Lebensgeschichte
Hochdruckgebiet YVONNE
(getauft am 20.07.2019)
Das Wettergeschehen in der Atmosphäre über Mitteleuropa war
am 21.07.2019 im Wesentlichen durch das Tiefdruckgebiet THEO und dessen Fronten
geprägt. Rückseitig der Kaltfront dieses Tiefs, also westlich davon, fanden
großräumige Absinkbewegungen statt. Dadurch erhöhte sich der Druck am Boden und
ein neues Hochdruckgebiet konnte entstehen. Dieses neue Hoch wurde bereits am Vortag
in der Prognosekarte des Deutschen Wetterdienstes (DWD) von 01 Uhr MEZ
(mitteleuropäische Winterzeit) auf den Namen YVONNE getauft. Erstmals auf der
Berliner Wetterkarte (BWK) zu sehen war es auf der Bodenwetterkarte vom 21.07.
um 13 Uhr MEZ. Zu diesem Zeitpunkt lag das Hochdruckzentrum mit rund 1023 hPa
über der Normandie, wodurch sich die Luft in weiten Teilen Südfrankreichs
bereits auf über 30°C erwärmen konnte, in Carpentras
bei Avignon schon auf 36,9°C.
Zum ersten Mal auf der europaweiten Bodendruckkarte der BWK
wurde das Hoch YVONNE um 01 Uhr MEZ am 22.07. erwähnt. Das Hochzentrum lag zu
diesem Zeitpunkt über dem Norden Frankreichs mit einem Druck von ca. 1020 hPa.
Hoch YVONNE war nach Westen über eine Hochdruckbrücke mit einem relativ weit
südlich gelegenen Azorenhoch verbunden. Im Südwesten grenzte es an ein
unbenanntes Hitzetief über der iberischen Halbinsel an. Nach Süden wurde das
Hoch etwas unscharf durch die 1020-hPa-Isobare (Linie gleichen Luftdrucks)
begrenzt. Im Osten reichte das Hoch bis zu den Karpaten und im Norden bis nach
Dänemark. Nordöstlich des Hochs YVONNE lag das Tief THEO II, dessen Kaltfront
noch in das Hochdruckgebiet hineinragte und nordwestlich von Großbritannien lag
Tief UWE. Vor allem auf das Wetter in Südfrankreich hatte Hoch YVONNE an diesem
Tag einen erheblichen Einfluss. Hier wurden verbreitet sogenannte “Heiße Tage”,
Tage mit einer Maximaltemperatur über 30°C, gemessen. Abseits der Küsten stieg
die Temperatur auch oft über 35°C, wie in Toulouse mit 37,6°C. Der heißeste Ort
Frankreichs war wiederum Carpentras mit maximal
39,6°C. Im Norden des Landes blieb es dagegen deutlich kühler: Entlang der
Ärmelkanalküste stieg die Temperatur nicht über 25°C. Das liegt vor allem
daran, dass sich die Luftmassen in einem Hochdruckgebiet im Uhrzeigersinn
drehen und somit an der Südostseite des Hochs warme Mittelmeerluft herangeführt
wurde. An der Nordseite wurde dagegen eher kühlere Luft vom Atlantik und den
Britischen Inseln herantransportiert. Die Bewohner Frankreichs und des
Südwesten Deutschlands konnten sich an diesem Tag über reichlich Sonnenschein
freuen: In Paris, aber auch in Trier, Bonn und Saarbrücken wurden 14 Stunden
Sonnenschein registriert, in Karlsruhe und Nantes waren es gut 15 Stunden.
Bis zum nächsten Tag, dem 23.07. um 01 Uhr MEZ, hatte sich
das Gebiet hohen Luftdrucks weiter nach Osten verlagert und sein Zentrum befand
sich nun über den Alpen. Dieses zeigte sich zudem mit einem höheren Luftdruck
von 1025 hPa. Nach Osten blieb die Ausdehnung des Hochs fast gleich, aber in
Richtung Süden war es etwas geschrumpft und die Hochdruckbrücke an der
Westflanke hatte sich aufgelöst. Im Norden blieben weiterhin die Tiefs THEO und
UWE wetterbestimmend, die sich beide leicht ostwärts verlagert hatten. Steigender
Luftdruck geht für gewöhnlich mit Wolkenauflösung einher. So ist es wenig
verwunderlich, dass sich dieser Tag vor allem in Süddeutschland noch
freundlicher gestaltete, als der vorherige. Der Himmel zeigte sich dort weitestgehend
wolkenlos und die Maximaltemperaturen stiegen auf teilweise über 35°C. In Südwestdeutschland
wurden Temperaturen bis 37°C aufgezeichnet, mit maximal 36,8°C in Riegel am
Kaiserstuhl. In Frankreich wurden hingegen bereits Werte über 40°C gemessen, wie
z.B. in Le Mans mit 40,7°C. Dazu gab es in beiden Ländern verbreitet 14 bis 15
Stunden Sonnenschein.
Am 24.07. um 01 Uhr MEZ lag das Hoch YVONNE weiterhin über
Mitteleuropa, wobei die höchsten Luftdruckmesswerte von rund 1020 hPa aus
Dänemark und Österreich stammten. Durch die Verlagerung des Hochs nach
Nordosten stiegen nun auch in Deutschland die Temperaturen an einigen
Messstationen auf 40°C und mehr. So wurden z.B. in Tönisvorst bei Düsseldorf
39,7°C und am Flughafen Köln-Bonn 39,5°C erreicht. Bis auf 40,5°C stieg das
Thermometer gar an der Station Geilenkirchen, womit der alte deutsche
Hitzerekord aus Kitzingen übertroffen wurde. An einigen Orten des Landes wurde
in der darauffolgenden Nacht sogar eine “Tropennacht” verzeichnet, d.h. dass
die Temperatur nicht unter 20°C fiel. Dies war z.B. in Köln-Stammheim, Bad
Salzuflen und Bremerhaven der Fall, wobei in Bremerhaven ein besonders hohes
Minimum von 23,5°C gemessen wurde.
