Arlanda wurden zum Beispiel 25,5°C registriert, obwohl am Vortag noch 14,7°C beobachtet wurden. Auch in Deutschland erwärmte sich die Luft weiter. Während am 06.06. insgesamt 7 Stationen 30,0°C oder mehr verzeichneten, waren es am 07.06. bereits 15 Stationen, wobei Lingen mit 32,3°C das absolute Maximum darstellte. Dabei traten im Bereich des Tiefs XISCA jedoch vor allem im Westen und Süden des Landes am Abend und in der Nacht zum Folgetag vereinzelt kräftige Schauer und Gewitter auf, die beispielsweise innerhalb von 12 Stunden 45 l/m² in Neuburg an der Donau oder 58 l/m² in nur 3 Stunden in Stuttgart mit sich brachten.

Mit zunehmendem Tiefdruckeinfluss über Nord- und Mitteleuropa wurde das Hoch YOUENN weiter nach Südosten gedrängt. Am 08.06. um 01 Uhr MEZ befand sich dessen Zentrum mit knapp unter 1025 hPa über dem Grenzgebiet zwischen der östlichen Ukraine und Russland nahe der russischen Oblast Belgorod. Neben der südlichen Hälfte des europäischen Teils Russlands nahm das Hoch YOUENN auch auf Südosteuropa sowie weiterhin auf Weißrussland, Ostpolen und Teile des Baltikums Einfluss. Quasi im gesamten Einflussbereich erhöhte sich die Temperatur bei oftmals strahlendem Sonnenschein von 10 bis 16 Stunden im Vergleich zum Vortag. Grund dafür waren besonders die über dem Balkan einfließenden heißen, tropischen Luftmassen. Dabei nahmen die Tageshöchstwerte vom Zentrum des Hochs gesehen nach Südwesten hin immer weiter zu. Während im Südwesten Russlands noch verbreitet 22 bis 25°C gemessen wurden, konnten in Weißrussland, Ostpolen, der Slowakei und der Ukraine bereits 26 bis 28°C verzeichnet werden. Im Südosten Europas wurde dann vielerorts die 30°C-Grenze oder bisweilen sogar die 35°C-Grenze überschritten, welche im meteorologischen Sinne einen Heißen bzw. Sehr Heißen Tag definieren. In Belgrad wurden hierbei 34,1°C, am Flughafen Aktion in Griechenland sowie in der Hauptstadt Montenegros, Podgorica, jeweils 37,0°C und im Stadtteil Laprake im albanischen Tirana sogar 37,5°C registriert.

In der Folge verlor das Bodenhoch YOUENN die Verbindung zum Keil in der Höhe, wodurch auch dessen Unterstützung abnahm. Dies resultierte in einer Abschwächung des Hochs YOUENN, welches am Folgetag, dem 09.06., mit seinem Zentrum und einem Druck von ca. 1017 hPa über der Nordküste des Schwarzen Meeres bei Krasnodar analysiert wurde. Das Einflussgebiet reichte zu diesem Zeitpunkt noch von der Schwarzmeerregion bis über die Ukraine und die Osthälfte der Balkan-Halbinsel. Die Tagesmaxima der Temperatur lagen dabei verbreitet zwischen 29 und 34°C, in Griechenland und in der westlichen Türkei mitunter auch deutlich darüber. So wurden zum Beispiel an der Station in Akhisar nordöstlich von Izmir 39,6°C gemessen. Über dem Balkan verlief hingegen eine Luftmassengrenze, welche sich zwischen dem Tief XISCA über dem Südwesten Deutschlands sowie einem unbenannten Tief über der montenegrinischen Adriaküste aufspannte und dabei die heiße Tropikluft im Osten von den kühleren Luftmassen gemäßigter Breiten im Westen trennte, wodurch sich ein markanter Temperaturgradient einstellte. Besonders deutlich war dies zum Beispiel in Serben ersichtlich. In Krusevac wurden an diesem Tag 30,6°C als Höchstwert registriert, während nur rund 120 km weiter westlich in Zlatibor lediglich 20,0°C vermeldet werden konnten.

Über dem Osten Europas etablierte sich bis zum 10.06. ein neues, umfangreiches Hochdruckgebiet mit dem Namen ZORRO. Das mittlerweile schwächer ausgeprägte Hoch YOUENN wurde so weiter nach Osten abgedrängt und konnte letztmalig um 01 Uhr MEZ über dem Kaukasus mit rund 1010 hPa verzeichnet werden. In den folgenden Stunden verließ das Hoch den Darstellungsbereich der Berliner Wetterkarte und konnte somit nicht weiter analysiert werden.