Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet ALEXANDRA
(getauft
am 08.12.2014)
Unterhalb
eines Vorstoßes kalter Luft nach Süden im 500 hPa Niveau, was einer Höhe von
etwa 5,5 Kilometern entspricht und als Trog bezeichnet wird, entstand am Boden
südlich vor Grönland ein Tiefdruckwirbel, der in der Analyse vom 08.12.2014 auf
den Namen ALEXANDRA getauft wurde. Vom Zentrum des Wirbels, dessen Kern um 00
Uhr UTC, was 01 Uhr MEZ entspricht, bereits einen Druck von unter 995 hPa
aufwies, reichte eine Okklusionsfront nach Süden, die sich östlich von
Neufundland über dem Atlantik in eine Warm- und in eine Kaltfront teilte. Als Okklusionsfront wird dabei eine Mischfront verstanden,
die sich aus dem Zusammenschluss von Kalt- und Warmfronten bildet und somit
Eigenschaften beider Systeme in sich vereint. Die Stelle an der Warm- und
Kaltfront ineinander übergehen und eine solche Okklusionsfront bilden, wird als
Okklusionspunkt bezeichnet. Vom Okklusionspunkt östlich von Neufundland zog
sich die Warmfront in östlicher Richtung über den Atlantik hinaus und die
Kaltfront dem Küstenverlauf Ostamerikas in etwa folgend nach Südwesten.
Ausläufer des an Stärke zunehmenden Wirbels ALEXANDRA erreichten im Laufe des
Tages die Küsten von Grönland und Island und brachten teilweise ergiebige Regenmengen,
vor allem aber hohe Windgeschwindigkeiten mit sich. An der Messtation
im grönländischen Angisoq beispielsweise wurde ein
Wind registriert, der im Mittel mit 77,8 km/h der Stärke 7 Beaufort und mit
Böen von bis zu 137,1 km/h gar Orkanstärke erreichte. Zugleich wurden bis 06
Uhr UTC des Folgetages binnen 24 Stunden bei einem meist frischen Wind in Ikerassuaq in Prins Christan
Sund, das zu Grönland gehört, 13,1 l/m2, bei Dalatangi
auf Island 16,8 l/m2 und in Reykjavík bis zu 22,3 l/m2
registriert. Auf den Färöer-Inseln an der Station Mykines
wurden ebenfalls Orkanböen von bis zu 148,3 km/h gemessen.
In
den vergangenen Stunden hatte sich das Zentrum des sich rasch zu einem Orkan
verstärkenden Wirbels ALEXANDRA nach Osten verlagert und befand sich mit einem
in nur 24 Stunden auf unter 935 hPa gefallenen Kerndruck gegen 00 Uhr UTC des
09.12. über der Irmingersee östlich von Südgrönland. Die
Kaltfront hatte die ihr voraus eilende Warmfront zum Teil einholen können,
sodass sich die Okklusionsfront weiter ausprägen konnte. Diese reichte vom Kern
in einem Bogen nach Osten bis zu ihrem Okklusionspunkt südlich von Reykjavík.
Von dort erstreckte sich die Warmfront westlich an Irland vorbei nach Süden und
die Kaltfront in südwestlicher Richtung über den Atlantik ehe sie sich mit der
Warmfront eines nahe der Bermudas liegenden anderen Tiefs verband. Das
Frontensystem der Zyklone ALEXANDRA überquerte im Laufe des Tages den
Nordatlantik sowie die Britischen Inseln und hatte bis zu den Morgenstunden
Norwegen erreicht. Die stärksten Winde im Zusammenspiel mit ergiebigen
Niederschlägen wurden aus Schottland gemeldet. Innerhalb von 24 Stunden fielen
bis 06 Uhr UTC bei einem Wind, der in Böen 94,5 km/h erreichte in Capel Curig 32,8 l/m2 und in Tulloch
Bridge bei Böen von 77,8 km/h 35,2 l/m2.
Am Cairngorm erreichte der Sturm mit einer mittleren
Windgeschwindigkeit von 100 km/h die Stärke 10 Beaufort und in Böen von bis zu
174,2 km/h gar Windstärke 15 auf der erweiterten Beaufortskala. Ebenfalls ergiebig fielen die Niederschläge aufgrund von
erzwungenen Aufgleitvorgängen entlang von
Gebirgsketten über Norwegen aus, die zum Teil als Schnee fielen. So wurden bis 06
Uhr UTC 24-stündig aus Ullensvang 39,9 l/m2,
aus Sauda 43,5 l/m2 und aus Takle bis zu
58,6 l/m2 gemeldet. Die stärksten Böen über Norwegen wurden mit
162,1 km/h bei Brønnøysund gemessen, auch wenn der
Wind allgemein meist schwächer ausfiel als über dem schottischen Hochland.