Innerhalb der nächsten 24 Stunden fand eine leichte
Ostverschiebung des Hochdrucksystems statt, sodass dieses am 25.07. um 01 Uhr
MEZ über der Ostsee zwischen Südschweden und dem Norden Polens lag. Von Westen
näherte sich indes ein neues Tiefdruckgebiet namens VINCENT, welches schon bald
den Platz über Mitteleuropa einnehmen sollte. Im Zusammenspiel dieser beiden
Druckgebiete nahm jedoch erst einmal die Hitzewelle ihren weiteren Lauf. An
fast allen Stationen im Großraum Rhein-Ruhr, in weiten Teilen Belgiens sowie in
Luxemburg und Nordfrankreich wurden in einer südlichen Strömung die 40°C
überschritten und damit zahlreiche Rekorde neu aufgestellt. Im Pariser
Stadtzentrum wurden dabei 43°C erreicht, auch die Station in Lingen an der Ems
maß bis zu 42,6°C und übertraf damit den neuen Rekord vom Vortag bereits
deutlich. Auch in den Niederlanden, Belgien, Luxemburg und dem Vereinigten
Königreich wurden neue Temperaturrekorde aufgestellt.
In der Nacht zum 26.07. kühlte sich die Luft in weiten
Teilen Deutschlands erneut nicht unter 20°C ab, was vor allem am schwachen Wind
lag, der zudem noch aus meist südlichen Richtungen wehte. In Weinbiet im Südosten von Rheinland-Pfalz wurden trotz einer
Höhenlage von 553 m über dem Meeresspiegel 25,2°C nicht unterschritten und am
Frankfurter Flughafen blieb das Thermometer sogar bei 25,7°C stehen, was einen
neuen Rekord für die Rhein-Main-Region darstellte. Übertroffen wurden diese
außergewöhnlich hohen Werte deutschlandweit nur noch durch erstaunliche 26,1°C
in Hümmerich, in 328 m Höhe im Westerwald gelegen.
Am 26.07. wurde das Hoch YVONNE um 01 Uhr MEZ zwischen Oslo
und Stockholm verortet, mit einem Druck von weiterhin rund 1020 hPa. Im Westen
wurde das Hoch durch die herannahende Kaltfront des Tiefs VINCENT begrenzt, im
Norden durch einen weiteren unbenannten Tiefdruckwirbel und im Nordosten durch das
Tief UWE. Nach Süden hin stellten sich die Luftdruckverhältnisse eher
indifferent dar, d.h. es waren nur geringe Druckunterschiede messbar. Durch
eine Hochdruckbrücke über der Slowakei war Hoch YVONNE mit einem weiteren
Hochdruckgebiet über Südosteuropa und dem Mittelmeer verbunden. An diesem in
fast ganz Europa überwiegend sommerlichen Julitag wurde immerhin noch an einer
Station in Deutschland die 40°C-Marke geknackt, nämlich an der bereits
erwähnten in Tönisvorst. Ebenfalls sommerlich zeigte sich das Wetter in
Skandinavien: In Schweden, Norwegen sowie Dänemark wurden an mehreren
Messpunkten Werte jenseits von 30°C festgestellt. Mit 34,1°C war das
schwedische Göteborg der absolute Spitzenreiter. Nicht ganz so heiß war es mit
31,1°C in Kvikkjokk, Lappland. Erwähnenswert macht
diese Messung, dass die durchschnittliche Tageshöchsttemperatur im Juli in
diesem Ort für gewöhnlich bei 20,1°C liegt.
Bis zum Folgetag, dem 27.07., blieb das Hoch YVONNE fast
ortsfest. Das Hochzentrum wurde um 01 Uhr MEZ über dem nördlichen Bottnischen
Meerbusen analysiert. Nahe dem Hochzentrum wurden nun die höchsten Temperaturen
in ganz Skandinavien registriert: Laksfors in
Norwegen meldete 35,5°C und die finnische Station in Porvoo
32,7°C. Kvikkjokk, nördlich des Polarkreises, meldete
33,1°C und stellte damit ebenfalls einen neuen Hitzerekord auf. Dabei zeigte
sich der Himmel vielerorts wolkenlos. Zur Mittagszeit, um 13 Uhr MEZ, waren
lediglich über dem Süden Skandinaviens und in Küstennähe einige Quellwolken zu
beobachten.
Schließlich, am 28.07., lag das Hoch YVONNE über Norwegen
und Schweden, mit seinem Zentrum über dem Grenzbereich beider Länder. Es hatte
sich deutlich abgeschwächt und war von fast allen Seiten durch die Fronten
diverser Tiefdruckgebiete begrenzt. Dennoch zeigte sich das Wetter an diesem
Tag von seiner sonnigen Seite und bescherte den Bewohnern Skandinaviens abermals
Temperaturen über 30°C, mit Ausnahme der Küstenregionen, in denen es etwas
kühler blieb. Zur Mittagszeit war der Himmel im Unterschied zum Vortag deutlich
bewölkter und bis zum Abend zogen erste Schauer über dem Süden Norwegens und
Dänemarks auf, welche die Auflösung des Hochdruckgebiets YVONNE einläuteten.
Bis zum nächsten Tag hatte es sich weitestgehend aufgelöst und war auf der BWK
von 01 Uhr MEZ nicht mehr zu finden.