Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet ADRIANO

 (getauft am 07.03.2017)

 

Im Laufe des 6. März bildete sich an dem Okklusionspunkt eines bereits existierenden Tiefs zentral über dem Nordatlantik ein Teiltief aus. Als Okklusionspunkt bezeichnet man in der Meteorologie den Punkt, an dem die schneller ziehende Kaltfront die vor ihr laufende Warmfront eingeholt und die warme Luft vom Boden angehoben hat. Somit entsteht mit der Okklusion ein Frontentyp, der die Eigenschaften von Kalt- und Warmfront in sich vereint. Ein Anzeichen für diese Teiltiefentwicklung war die starke Austrogung der Isobaren, also der Linien gleichen Luftdruckes, in Richtung Osten, die darauf hindeutete, dass später das Teiltief vom Haupttief ganz abschnürt wird. Korrespondierend zur Höhenströmung nahm das Teiltief mit der Zugbahn nach Osten Kurs auf Westeuropa. Aus diesem Grund wurde es zum Nachttermin des 7. März von der Berliner Wetterkarte um 00 Uhr UTC, also 01 Uhr MEZ, in der Analyse auf den Namen ADRIANO getauft.

Das Zentrum des Tiefdruckwirbels ADRIANO befand sich zu diesem Zeitpunkt mit einem Kerndruck von ca. 995 hPa zentral über dem Nordatlantik, nur wenige 100 km östlich vom Haupttief. Die zugehörige Warmfront erstreckte sich bis zur Küste Galiciens, während die Kaltfront in südwestlicher Richtung verlief, so dass der Warmsektor, also der Bereich zwischen den beiden Fronten, der maritime Subtropikluft mit sich führte, eine ausgedehnte Meeresfläche vor der portugiesischen Küste umfasste. Im Laufe des Tauftages löste sich Teiltief ADRIANO mit Zugrichtung nach Nordosten vom Haupttief ab und zog somit ab sofort als eigenständiges Tief weiter. Ausläufer der Zyklone ADRIANO beeinflussten dabei die Wettergeschehnisse in der Westhälfte Frankreichs und der Britischen Inseln. Dabei sorgte die Warmfront für hohe Niederschlagsmengen vor allem im Südwesten Frankreichs und entlang des Grenzbereiches zu Spanien, wo die Pyrenäen zusätzlich Hebung und folglich das Abregnen am Gebirge verursachten. Die höchste 24-stündige Niederschlagssumme innerhalb dieser Region verzeichnete ein kleiner Ort in den Pyrenäen namens Roncesvalles, bekannt als wichtige Pilgerstation auf dem Jakobsweg, mit 41 mm bis 06 Uhr UTC des Folgetages. In Frankreich fiel im gleichen Zeitraum in Toulouse mit 20 mm die höchste Regenmenge. Auch in Großbritannien kamen zweistellige Niederschlagshöhen überwiegend an der westlichen Küste zusammen. So wurden beispielsweise in Camborne, an der Keltischen See gelegen, 11 mm Niederschlag, an der schottischen Station Tulloch Bridge 16 mm und im walisischen Ort Capel Curig im Nationalpark Snowdonia sogar 22 mm gemessen. Mit Durchgang der kurz aufeinander folgenden Kalt- und Warmfront von Tief ADRIANO und dem Einhergehen von starker Bewölkung konnte in großen Teilen Irlands und der Westküste Großbritanniens an diesem Tag keine Sonne verzeichnet werden.

