Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
ALEXANDRA
(getauft
am 11.11.2018)
Im
Tagesverlauf des 11.11.2018 entwickelte sich auf der Südseite des Atlantiktiefs
ZARMINA vor der portugiesischen Küste eine Tiefdruckwelle, welche von den
Meteorologen der Berliner Wetterkarte in der Prognosekarte für den Folgetag auf
den Namen ALEXANDRA getauft wurde. Diese Tiefdruckwelle entwickelte sich zügig
zu einem eigenständigen Tiefdruckgebiet weiter und sorgte in den Nachmittags-
und Abendstunden für kräftige Regenfälle in der Mitte und dem Norden Portugals
sowie dem Nordwesten Spaniens, vor allem im Stau des Kantabrischen Gebirges und
der Serra da Estrela. Bis 19 Uhr MEZ, was 18 Uhr UTC entspricht, wurden infolgedessen
innerhalb von 12 Stunden in Lissabon unwetterartige 64,0 mm Niederschlag
gemessen, im portugiesischen Viseu 43,0 mm und im nordspanischen Puerto de Leitariegos 26,0 mm. In den
darauffolgenden Stunden verlagerte sich das Tief ALEXANDRA über die Biskaya, wodurch
sich die Niederschlagsgebiete in den Süden Portugals, Zentralspaniens und den
Südwesten Frankreichs ausbreiteten.
Um 01 Uhr MEZ des 12.11. befand sich das Zentrum
des Tiefs ALEXANDRA knapp nördlich der Pyrenäen, wobei der Luftdruck im Kern knapp
unter 1010 hPa betrug. Die Kaltfront des Tiefs reichte zu diesem Zeitpunkt vom
Zentrum weg nach Südwesten bis vor die Küste Marokkos und nördlich der
Kanarischen Inseln. Die Warmfront hingegen reichte über Frankreich hinweg bis
nach Deutschland. Bis zum Morgen verlagerte sich das Tiefdruckgebiet nordostwärts,
wobei es besonders über der Mitte und dem Süden Frankreichs sowie im Süden der
Iberischen Halbinsel stärker regnete. Im spanischen Cádiz fielen innerhalb von
12 Stunden bis 07 Uhr MEZ 32,9 mm Regen, im französischen La Rochelle 18,0 mm.
In den Hochlagen Nordspaniens und Frankreichs sowie entlang der Küsten traten
zudem auch einzelne Sturmböen auf. Im französischen Rodez wurden dabei,
ebenfalls in der Nacht, Böen bis 90,1 km/h gemessen, auf dem 1567 m hohen Mont
Aigoual sogar Orkanböen bis 144,1 km/h. Im weiteren Verlauf des 12.11. zog das
Tief ALEXANDRA schnell nach Nordosten über den Norden Frankreichs hinweg nach
Westdeutschland hinein. Die Hauptniederschlagsgebiete erreichten dabei die
Beneluxstaaten sowie West- und Norddeutschland und sorgten damit in diesen
Regionen zumindest teilweise für eine Linderung der Trockenheit. Die Kaltfront
des Tiefs trennte dabei kühle, vom Atlantik nach Westeuropa einströmende
maritime Subpolarluft von Subtropikluft über dem europäischen Kontinent. Im
Bereich der Subtropikluft auf der Vorderseite der Kaltfront stieg die
Temperatur an diesem Tag vielerorts nochmals auf für diese Jahreszeit
ungewöhnlich milde Werte von bis zu 22,8°C im französischen Grenoble, 20,6°C im
rheinland-pfälzischen Andernach und 20,5°C in Freiburg im Breisgau an. Die
großen Temperaturgegensätze der beiden Luftmassen führten zudem dazu, dass
entlang der Kaltfront weiterhin stärkere Niederschläge auftraten. Am Nachmittag
bildeten sich dabei sogar einzelne Gewitter, welche mit Zugrichtung der Front
über das Saarland, Rheinland-Pfalz und Hessen hinwegzogen. Zum Abend erreichte
das Zentrum des Tiefs ALEXANDRA die Ostseeküste, wo es ebenfalls zu regnen
begann.
Zu 01 Uhr MEZ des 13.11. war das Tiefdruckgebiet
ALEXANDRA bis ins südliche Schweden weitergezogen, wobei der Luftdruck leicht
auf knapp 1012 hPa angestiegen war. Die noch kurze Warmfront, hinter der sich
die Subtropikluft weiter nordwärts ausdehnen konnte, reichte vom Tiefdruckkern
aus, über den Ostseeraum hinweg, bis in die westliche Ukraine. Die Kaltfront
hingegen erstreckte sich quer über Deutschland und Frankreich bis zu den Pyrenäen.