Gegenüber dem Vortag nahm der Wind an der Station bei Mykines
auf den Färöer Inseln noch zu und erreichte mit mittleren Geschwindigkeiten von
87,9 km/h Sturm- und mit Böen von bis zu 155,7 km/h Orkanstärke der Kategorie
14 auf der erweiterten Skala.
Sich
gegenüber dem Vortag geringfügig abschwächend war der Kern des Orkantiefs
ALEXANDRA zum 10.12. nach Osten gezogen und positionierte sich um 00 Uhr UTC
mit einem auf 955 hPa gestiegenem Druck südöstlich von Island. Eine ausgeprägte
Okklusionsfront reichte in einem weiten Bogen über das Nordmeer und
Westnorwegen bis zur Nordsee, wo sie sich in eine über Nordfrankreich
erstreckende Warm- und in eine sich über Südengland reichende Kaltfront teilte.
Im weiteren Verlauf verband sich die Kaltfront über dem Atlantik erneut mit der
Warmfront eines anderen, östlich der Bermudainseln liegenden Tiefs. Das
Niederschlagsgebiet verlagerte sich langsam über Schweden und Norddeutschland
nach Osten, wobei die höchsten Intensitäten weiter im Raum nördlich von Bergen
um Ålesund auftraten. Innerhalb von 24 Stunden fielen
bis 06 Uhr UTC in Takle 35,5 l/m2 und
bei Liarvatn 44,5 l/m2.
Im selben Zeitraum wurden auf Helgoland 14,4 l/m2,
am Flughafen von Kirkwall in Schottland 28,4 l/m2
und bei Ullared in Schweden 23,6 l/m2 gemessen. Auch wenn der Wind mit
auftreffen des Wirbels auf Land rasch an Stärke verlor, erreichten die Windböen
in exponierten Lagen weiter Orkanstärke. So registrierten die Anemometer auf dem Brocken Windspitzen von 129,7 km/h, am
schwedischen Leuchtturm Söderarm 118,9 km/h und am norwegischen Leuchtturm von Slåtterøy ebenfalls 129,7 km/h.
Auf
seiner Zugbahn in Richtung Norwegen hatte sich der Tiefdruckwirbel ALEXANDRA in
der Nacht zum 11.12. in zwei eigenständige Kerne geteilt. Gegen 00 Uhr UTC
befand sich der erste, südlichere Kern mit einem Druck von etwa 960 hPa mittig
zwischen Norwegen und Island unweit der Färöer Inseln, und der zweite,
nördlichere Kern mit grob 975 hPa westlich vor Nordnorwegen. Zwei
Okklusionsfronten erstreckten sich vom nördlicheren Kern: Die erste reichte in
südwestlicher Richtung bis Island, die zweite über Helsinki, Warschau und Salzbug
nach Süden bis zu den Alpen. Über dem Alpenraum ging diese in eine über
Marseille und Nordspanien nach Westen ziehende Kaltfront über, die sich im
weiteren Verlauf über dem Atlantik mit dem Frontensystem eines anderen Wirbels
verband. Zusätzlich erstreckte sich vom zweiten, nördlicheren Kern eine
Warmfront über die Barentssee nach Südosten in Richtung des Weißen Meeres. Mit
dem Tief verblieben auch die sich allgemein leicht abschwächenden Niederschläge
im Raum über Nordwesteuropa, die jedoch lokal oft nochmals ergiebig ausfallen
konnten. Binnen 24 Stunden wurden bis 06 Uhr UTC an den britischen Stationen in
Capel Curig und am Lake Vyrnwy 29,2 bzw. 39,4 l/m2
und im norwegischen Fister Sigmundstad
44 l/m2 gemessen. Das
Niederschlagsgebiet erstreckte sich auch bis nach Finnland, teilweise mit
Schnee vermengt, fielen in Helsinki 4 l/m2,
in Jokioinen 15 l/m2
und in Turku Artukainen 22 l/m2
als Regen. Mit Ausnahme der schottischen Hochregionen erreichte der meist
mäßige bis frische, örtlich mitunter starke, westliche Wind nur noch in Ausnahmen
Orkanstärke.