Bis zum 8. März war das Tief ADRIANO bis nordwestlich von Schottland und südwestlich der Färöer-Inseln gezogen. Der Kerndruck verstärkte sich und betrug um 00 Uhr UTC circa 990 hPa. Vom Kern ausgehend verlief die okkludierte Front über Schottland hinweg bis zur Irischen See, wo sie sich im Okklusionspunkt in die nach Süden führende Warmfront und in die sich nach Südwesten erstreckende Kaltfront aufteilte. Der Warmsektor war dabei deutlich kleiner als am Vortag. Bis zum Abend verlagerte sich die Warmfront bis zum Nordosten Frankreichs und brachte in der Westhälfte im Vergleich zum Vortag nur noch sehr geringe Niederschlagsmengen, die überwiegend unter 1 mm betrugen. Mit der Warmfront konnten auch wärmere Luftmassen vordringen. Somit sorgte maritime Subtropikluft vor allem im Landesinneren für 4 bis 5 Grad höhere Temperaturen als noch am Vortag. In Orleans wurden beispielsweise 13°C und in Toulouse 16°C vermerkt. Nur ganz im Osten, in dem Gebiet, welches sich noch nicht im Warmsektor befand, folglich also noch vor der Warmfront lag, blieben die Temperaturen vielerorts einstellig oder erreichten wie in Straßburg gerade die
10°C-Marke. Besonders gut konnte man an diesem Tag Temperaturunterschiede aufgrund von Frontendurchgängen in Großbritannien feststellen. Während die Südhälfte, also von England, Wales und Südschottland bis Edinburgh im Warmsektor befindend, maximale Tageshöchstwerte von 11°C in Aberporth bis 15°C in London aufzeichnete, stiegen im Norden Schottlands beim Durchgang der Okklusionsfront die Temperaturen auf nur 6 bis 9°C. Während es in den Highlands bei noch etwa 3 Stunden Sonne hinter der Okklusionsfront vermehrt zu 12-stündigen Niederschlagssummen bis 18 Uhr UTC von 6 bis 9 mm, lokal sogar 20 mm kam, schien in London und im gesamten Südengland - beeinflusst durch die dort befindliche Warmfront - die Sonne gar nicht. Im gleichen Zeitraum kamen dort Niederschlagswerte von 1 mm in London und 7 mm in Dunkeswell zusammen. Noch am gleichen Tag erreichten die Fronten von Tiefdruckwirbel ADRIANO den Westen Deutschlands und brachten bis zum Abend 12-stündige Niederschlagsmengen von 2 bis 8 mm in der gesamten Westhälfte Deutschlands und zweistellige Regensummen im Bereich des Ruhrgebietes und der Grenze zu Belgien und den Niederlanden. So konnten am Flughafen Köln-Bonn bis zu 17 mm und im Grenzbereich in Maastricht-Beek 12 mm gemessen werden.

Bis zum 9. März setzte Tief ADRIANO seine östliche Zugbahn fort und befand sich um 00 Uhr UTC mit Zentrum über den Shetlandinseln, die im Nordatlantik zwischen Norwegen, Schottland und den Färöer-Inseln liegen. Bei etwa gleichbleibendem Kerndruck von 995 hPa umlief die Okklusionsfront den Kern nördlich und erstreckte sich südöstlich über Südnorwegen, Dänemark bis zum Okklusionspunkt über der Mitte Deutschlands, von wo aus die kurze Warmfront bis über die Alpen verlief und dahinter die ebenfalls nur sehr kurz ausgeprägte Kaltfront bis über den Osten Frankreichs reichte, wo sie in eine Warmfront überging. Die bereits fortgeschrittene Okklusion löste sich noch im Verlauf der Nacht auf, so dass die höchsten von Tief ADRIANO ausgelösten Niederschlagsmengen nahe des Kerns, der sich weiterhin in Richtung Osten verlagerte, in der südskandinavischen Küstenregion festgestellt werden konnten. Durch die über Skandinavien befindliche subpolare Luftmasse gab es selbst in den Küstenregionen, die sonst durch das Meer meist wärmer sind, Minusgrade. So trat der Niederschlag bei nächtlichen Tiefstwerten von beispielsweise -2°C in Vangsnes nahe Bergen und auch in Bergen selbst bei 2°C in fester Form, also als Schnee oder Schneeregen auf. Insgesamt wurden in diesem Gebiet um 18 Uhr UTC 12-stündige Niederschlagsmengen von bis zu 21 mm in Kvamsøy gemessen. Im unweit entfernten Bergen konnten im gleichen Zeitraum nur 2 mm registriert werden.

Bis zum Folgetag zog der Kern des Tiefs ADRIANO über Südskandinavien hinweg, brachte dort jedoch nur noch geringfügige Regenmengen von unter 1 mm. Um 00 Uhr UTC des 10. März lokalisierte die Berliner Wetterkarte den Tiefdruckkern mit stark angestiegenem Luftdruck von ca. 1008 hPa am Rande des Bottnischen Meerbusens. Der Tiefdruckkern war daher zu diesem Zeitpunkt bereits nur noch sehr schwach ausgeprägt. Die einige Kilometer nördlich vom Kern verlaufende, okkludierte Front stand kurz vor der Auflösung.

So kam es dazu, dass sich in den Folgestunden der Kern des Tiefs ADRIANO vollständig auflöste und sich im Laufe des Tages in diesen Regionen Wetterberuhigung einstellte. Dadurch konnte die Zyklone ADRIANO am 10. März das letzte Mal auf der Berliner Wetterkarte analysiert und namentlich verzeichnet werden.

 

 

Geschrieben am 18.05.2016 von Lisa-Marie Schulze

Berliner Wetterkarte: 08.03.2017

Pate: Adriano Pannecke