Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet ALBRECHT

(getauft am 23.10.2013)

 

Bereits zum 22.10. entstand vor Neufundland unterhalb eines Höhentrogs, eines sogenannten Kaltluftvorstoßes nach Süden in rund 5,5 Kilometern Höhe, ein Tiefdruckwirbel, der tags darauf anhand der Analysekarte auf den Namen ALBRECHT getauft wurde.

Am Tauftag selbst befand sich das Tief ALBRECHT gegen 00 Uhr UTC, also 01 Uhr Mitteleuropäischer Zeit, mit einem Kerndruck von knapp unter 990 hPa zentral über dem Nordatlantik, etwa auf der Schnittlinie von Paris mit Ammassalik in Ostgrönland. Vom Zentrum ging in südöstlicher Richtung eine Okklusionsfront aus, die ihren Okklusionspunkt südlich der Azoren hatte. Als Okklusionsfront wird dabei eine Mischfront bezeichnet, die sowohl Warm- also auch Kaltfronteigenschaften aufweist. Der Ort, an dem sich Warm- und Kaltfront vereinen wird Okklusionspunkt genannt. Von diesem Punkt ausgehend zog sich die Warmfront ca. 500 km Richtung Südosten. Die Kaltfront hingegen ging über dem Atlantik in westlicher Richtung in ein anderes Tiefdrucksystem über.

Bis zum 24.10. verlagerte sich der Wirbel ALBRECHT Richtung Osten und lag mit einem Kerndruck von knapp 995 hPa um 00 Uhr UTC über der Schnittlinie von Reykjavik und Paris. Die Okklusionsfront beschrieb westlich des Zentrums ausgehend einen Bogen über Nord nach Süd bis zu ihrem Okklusionspunkt westlich von Portugal. Die vom Okklusionspunkt ausgehende Warmfront war nach Osten mit einem schwachen, vor der Iberischen Halbinsel liegenden anderen Tiefdruckgebiet verbunden, während sich die Kaltfront erneut in westliche Richtung über den Atlantik zog und im Verlauf in das Frontensystem eines vor Neufundland liegenden Wirbels überging. Zusätzlich war die Okklusionsfront noch durch eine weitere, ostwärts Paris und Brüssel überquerende Warmfront mit dem Tiefdrucksystem ZENITH verbunden. Im Laufe der Mittagsstunden traf ein bis dahin markant ausgeprägtes Regenband auf die Küsten Portugals, wobei lokal die Regenmengen, bedingt durch orographische Hebungsprozesse entlang der Gebirge, verstärkt wurden. Bis 18 Uhr UTC registrierte die Messstation in Lissabon eine 12-stündigen Niederschlagsmenge von 16 Liter, im zentral gelegenem Viseu fielen zur gleichen Zeit bis zu 54 Liter Regen auf einen Quadratmeter. Bis 06 Uhr UTC des nächsten Tages hatte das Niederschlagsband auch Teile Spaniens, Frankreichs sowie Großbritanniens erreicht. Bis 06 Uhr UTC wurden in 24 Stunden Niederschlagsmengen von 30 Liter im französischen Mont Aigoual, 34 Liter auf der irischen Sherkin Island und sogar bis zu 70 Liter pro Quadratmeter im spanischen Navacerrada gemessen.

Am 25.10., gegen 00 Uhr UTC, lag das Zentrum der Zyklone ALBRECHT bereits vor der Küste Südirlands. Südlich des Kerns, dessen Druck weiter 995 hPa betrug, ging eine Okklusionsfront aus, die sich in einem Bogen nördlich um den Kern zog und sich nahe Saint-Pol-de-Léon über der Bretagne in eine Warm- und eine Kaltfront aufspaltete. Die Warmfront reichte vom Okklusionspunkt bis Madrid, die Kaltfront endete dagegen über dem Zentralatlantik, nachdem sie vorübergehend nach Überquerung Galiciens den Frontencharakter wechselte. Hatte das Regenband in der Nacht bereits Irland und Großbritannien passiert, verlagerte sich das Gros der Niederschläge im Laufe des Tages mit Zugrichtung des Tiefs ALBRECHT über Schottland nach Nordosten und erreichte bis zum Morgen des 26.10. Südskandinavien sowie, in zunächst abgeschwächter Form, West- und Mitteldeutschland. Innerhalb von 24 Stunden wurden im nordenglischen Shap bis 06 Uhr UTC des Folgetages 40 Liter und im norwegischen Kristiansand 18 Liter pro Quadratmeter gemessen. Spitzenreiter im deutschen Raum waren Aachen mit 12 Liter und Bad Marienberg mit 16 Litern die im selben Zeitraum je Quadratmeter fielen.