Weiterhin
mit zwei eigenständigen Zentren befand sich die Zyklone ALEXANDRA am 12.12.
gegen 00 Uhr UTC westlich von Norwegen. Das südlichere der beiden Zentren
verblieb mit einem um 10 hPa gestiegenen Kerndruck nahezu stationär westlich
vor Bergen, wohingegen sich das nördlichere Zentrum mit einem auf 970 hPa
gefallenen Druck in Richtung Spitzbergen verlagert hatte. Beide Zentren waren
durch eine Okklusionsfront miteinander verbunden, vom nördlicheren der beiden Kerne
ging zudem eine Warmfront aus, die sich von Spitzbergen über Nowaja Semlja bis über
den Norden Russlands erstreckte. Das dem Wirbel ALEXANDRA zuzuordnende
Niederschlagsgebiet reichte vom Europäischen Nordmeer über Skandinavien und
Finnland bis nach Spitzbergen und verlagerte sich unter zunehmender
Abschwächung im Laufe des Tages nach Norden. Größere Niederschlagsmengen wurden
zumeist nicht mehr erreicht. In Ålesund fielen bis 06
Uhr UTC 24-stündig 7,8 l/m2, in Svartbyn in Schweden 13 l/m2
und in Helsinki 18 l/m2, bei
Bergen, nahe des südlichen Zentrums, wurden noch bis zu 30,1 l/m2 registriert.
Während
das südliche der beiden Zentren des Wirbels ALEXANDRA am 13.12. westlich von
Bergen verblieb, war das nördlichere der beiden bis 00 Uhr UTC über Spitzbergen
nach Norden gezogen. In beiden Kernen war der Druck auf etwa 975 hPa angestiegen.
Zwei Fronten gingen vom südlichen Zentrum aus. Eine lediglich in der Höhe
analysierbare Okklusionsfront reichte nach Nordosten ehe sie sich, nördlich von
Murmansk Warmfrontcharakter annehmend, westlich von Nowaja Semlja mit dem
Frontensystem eines anderen Wirbels verband. Zudem zog sich eine Kaltfront vom
Kern über die Nordsee und London bis zum Süden Englands. Dem zweiten,
nördlicheren Kern war kein eigenständiges Frontensystem zugehörig. Das
Niederschlagsband, inzwischen stark abgeschwächt, konzentrierte sich im Wesentlichen
nur noch entlang der norwegischen Küstenregionen. Die dem Tief ALEXANDRA
nachfolgenden Wirbel BILLIE und DORIS begannen zunehmend das Wettergeschehen
der Region um Süd- und Zentralskandinavien sowie Finnland und Großbritannien zu
bestimmen. Größere, dem Tiefdruckgebiet ALEXANDRA zugehörige Niederschläge
wurden auch entlang der norwegischen Küsten oft nur noch lokal gemessen. Aus
Bergen wurden binnen 24 Stunden 6,1 l/m2,
aus Fossmark 13,5 l/m2
und von der Station am Mannen, knapp 1,3 km hoch gelegen, noch bis zu 17,2 l/m2 gemeldet.
Zum
14.12. verlagerte sich das Tiefdrucksystem ALEXANDRA unter weiterer leichter
Abschwächung nach Norden. Vom südlicheren der beiden Kerne, der gegen 00 Uhr
UTC mit einem Druck von 980 hPa westlich vor Nordnorwegen lag, erstreckte sich
zum einen eine unweit von Helsinki endende Okklusionsfront nach Südosten und
zum anderen eine Kaltfront nach Norden, die sich mit der Warmfront des
nördlichen, weiterhin bei Spitzbergen befindlichen zweiten Kerns verband.
Leichte bis mäßige, und um Hornsund zeitweise auch starke Schneefälle griffen
von Süden kommend auf Spitzbergen über und brachten innerhalb von 24 Stunden
bis 06 Uhr UTC an der Station in Hornsund 2,3 l/m2
und am Flughafen Svalbard 4,9 l/m2 mit
sich.
Mit
einem wieder vereinten Kern befand sich die Zyklone ALEXANDRA auch in der Nacht
zum 15.12. unweit von Spitzbergen in deren Kern bis 00 Uhr UTC der Druck auf
985 hPa gestiegen war. Vom Zentrum erstreckten sich sowohl eine Okklusionsfront
nach Nordosten in Richtung der Inselgruppe Franz-Josef-Land im Nordpolarmeer
sowie eine weitere Okklusionsfront nach Süden in Richtung Murmansk. Nennenswerte
Niederschläge kamen jedoch nicht mehr zusammen.
Der
16.12. war der neunte und zugleich letzte Tag an dem der sich weiter
abschwächende Wirbel ALEXANDRA auf der Berliner Wetterkarte namentliche
Erwähnung fand. Mit einem Druck von 985 hPa verblieb das Zentrum des Wirbels im
Raum um Spitzbergen. In den darauf folgenden Tagen verlagerten sich die Reste
des einstigen Orkanwirbels ALEXANDRA langsam weiter nach Norden und verließen
somit den von der Berliner Wetterkarte erfassten Analysebereich.
Geschrieben am 12.01.2015 von Christian Ulmer
Berliner Wetterkarte: 10.12.2014
Pate: Alexandra Seifarth