Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet ALJA

(getauft am 01.01.2018)

 

Am 1. Januar 2018 wurde das erste Tiefdruckgebiet des neuen Jahres auf den Namen ALJA getauft. 2017 trugen die Tiefdruckgebiete männliche Namen, und das letzte, auf einen weiblichen Namen getaufte Tief war CORINNA Ende Dezember 2016. Das Tief ALJA entwickelte sich über dem westlichen Nordatlantik mit Unterstützung eines von Ostkanada nach Osten ziehenden Höhentiefs. Das Bodentiefdruckgebiet ALJA lag zum Zeitpunkt seiner Taufe mit einem Kerndruck von unter 990 hPa etwa 500 km ostsüdöstlich der kanadischen Insel Neufundland. Vom Zentrum des Wirbels ALJA verlief ungefähr 300 km in ostsüdöstlicher Richtung eine Mischfront mit Warm- und Kaltfronteigenschaften, eine sogenannte Okklusionsfront, bis zum Okklusionspunkt. Dort trafen eine Warmfront und eine Kaltfront wie bei einem Reißverschluß zusammen. Erstere zog sich bis etwa 500 km nordnordwestlich der Azoren, um in eine zum Tief INGMAR südwestlich von Irland gehörende Kaltfront überzugehen. Die Kaltfront der Zyklone ALJA erstreckte sich nach Westsüdwesten in Richtung der Bermuda-Inseln bis über den Rand des von der Berliner Wetterkarte abgedeckten Bereichs hinaus. Zwischen Warm- und Kaltfront des Tiefs ALJA spannte sich ein weiter Warmsektor auf. In diesem wurde auf einem Containerschiff bereits um 6 Uhr UTC, also 07 Uhr MEZ, eine Temperatur von 20°C gemessen. Zur selben Zeit waren es auf ähnlicher geographischer Breite, nämlich etwa 39° Nord, an der portugiesischen Küste in Monte Real 6°C und im US-amerikanischen Atlantic City in New Jersey, ebenfalls auf vergleichbarer geographischer Breite des Schiffes, -12°C. Zu berücksichtigen sind bei solchen Temperaturvergleichen aber natürlich die unter Umständen komplett unterschiedliche Wetterlage an Land und die verschiedenartige Klimatologie von Portugal, der nordamerikanischen Ostküste und einer Position mitten auf dem Nordatlantik.

Bis zum Morgen des Folgetages hatte sich das Tiefdruckgebiet ALJA unter deutlicher Verstärkung auf einen Kerndruck von weniger als 965 hPa bis zu einer Position verlagert, die jeweils ungefähr 800 km südöstlich der Südspitze Grönlands sowie südwestlich der isländischen Südküste entfernt lag. Von dort verlief eine Okklusionsfront bogenförmig bis etwa 500 km westlich von Irland zum Okklusionspunkt. Von dort verlief eine Warmfront nach Südosten über die Biskaya bis nach Nordspanien, um in eine Kaltfront des Tiefs INGMAR II über dem Golf von Genua überzugehen. Vom Okklusionspunkt des Tiefdruckgebietes ALJA erstreckte sich außerdem eine Kaltfront nach Südwesten bis etwa 700 km nordöstlich der Azoren. Daran schloß sich eine Warmfront des südwestlich des Tiefs ALJA gelegenen Wellentiefs BURGLIND an. Im Tagesverlauf machte sich das Tiefdruckgebiet ALJA vor allem in Westeuropa mit Niederschlägen bemerkbar. Diese fielen, abgesehen von Schneefall in den Westalpen und Schnee oder Schneeregen im Grenzgebiet von Südschottland und Nordengland, meist in flüssiger Form. Die 24-stündigen Niederschlagsmengen sind zur Veranschaulichung des Einflusses eines Tiefdruckgebietes oft ein guter Indikator, allerdings waren zu Beginn des Jahres 2018 die Tiefdruckgebiete in schnellem Wechsel über Europa aktiv. Daher sollen die 12-stündigen Niederschlagssummen bis zum Abend des 2. Januar zur Verdeutlichung dienen. Im südwestfranzösischen Adast kamen in diesem Zeitraum durch das Tiefdruckgebiet ALJA in Verbindung mit Staueffekten der Pyrenäen 20 l/m² zusammen. Auch im Norden und Westen der Britischen Inseln gab es gebietsweise zweistellige Niederschlagsmengen, wie das nordirische Killowen mit 14 l/m² zeigt. Tagsüber kam es außerdem auf den Britischen Inseln gebietsweise zu stürmischen Böen oder Sturmböen, also Stärke 8 bis 9 auf der Beaufortskala. Die Wetterstation Cairngorm in den schottischen Grampian Mountains meldete mittags sogar schwere Sturmböen bis zu 89 km/h, also 10 Beaufort.