Mit einem um 5 hPa gesunkenen Kerndruck lag das Zentrum des Tiefdruckwirbels ALBRECHT am 26.10. über den Shetland Inseln. Vom Kern verlief über Bergen und Skagen hinweg eine Okklusionsfront, die sich über dem Kattegat in eine sich weiter nach Südosten ziehende Warm- und in eine bis nach Bielefeld reichende Kaltfront aufspaltete. Bei Bielefeld vereinte sich die Kaltfront mit der Warmfront eines über Brüssel befindlichen anderen Tiefs. Südöstlich von Warschau war die Warmfront von Tief ALBRECHT mit dem weitreichenden Frontensystem des Wirbels ZENITH verbunden. Des Weiteren ging vor der Westküste Norwegens eine weitere Kaltfront von der Okklusion aus, welche bis über den Süden Irlands reichte. Über Deutschland und Nordpolen drehte das Niederschlagsband im Tagesverlauf Richtung Baltikum und Nordskandinavien ab. In 24 Stunden wurden durch zum Teil mit Gewittern durchsetzte Schauer bis 06 Uhr UTC des Folgetages in Lüdenscheid 21 Liter und im saarländischen Tholey 28 Liter pro Quadratmeter gemessen, wobei hier der Großteil von insgesamt 23 Liter in nur 6 Stunden fiel. In Tallinn und im lettischen Skriveri ergab sich durch ebenfalls schauerartig verstärkten Regen eine 24-stündige Niederschlagsumme von je 10 Liter, im finnischen Viitasaari waren es 14 Liter und im norwegischen Bergen 19 Liter pro Quadratmeter. Weiter nördlich ging der Regen in Schnee über und ergab bei Kautokeino und Kilpisjarvi in Finnland bis 06 Uhr UTC eine Niederschlagsmenge von 3 bzw. 5 Liter pro Quadratmeter.

Bis zum 27.10. überquerte die Zyklone ALBRECHT unter Abschwächung Skandinavien und lag gegen 00 Uhr UTC über der nördlichen Ostsee, dem Bottenwiek. Der Druck im Kern betrug nun etwas unter 995 hPa. Mehrere, stark verzweigte Fronten konnten dem Tief ALBRECHT zugeordnet werden. Nach Nordwesten reichte eine Okklusion mit Kaltfrontcharakter am Boden bis Norwegen. Nach Osten verlief wiederum eine sehr kleinräumige Okklusionsfront, die schon über der finnischen Küste ihren Okklusionspunkt hatte. Vom Okklusionspunkt verlief die Warmfront zunächst in südöstlicher Richtung bis Moskau, von dort weiter nach Süden und endete schließlich über dem Schwarzen Meer. Die Kaltfront beschrieb einen Bogen über Helsinki nach Westen und vereinte sich nördlich von Stockholm mit der Warmfront des südlich von Island liegenden Sturmtiefs BURKHARD. Eine weitere, nur in der Höhe analysierbare Kaltfront zweigte sich nordwestlich von Helsinki ab, beschrieb einen über Wilna und Warschau reichenden Bogen und nahm ab Prag ebenfalls in der Höhe Warmfrontcharakter an, bevor sie nördlich von München endete. Die dem Tief ALBERT zuzuordnenden Niederschläge, die sich gegen 00 Uhr UTC von Nordnorwegen über Finnland bis in den westrussischen Raum erstreckten, zogen unter rascher Auflösung nach Nordosten ab, wobei größere Niederschlagssummen zumeist nicht mehr zusammenkamen.

Nach 5 Tagen des Bestehens hatte sich der Tiefdruckwirbel ALBRECHT im Laufe des 27.10. soweit abgeschwächt, dass er auf der Berliner Wetterkarte des Folgetages nicht mehr analysiert werden konnte.

 


Geschrieben von Christian Ulmer

Berliner Wetterkarte: 28.10.2013

Pate: Albrecht Szcyrba