Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet ALFRED

(getauft am 14.05.2013)

 

Gegen Mitte Mai bildete sich eine Wellenstörung über dem Nordatlantik, welche sich weiter entwickeln und das Wettergeschehen in Europa beeinflussen sollte. Daher wurde dieser Wirbel am 14.05. auf den Namen ALFRED getauft. Der Tiefdruckwirbel ALFRED lag am Tauftag knapp westlich der Britischen Inseln. Die Warmfront verlief vom Kern in einem Bogen nach Nordfrankreich, und die Kaltfront ebenfalls vom Kern ausgehend nach Westen über den Nordatlantik und verband sich mit der Warmfront eines Tiefs bei Ostkanada.

In der wetterbestimmenden Höhe von 5500 m verlagerte sich der zugehörige Trog, ein sogenannter Vorstoß kalter Luftmassen nach Süden weiter südwärts. Am Boden hatte sich der Wirbel in zwei Kerne geteilt. Das Tief ALFRED I lag mit seinem Zentrum, in dem ein Kerndruck von ca. 990 hPa herrschte, über dem südlichen England. Eine Okklusionsfront, eine Mischfront mit Warm- und Kaltfronteigenschaften, verlief vom Kern ausgehend bis zur Nordsee, wo sie sich in eine ostwärts bis Lettland verlaufende Warmfront und eine südlich bis zu den Pyrenäen reichende Kaltfront aufspaltete. Diese Kaltfront verband sich mit der Warmfront des Tiefs ALFRED II, welches sein Zentrum zentral über Spanien hatte und dessen Kaltfront sich bis über den Nordatlantik erstreckte. Die Zyklone ALFRED I brachte neben Höchstwerten von 7°C bis 11°C in Großbritannien vielerorts ergiebigen Niederschlag, Pembray Sands in Süd-Wales meldete z.B. 74,4 l/m2 in 24 Stunden bis 08 Uhr MESZ. In Südostspanien verursachte der Wirbel Schauer und Gewitter, wodurch beispielsweise in Albacete 20,2 l/m2 und in Daroca 20,8 l/m² Niederschlag fielen. Das Tief ALFRED II brachte in Algier 20 l/m2 im selben Zeitraum. Bis zum 16.05. verlagerte sich das Tiefdrucksystem ALFRED weiter Richtung Norden und lag mit seinem Kern ALFRED I und unverändertem Druck nördlich von Schottland. Die Okklusionsfront erstreckte sich nördlich um den Kern bis Westnorwegen, wo sie sich in eine Warmfront, welche sich bis Schweden erstreckte und eine Kaltfront aufspaltete, die sich bogenförmig nach Süden bis Norddeutschland zog und weiterhin mit der Warmfront des Tiefs ALFRED II verbunden war. In Westeuropa herrschten relativ kühle Temperaturen im Vergleich zum Osten. So lag in Moskau die Höchsttemperatur bei 30°C, in Madrid und London aber nur bei je 15°C. Daran wird deutlich, wie weit die polaren Luftmassen nach Süden einfließen konnten und Warmluft subtropischen Ursprungs nach Nordosten transportiert wurde.

Im Zuge des sich nach Süden verlagernden Höhentiefs teilte sich das Tiefdrucksystem nochmals auf und es kam am darauffolgenden Tag zur Bildung des Tiefs ALFRED III, welches über dem Alpenraum lag. Das Zentrum ALFRED I verlagerte sich weiter nordwärts und lag am 17.05. bei der Insel Jan Mayen, wobei sich die Okklusionsfront bogenförmig bis vor die Küste Nordnorwegens erstreckte. Vom dortigen Okklusionspunkt ging eine Warmfront bis Murmansk, sowie eine Kaltfront aus, welche sich mit der Warmfront des Tiefs ALFRED II verband. Die Kaltfront von Tief ALFRED II verlief nach Süden und ging bei München in die Warmfront des über der Poebene gelegenen Tiefs ALFRED III über. Somit lag eine Zyklonenfamilie mit einer Nord-Süd-Ausdehnung von etwa 4000 km über Europa, wodurch diese Tiefs dominierend für das Wetter in Europa waren. In Deutschland herrschten an diesem Tag aufgrund des meridionalen Aufbaus des Tiefdrucksystems ALFRED große Temperaturunterschiede. So lagen die Höchsttemperaturen in Nürburg-Barweiler in der Eifel bei nur 8°C, in Rostock dagegen bei 27°C. Aufgrund dieser großen Kontraste kam es zur Bildung von starken Gewittern, die z.B. am Flughafen in Erfurt zu Niederschlagsmengen von 46 l/m2 innerhalb von 24 Stunden bis 08 Uhr MESZ führten.

Bis zum 18.05. verlagerte sich das Tief ALFRED I unter Abschwächung weiter nach Nordosten und lag schließlich mit einem Kerndruck
von 1010 hPa über Spitzbergen. Die Okklusionsfront verlief bogenförmig um den Kern und spaltete sich nach wenigen Hundert Kilometern über Spitzbergen in Warm- und Kaltfront auf. Von dort ausgehend verlief die Warmfront nach Südosten über Murmansk, die Kaltfront hingegen reichte nach Süden bis Tromsö, wo sie sich mit der Warmfront des Tiefs ALFRED III über der Nordsee verband. Dessen Kaltfront verlief zunächst in südöstliche Richtung über Tschechien und die Slowakei bis zu den Karpaten, wo sie die Richtung auf Südwesten änderte und über Bulgarien, Süditalien bis nach Algerien verlief. Die Kaltfront des Nordseetiefs ALFRED III wurde von einem schauerartig verstärkten Niederschlagsfeld begleitet, das bereits am Vormittag von Südosten her den Berliner Raum erfasste. Durch die Kaltfrontpassage, wurde in Berlin-Dahlem ein markanter Windsprung auf westliche Richtungen registriert und die Temperatur ging innerhalb von einer Stunde um mehr als 5 Grad auf 12°C zurück. Der Wirbel ALFRED II hatte sich bis zu diesem Tag hingegen aufgelöst und war in der Bodenwetterkarte nicht weiter zu analysieren.

Im weiteren Verlauf zog der Tiefdruckwirbel ALFRED I weiter Richtung Nordosten und lag mit seinem Kern, in dem ein Druck von ca. 1010 hPa herrschte, knapp westlich von Nowaja Semlja. Die Okklusionsfront verlief von Kern südwärts bis zur Halbinsel Kola, wo sie sich ein eine Warm- und Kaltfront aufteilte. Die Warmfront reichte bis nach St. Petersburg, die nach Südwesten verlaufende Kaltfront hingegen ging in die Warmfront des Tiefs ALFRED III bei Wales über. Von diesem Zentrum erstreckte sich eine Kaltfront ostwärts über Großbritannien bis nach Nordpolen. An diesem Tag wurden durch den zyklonalen, also gegen den Uhrzeigersinn gerichteten, Drehsinn von Tiefdruckgebieten polare, maritime Luftmassen von Südwesten nach Ostdeutschland und Polen transportiert. So gab es in Mecklenburg-Vorpommern Gewitter, welche z.B. in Goldberg 26 l/m2 innerhalb von 24 Stunden bis 08 Uhr MESZ brachten.  

Da sich die Tiefs im weiteren Verlauf jedoch weiter auflösten konnten sie am Folgetag nicht weiter auf der Berliner Wetterkarte analysiert werden.

 


Geschrieben von Philipp Zschenderlein

Berliner Wetterkarte: 17.05.2013

Pate: Judith Reicherzer