Lebensgeschichte
Hochdruckgebiet
ZEBEDÄUS
(getauft
am 15.07.2020)
Die
Vergabe von Namen an Hoch- und Tiefdruckgebiete wird von den Meteorologen der
Berliner Wetterkarte nur für solche Druckgebilde durchgeführt, die einen
Einfluss auf die Großwetterlage über Europa haben. Viele Hochdruckgebiete
entstehen aus dem Azorenhoch, welches eines der dynamischen Druckgebiete im
europäischen Raum darstellt und maßgeblich das Wetter in Mitteleuropa
mitbestimmt, auch bekannt als entscheidender Faktor für die Nordatlantische
Oszillation.
Am
15.07.2020 befand sich eine ausgedehnte Antizyklone, welche sich über den
Azoren gebildet hatte, 2000 km westlich von Frankreich. Diese hatte bereits
einen Druck von über 1030 hPa erreicht und erstreckte sich zudem über eine
West-Ost-Ausdehnung von 3000 km bis zur Westküste Frankreichs und Spaniens und
wies eine Nord-Süd-Ausdehnung von 2500 km vor. Da sich die Hochdruckzelle
weiter nach Osten bis nach Mitteleuropa verlagern sollte, entschieden sich die Meteorologen
der Berliner Wetterkarte dazu, die vorliegende Antizyklone in der Prognose auf
den Namen ZEBEDÄUS zu taufen.
Am
16.07. wurde das Hoch ZEBEDÄUS dann erstmalig auf der Bodenwetteranalysekarte
um 02 Uhr MESZ namentlich erwähnt und lag dort 1000 km nordwestlich von der Iberischen
Nordwestküste mit einem Druck von bis zu 1032 hPa. Bereits am Vortag hatte sich
der zunehmende Hochdruckeinfluss auf der Iberischen Halbinsel und zum Teil in Frankreich
bemerkbar gemacht, welcher sich im Folgenden weiter verstärkte. In Spanien und
Portugal war es meist heiter bis sonnig, sodass dort verbreitet über 10
Sonnenstunden gemessen wurden, wobei die Sonne an einzelnen Stationen auch 14
Stunden schien. Zudem stiegen die Maximaltemperaturen im Vergleich zum Vortag
nochmals um einige Kelvin, wobei bereits eine sehr heiße und trockene Witterung
vorlag. Im Südwesten Spaniens und der angrenzenden portugiesischen Grenzregion
erreichten die Maximaltemperaturen über 40°C, wie in El Granado
mit bis zu 42,4°C. In dieser Region war im Vorjahr fast der Europarekord für
die heißeste Temperatur Europas gebrochen worden. In der spanischen Großstadt
Sevilla wurden ebenfalls sehr heiße 40,9°C gemessen. Des Weiteren blieb es im
Einflussbereich des Hochs ZEBEDÄUS nahezu überall trocken, sodass nur
vereinzelte Stationen Niederschlagmengen unter 1 l/m² registrierten. In der darauffolgenden Nacht war der Himmel
auf der Iberischen Halbinsel in der Regel sternenklar oder leicht bewölkt,
sodass eine starke Ausstrahlung einsetzte, welche im weiteren Verlauf zu einer deutlichen
Abkühlung führte. Im Norden Spaniens sank die Minimumtemperatur auf einstellige
Temperaturwerte. In Aroche, wo am Tag über 40°C
erreicht wurden und wo die Temperatur selbst um 21 Uhr MESZ noch 38°C betrug,
sank die Nachttemperatur auf 18,9°C. Das war ein Unterschied zwischen den
Tages- und Nachttemperaturen von 22 Kelvin.
Am
folgenden Tag lag die Antizyklone ZEBEDÄUS 500 km westlich von Frankreich mit
einem Druck von etwas über 1025 hPa. Aufgrund einer stark ausgeprägten
Kaltfront des Sturmtiefs ZANARIN, mit Kern über Island, wurden die
Ausdehnungsmöglichkeiten nach Norden begrenzt. Daher war der Hochdruckeinfluss
weiterhin vor allem auf der Iberischen Halbinsel deutlich erkennbar und
vergleichbar mit dem Vortag. Im Südwesten Spaniens hielten die Höchstwerte von
über 40°C weiterhin an. Zusätzlich wurden verbreitet wieder deutlich über 10
Sonnenstunden vermerkt. Aufgrund der anhaltenden Einstrahlung, der heißen
Temperaturen und der Topographie bildeten sich lokale Tiefdruckzonen als
Hitzetiefs, welche Schauer und Gewitter produzierten, die sich in der Nacht
entluden und wie z.B. in der im Nordosten Spaniens gelegenen Stadt Cunit zwischen 02 und 04 Uhr MESZ knapp 36 l/m² brachten.
Da diese Station jedoch als einzige so eine ergiebige Niederschlagssumme
aufwies und im ganzen restlichen Land kaum Stationen mit messbarem Niederschlag
zu finden waren, wird hier der Einfluss der Hochdruckzelle ZEBEDÄUS
unausweichlich sichtbar. Durch die bei einem Hoch typische Absinkbewegung der Luft,
sind die meisten Gewittercluster rasch wieder in sich zusammengefallen. An
vielen der sehr heißen Stationen sank die Temperatur in der nachfolgenden Nacht
nicht unter 20°C, was der Definition einer Tropennacht entspricht. An einigen
Stationen lagen die Tiefsttemperaturen sogar noch sehr viel höher, wie z.B. in Castuera mit 26,7°C, wobei diese Station sogar auf 500
Meter über NN liegt.
