Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet ALBERT

(getauft am 04.11.2015)

 

Auf der Rückseite des Tiefs ZIAD mit Zentrum über dem nördlichen Atlantik, kam es am 04.11.2015 zu einem Vorstoß maritimer Luftmassen arktischen Ursprungs über dem Atlantik. Dabei entstand im Laufe des Tages beim Aufeinandertreffen der herangeführten arktischen Luftmassen mit der vorhandenen maritimen Tropikluft an der Südseite des Tiefdruckwirbels ein neues Wellentief. Da dieses in den darauffolgenden Tagen das Wettergeschehen in Europa beeinflussen sollte, wurde das Wellentief in der Prognose für den Folgetag von den Meteorologen der Berliner Wetterkarte auf den Namen ALBERT getauft.

Auf der Bodenwetterkarte von 01 Uhr MEZ wurde das Zentrum des Wirbels ALBERT mit einem Luftdruck im Kern von knapp über 1001 hPa über dem 40. Breitengrades analysiert. Vom Zentrum führten eine ca. 1500 km lange Kaltfront nach Westen und eine kurze Warmfront nach Osten bis über die Azoren. Ab den frühen Morgenstunden zogen Warm- und Kaltfront über die Azoren hinweg und sorgten vor allem auf den östlichen Inseln für hohe Niederschlagsmengen, welche sich bis 19 Uhr MEZ 24-stündig auf der östlichsten Insel Santa Maria beispielsweise auf 26,0 mm summierten.

Im Folgenden verlagerte sich das Tief ALBERT rasch nordostwärts und befand sich am 06.11. um 01 Uhr MEZ ca. 400 km westlich der irischen Küste. Im Tiefzentrum herrschte zu diesem Zeitpunkt ein Luftdruck von unter 980 hPa. Vom Zentrum hatte sich eine kurze Okklusion südostwärts gebildet. Eine Okklusion bezeichnet eine Mischfront mit Kalt- und Warmfronteigenschaften, die entsteht, wenn die nachfolgende und schneller ziehende Kaltfront die vordere Warmfront einholt. Der Punkt, an dem die beiden Fronten zusammentreffen, heißt Okklusionspunkt. Vom Okklusionspunkt, welcher sich etwa 200 km vor der irischen Küste befand, ging eine ebenfalls südostwärts bis nach Frankreich reichende Warmfront und eine über die Azoren bis weit über den Atlantik reichende Kaltfront aus. Im Bereich der Warmfront kam es mit ihrer Verlagerung nach Osten zunächst zu einsetzendem, leichten Regen an der Westküste Irlands und Frankreichs, welcher sich weiter intensivierte und sich bis 13 Uhr MEZ bis nach Großbritannien und zur Mitte Frankreichs ausbreitete. Im Laufe des weiteren Tages hatte die Warmfront Frankreich und die Benelux-Staaten komplett überquert und war bis nach Westdeutschland gezogen. Die Kaltfront hingegen zog über Großbritannien hinweg bis zur Nordsee.

Bis 01 Uhr MEZ des 07.11. verlagerte sich der Tiefdruckwirbel ALBERT unter Verstärkung rasch bis über Island. Dabei war der Luftdruck im Kern des Tiefs auf unter 975 hPa gefallen. Jedoch war der Tiefdruckwirbel ALBERT weiter okkludiert, die Okklusionsfront reichte vom Tiefzentrum in einem Bogen bis zur Nordsee nordwestlich vor die dänische Küste, wo sie sich in eine über Deutschland bis zu den Alpen erstreckende Warmfront und eine kurze bis zur englischen Küste reichenden Kaltfront aufspaltete. Von 07 Uhr MEZ des 06.11. bis 07 Uhr MEZ des Folgetages wurden im Zusammenhang mit dem Frontensystem des Wirbels ALBERT im Norden Frankreichs und im Süden Englands Niederschlagssummen von 5 bis 10 mm gemessen, an den Westküsten sogar 15 bis 20 mm. In Deutschland wurde die höchste Niederschlagssumme mit 13,3 mm Niederschlag in Braunlage im Harz registriert. Im norddeutschen Tiefland kam es verbreitet zu über 10 mm Niederschlag. An der Südspitze Norwegens wurde im Stau des Norwegischen Gebirges mit 34,9 mm Niederschlag an der Station Kvamskogen-Jonshogdi die im Bereich des Frontensystems höchste Niederschlagssumme gemessen.

Im Tagesverlauf verlagerte sich das Tief ALBERT langsam nordwärts, wobei das Frontensystem unter weiterer Okklusion über das nördliche Mitteleuropa und den Süden Skandinaviens hinweg zog, sich dabei aber von der Wetterintensität weiter abschwächte. Am darauffolgenden Tag hatte sich das Tiefzentrum, in dem ein nahezu unveränderter Druck von knapp unter 970 hPa herrschte, bis in Seeregion zwischen der Ostküste Grönlands und der Insel Jan Mayen verlagert. Von dort aus reichte die Okklusionsfront über Skandinavien bis in die Grenzregion zwischen Polen und der Ukraine. Nördlich davon wurde zudem bis in den Norden Russlands eine Warmfront analysiert. Der im Zusammenhang mit der Okklusion auftretende Niederschlag trat in Form von Regen oder Nieselregen auf, während weiter nordöstlich auf der russischen Halbinsel Kola und südlich davon dieser sogar in Form von Schnee fiel. Die höchsten Niederschlagsmengen traten dabei im Umfeld des Bottnischen Meerbusens auf, dort fielen im südlichen Bereich 3 bis 5 mm, im nördlichen Bereich in der schwedischen Stadt Haparanda zum Beispiel bis zu 13,7 mm Niederschlag.

Bis zum Morgen des 09.11. war der sich nun stark abschwächende Tiefdruckwirbel ALBERT entlang der grönländischen Küste nordwärts gezogen und wies noch einen Kerndruck von ca. 975 hPa auf. Die Okklusion verlief vom Zentrum aus nach Norden bis nördlich von Spitzbergen, dann als Warmfront nach Süden bis über das nördliche Russland. Auf Spitzbergen hatte ab etwa 13 Uhr MEZ anhaltender, leichter Regen eingesetzt, welcher sich an der Station Hornsund bis 07 Uhr MEZ auf 11,9 mm akkumulierte.

Im Tagesverlauf des 09.11. zog das Tief ALBERT weiter nordwärts, schwächte sich jedoch sehr stark ab und löste sich infolgedessen auf.

Der Tiefdruckkomplex ALBERT beeinflusste insgesamt über vier Tage das Wettergeschehen im Westen und Nordwesten Europas und sorgte dort für oftmals länger anhaltende Niederschläge und somit hohe Niederschlagssummen.

 

 

Geschrieben von: Maximilian Steinbach

Berliner Wetterkarte: 06.11.2015

Pate: Albert Pütter