Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet ALEXANDER
(getauft am
28.02.2019)
Am 01.03.2019
stellten sich die Bedingungen im westlichen Nordatlantik günstig für die
Entstehung eines neuen Tiefdruckgebiets dar. Entlang der Polarfront, der Grenze
zwischen warmer Subtropik- und kalter Polarluft, entstand im Laufe des Tages, wie
in der Prognose des 28.02. vorhergesagt, das daraufhin auf ALEXANDER getaufte Tief.
Es bildete sich als Randtief des weiter nördlich über der Südwestspitze
Grönlands liegenden Tiefs ZEUS, besaß einen Kerndruck von knapp unter 1010 hPa
und entwickelte sich zu einer sogenannten “Idealzyklone”. Das heißt, dass sich
bereits ein ausgeprägter Warmsektor zwischen Kalt- und Warmfront ausgebildet
hatte. Dieser wurde nun zunehmend schmaler, während sich die Warmfront des
Tiefs weiter verlängerte. Um 12 Uhr UTC des 01.03., was 13 Uhr MEZ entspricht,
befand sich die Zyklone ca. 2000 km südlich von Island und rund 1000 km
nördlich der Azoren mit einem Kerndruck von ca. 995 hPa. Entlang der westlichen
Höhenströmung, der sogenannten “Westwinddrift”, verlagerte sich der Wirbel bis
zum nächsten Tag weiter nach Osten, bis er am 02.03. um 00 Uhr UTC ca. 1500 km
südlich von Island und 1000 km westlich der irischen Küste lag und einen verstärkten
Kerndruck von rund 980 hPa aufwies.
Die Warmfront
der Zyklone ALEXANDER reichte nun vom Punkt, an dem sich Kalt- und Warmfront
bereits vermischt hatten, dem Okklusionspunkt, ca. 1200 km in südliche Richtung
während die Kaltfront vom Okklusionspunkt aus etwa 2000 km in südwestliche
Richtung verlief, bis sich daran die Warmfront des neu entstandenen Tiefs BENNET
anschloss. Um 12 Uhr UTC desselben Tages erreichte die Warmfront zuerst Irland
und wenig später die Britischen Inseln. Bis 18 Uhr UTC hatten die Fronten des Wirbels
Irland bereits vollständig überquert und brachten verbreitet über 5 l/m² Regen,
in Claremorris nahe der Westküste sogar 11 l/m² innerhalb der 6 Stunden.
Der
Tiefdruckwirbel ALEXANDER behielt seine Zugrichtung nach Osten bei und wurde zu
Beginn des nächsten Tages, dem 03.03., nordwestlich von Schottland verortet.
Der Kerndruck des Tiefs hatte sich nun erheblich auf 965 hPa verringert.
Außerdem waren die Fronten nun größtenteils okkludiert und um den Tiefkern eingedreht.
Vom Okklusionspunkt über der nördlichen Nordsee reichte die kurze Warmfront
nach Süden über die Nordsee bis zur Normandie, die Kaltfront zog sich dagegen
in südwestliche Richtung bis Cornwall. Außerdem gab es eine vorgelagerte Front,
die in einem Bogen von Island nach Südosten über den Süden Norwegens und
Dänemark bis zu den Alpen verlief. Diese war größtenteils okkludiert und nur
ein kleiner Abschnitt über Norddeutschland wurde als Warmfront gekennzeichnet.
Bis 06 Uhr UTC wurden die gesamten Britischen Inseln von den Fronten des
Systems überquert. Dabei fielen die höchsten 24-stündigen Niederschlagsmengen
im Nordwesten von Wales sowie im äußersten Süden und Norden Englands. In Shap,
England wurden 27,4 l/m² von der dortigen Wetterstation gemessen, im walisischen
Capel Curig waren es maximal 26,2 l/m². Bis 06 Uhr UTC erreichte der
Okklusionspunkt des Tiefs ALEXANDER, an welchem sich meist die stärksten
Wettererscheinungen beobachten lassen, den Südosten Norwegens. Dabei fielen
gebietsweise über 5 l/m² Regen in nur 6 Stunden, in Eik an der Südwestküste
sogar mehr als 15 l/m². Weiter landeinwärts, abseits der relativ warmen Meeresströmungen,
schneite es zudem, so z.B. in Kongsberg oder am Flughafen Oslo-Gardermoen.
Im weiteren
Verlauf zog der Okklusionspunkt der Zyklone in südöstlicher Richtung über
Südschweden hinweg, was für höhere Niederschläge entlang eines schmalen
Streifens sorgte. So fielen z.B. in Kettsaka und Floda jeweils 12 l/m²
innerhalb von 12 Stunden.
Am Folgetag,
dem 04.03., hatte sich die Zyklone in zwei Wirbel aufgespalten. Der erste Wirbel,
ALEXANDER I, lag mit ca. 975 hPa Kerndruck weiterhin über dem Norden der
Britischen Inseln und bildete zusammen mit dem Tief BENNET und einem weiteren,
unbenannten Randtief einen ausgedehnten Tiefdruckkomplex. Das Tief ALEXANDER II
befand sich über dem Baltikum mit einem ca. 990 hPa starken Kerndruck. Dieser
östliche Wirbel hatte sich entlang der okkludierten Front der Zyklone ALEXANDER
I herausgebildet und war durch diese mit dessen Kern verbunden. Von seinem
Zentrum aus verlief eine Okklusionsfront etwa 500 km nach Südosten, bis zum
Okklusionspunkt ca. 100 km östlich von Minsk. Vom Okklusionspunkt aus reichte
eine kurze Kaltfront in südwestliche Richtung, bis sich nordöstlich von
Warschau eine Warmfront anschloss, die nach Dänemark reichte und von dort aus
weiter als okkludierte Front bis zum Tiefdruckkern der Zyklone BENNET verlief.
Nennenswerte Niederschläge, die sich zweifelsfrei auf das Tief ALEXANDER
zurückführen lassen, wurden hauptsächlich im Baltikum, in Weißrussland sowie im
Norden Polens entlang der Fronten des Tiefs beobachtet. Im polnischen
Lebork, ca. 60 km nordwestlich von Danzig, fielen bis 06 Uhr UTC 12 l/m², in
Weißrussland verbreitet ca. 5-10 l/m² in einem 6-stündigen Zeitraum und im
Baltikum gab es teils auch höhere Niederschlagssummen. So fielen auf den
Pakri-Inseln in Estland 26,1 l/ m² in 12 Stunden.
Tags darauf,
am 05.03. um 00 Uhr UTC, hatte Tiefdruckgebiet BENNET das Tief ALEXANDER II eingeholt
und in die eigene Zirkulation aufgenommen, sodass jenes nicht mehr eigenständig
auf der Wetterkarte verzeichnet wurde. Der Wirbel ALEXANDER I befand sich nun
fast ortsfest etwas nördlich der Britischen Inseln mit einem Kerndruck von unter
985 hPa. Messbare 24-stündige Niederschlagsmengen bis 06 Uhr UTC des Folgetages
wurden nur noch von den Faröer-Inseln mit 14 l/m², den Shetland-Inseln in Lerwick
mit 5 l/m² und der Fair Isle nordöstlich der Nordostspitze Schottlands mit 12
l/m² vermeldet.
Am 06.03.
wurde das Tief ALEXANDER nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte eingezeichnet.
Es war vollständig in der nachfolgenden Zyklone CORNELIUS aufgegangen.