Auf
der Analysekarte des 18.06. um 02 Uhr MESZ war das Zentrum der Hochdruckzone
ZEBEDÄUS über Zentraldeutschland verortet mit einem Druck von etwas über 1020
hPa. Somit hatte sich der Druck im Vergleich zu den Vortagen etwas abgeschwächt
und lag nur etwas über dem mittleren Druck auf der Erdoberfläche von 1013
hPa. Durch die schnelle Verlagerung der
Antizyklone ZEBEDÄUS nach Osten erhöhte sich der Hochdruckeinfluss in
Frankreich und Deutschland erheblich. In Frankreich, Spanien, Deutschland und
Polen war es daher sonnig mit nur wenigen Wolken am Himmel. Beispielsweise in
Berlin-Dahlem registrierte die Wetterstation der Freien Universität insgesamt
12 Stunden und 54 Minuten Sonnenschein. Zwischen 12 und 18 Uhr MESZ wurde
aufgrund der Quell- und der Schleierbewölkung allerdings nicht die maximal für
diese Jahreszeit mögliche Sonnenscheindauer erreicht. Die Wolken waren trotzdem
harmlos, sodass es verbreitet trocken blieb. Lediglich im Südosten Deutschlands
im Erzgebirge bildeten sich einige Niederschläge. Darüber hinaus stiegen die
Höchsttemperaturen in Frankreich und Deutschland vielerorts um einige Kelvin an,
sodass sich die Maximaltemperatur in der Region um Paris um bis zu 5 Kelvin im
Vergleich zum Vortag erhöhte. In der Nacht herrschte eine starke Ausstrahlung,
sodass sich die Luft zum Teil ordentlich abkühlte. An der Schweizer
Wetterstation Buffalora, welche in einer Höhe von
knapp unter 2000 Meter liegt, fiel die Temperatur kurzzeitig auf knapp über den
Gefrierpunkt. Zusätzlich bildete sich infolge der starken Abkühlung und der bei
einem Hoch typischen windschwachen Lage oftmals feuchter Dunst oder Nebel. Dies
war in den Niederlanden der Fall, wo die Sichtweite verbreitet auf unter 5 km
sank. Die Stationen Berkhout und Hoogeveen
sowie der KNMI-Messmast Cabauw
meldeten aufgrund der geringen Sichtweite Nebel über mehrere Stunden.
Am
19.07. erstreckte sich das Hochdruckgebiet ZEBEDÄUS von Frankreich bis nach
Westrussland mit Zentrum über Riga. Allerdings näherte sich bereits von
Nordwesten das Frontsystem von Tief ANJA mit Kern über Südnorwegen, welches das
Hochdruckgebiet ZEBEDÄUS begrenzte und dieses abschwächte. Trotzdem wurde in
Deutschland verbreitet ein Sommertag erreicht. Die höchsten Temperaturwerte des
Tages waren aufgrund der östlichen Strömung im Nordosten Deutschlands um Berlin
verortet, wo bis zu 31,8°C in Königs Wusterhausen gemessen wurden. Des Weiteren
stiegen die Maximalwerte im Zentrum Frankreichs ebenfalls auf deutlich über
30°C. In den Alpentälern herrschte vielerorts ebenfalls ein Sommertag, sodass
sich die Frostgrenze bis auf 4000 Meter verschob. Am Nachmittag entwickelten
sich zudem einige Hitzegewitter in der Uckermark und im Grenzgebiet zwischen
Brandenburg und Polen. In Lebus fielen insgesamt 41,9 l/m² und in Neutrebbin 31,5 l/m² durch einen starken Gewitterschauer.
In den umliegenden Orten war die Niederschlagsmenge deutlich niedriger, wobei
viele Wetterstationen in der Osthälfte Brandenburgs etwas Niederschlag
verzeichneten. In der Nacht kühlte es sich besonders in Polen stark ab, sodass
die Minimumtemperatur lokal bei 12°C, wie z.B. in Zamość
lag. Zudem bildete sich im Südosten Polens und zum Teil in Tschechien feuchter
Dunst oder Nebel. Dabei lag die Sichtweite gegen Mitternacht meistens noch bei
über 10 Kilometer, bevor sich die Bildung von Strahlungsnebel (auch als
Abkühlungsnebel bekannt) intensivierte und schließlich zu geringeren Sichtweiten
führte.
Bis
zum 20.07. verlagerte sich das Zentrum von der Antizyklone ZEBEDÄUS bis zur
weißrussischen Hauptstadt Minsk, sodass sich der Einfluss bis nach Westrussland
ausweitete. Allerdings schwächte sich das Hochdruckgebiet ZEBEDÄUS weiterhin
merklich ab, da es von mehreren Tiefdruckgebieten in diversen Himmelsrichtungen
flankiert wurde. Daher passte sich der Druck im Tagesverlauf der Umgebung an,
was zur Folge hatte, dass nun kein hoher Luftdruck mehr, sondern schlicht und
einfach wieder Normaldruck (um 1013 hPa) herrschte, sodass sich die
Hochdruckzone ZEBEDÄUS schließlich auflöste und am Folgetag nicht mehr auf der
Berliner Wetterkarte Erwähnung fand. Mit einer Lebensdauer von nur 5 Tagen
gehörte Hoch ZEBEDÄUS eher den kurzweiligen Antizyklonen an.