Die Niederschlagsgebiete konzentrierten sich in der zweiten Nachthälfte auf
zwei Regionen: einen Streifen von der Mitte Frankreichs bis zur Mitte
Deutschlands sowie das südliche Finnland und nördliche Baltikum. Bis 07 Uhr MEZ
hatten sich die Niederschläge des Vortages im französischen Metz auf 29,4 mm
summiert, in Tholey im Saarland auf 23,7 mm und in Trier an der Station
Petrisberg auf 19,0 mm. Doch auch in weiten Teilen West- und Norddeutschlands
sowie im Umfeld der südlichen Ostsee waren bis zu 5 mm Niederschlag gefallen.
Im Verlauf des 13.11. zog das Tief ALEXANDRA mit seinem Kern über das südliche
Finnland hinweg. Die Niederschläge im Bereich der Kaltfront erreichten nun auch
den Osten Deutschlands. Im Bereich der Warmfront, welche bis ins westliche
Russland weitergezogen war, ging der Niederschlag auch in leichten Schneefall
und gefrierenden Regen über. Am Abend entwickelte sich bei Magdeburg rückseitig
der Kaltfront eine Gewitterzelle, welche unter rascher Intensitätszunahme
ostwärts über Brandenburg zog. Dabei kamen mitunter hohe Niederschlagssummen
zusammen, wie beispielsweise mit 18,0 mm an der Station Lindenberg, welche
12-stündig bist 19 Uhr UTC zu registrieren war; zudem traten in wie in Baruth
mit 82,9 km/h auch Sturmböen im Umfeld des Gewitters auf. Die Niederschläge
nördlich des Tiefdruckzentrums schwächten sich jedoch zur Nacht zunehmend ab.
Auch der Luftdruck im Kern von Tief ALEXANDRA stieg weiter an.
Bis 01 Uhr MEZ des 14.11. war das Zentrum des
Tiefdruckgebiets bis nördlich von St. Petersburg gezogen, der Luftdruck im
Inneren betrug dabei etwa 1014 hPa. Zudem war das Tief ALEXANDRA nun stark
okkludiert. In
der Meteorologie bezeichnet eine Okklusion oder Okklusionsfront eine Mischfront
aus Kalt- und Warmfront, die entsteht, wenn die nachfolgende und schneller
ziehende Kaltfront die vorhergehende Warmfront einholt. Der Punkt, an dem die
Kalt- und Warmfront zusammenlaufen, heißt Okklusionspunkt. Diese Okklusion
erstreckte sich beim Tief ALEXANDRA über das Baltikum und das östliche Polen
bis in die Ukraine und spaltete sich in die in Richtung Schwarzes Meer
verlaufende Warmfront und die zum Mittelmeer verlaufende Kaltfront auf. Auf der
Rückseite des Tiefdruckwirbels strömte weiterhin kalte Polar- und Subpolarluft
über den europäischen Kontinent ostwärts, was neben einem deutlichen Rückgang
der Temperaturen auch zur Ausbildung zahlreicher Schauer führte. Am Morgen des
14.11. wurde aus der russischen Stadt Welikije Luki eine Neuschneehöhe von 7 cm
gemeldet, die im Zusammenhang mit den Niederschlägen an der Warmfront über
Nacht gefallen waren. Nochmals hohe 24-stündige Niederschlagssummen wurden beispielsweise
aus der litauischen Stadt Kaunas mit 21,0 mm gemeldet. Das Tief ALEXANDRA
gelangte nachfolgend jedoch immer mehr in den Einflussbereich des kräftigen
Kontinentalhochs BURCKHARD und löste sich daher im weiteren Tagesverlauf auf.
Das
Tiefdruckgebiet ALEXANDRA hatte insgesamt über 3 Tage das Wettergeschehen über
weiten Teilen Europas geprägt und war dabei von Portugal quer über den europäischen
Kontinent bis nach Russland gezogen. Insbesondere über der westlichen
Iberischen Halbinsel hatte es für unwetterartige Niederschlagssummen gesorgt
und zudem die bis in den November immer noch anhaltende Trockenheit in
Mitteleuropa zumindest in Teilen gelindert.