Am Morgen des 3. Januar hatte sich das Zentrum des Wirbels ALJA eher wenig weiter nach Osten verlagert als zuvor. Nun lag des Tief mit einem Kerndruck von unter 970 hPa ungefähr 700 km südlich von Island. Das Tiefdruckgebiet war komplett okkludiert, womit kein Warmsektor mehr vorhanden war. Die Okklusionsfront zog sich vom Zentrum des Tiefs ALJA zunächst in östlicher Richtung bis etwa zur Nordspitze Schottlands, um mehr in südöstlicher Richtung über die Nordsee weiter zu verlaufen und ungefähr vom Emsland bis zum Südschwarzwald auch über Deutschland zu liegen. Weiter südlich wurde die Front zu einer leicht verwellten Luftmassengrenze, die über die Westalpen und das zentrale Mittelmeer bis vor die libysche Küste verlief. Auch hier ist die Beurteilung schwierig, welche Niederschlagsmengen das Tief ALJA alleine brachte und welchen Anteil am meist als Regen fallenden Niederschlag das nachfolgende Tiefdruckgebiet BURGLIND hatte. Einigermaßen eindeutig lässt sich aber das Tiefdruckgebiet ALJA für den Großteil des Regens verantwortlich machen, der im Nordwesten Deutschlands zweistellige Niederschlagssummen in 12 Stunden bis zum Morgen des 3. Januar brachte. Im nordrhein-westfälischen Wipperfürth kam mit 28 l/m² der höchste Wert zusammen. Im Westen und Nordwesten Deutschlands kam es auch zu Gewittern. Bis zum Mittag des 3. Januar verlagerte sich der durch das Tief ALJA entstandene Niederschlag nach Osten und brachte dort gebietsweise zweistellige Mengen in den nächsten 6 Stunden. Am meisten fiel mit 21 l/m² im sächsischen Bertsdorf-Hörnitz, was zum Teil durch Staueffekte des Oberlausitzer Berglandes begründet sein dürfte.

Am nächsten Tag wurden zwei Teiltiefs analysiert, nämlich ALJA I etwa 600 km südsüdwestlich von Island und ALJA II etwa 400 km ostsüdöstlich der Südspitze von Grönland. Beide waren durch eine Okklusionsfront miteinander verbunden, wobei sich zudem eine Okklusionsfront ostsüdöstlich an das Teiltief ALJA I  anschloß und bis ungefähr 500 km nordwestlich von Irland reichte. Beide Teiltiefs besaßen einen Kerndruck von unter 985 hPa. Das Teiltief ALJA II brachte an der südostgrönländischen Küste gelegentlichen Schneefall bei meist mäßigem Frost um -5°C, während es an der südwestgrönländischen Küste mit meist unter -10°C deutlich kälter war.

Zum 5. Januar verlagerten sich beide Teiltiefs nach Süden. Nun lag ALJA I mit unter 990 hPa etwa 300 km nordwestlich von Irland und ALJA II befand sich etwa 800 km weiter westlich, wobei der Kerndruck weniger als 995 hPa betrug. Wiederum waren beide Teiltiefs durch eine bogenförmige Okklusionsfront miteinander verbunden. Vom Teiltief ALJA I verlief eine weitere Okklusionsfront nach Osten bis Südosten, um über Schottland in eine zum Tief CHRISTINE über der Deutschen Bucht gehörende Okklusionsfront überzugehen. Mit dem Hinweis auf die oben beschriebenen Unsicherheiten bei der eindeutigen Zuordnung von Niederschlagssummen zu einem Tiefdruckgebiet seien die schottische Wetterstation Strathallan mit 10 l/m² in 12 Stunden bis zum Morgen des 5. Januar und die am nördlichsten Punkt Irlands gelegene Wetterstation Malin Head mit 11 l/m² im gleichen Zeitraum als Beispiele für Orte genannt, deren Niederschlag sich im wesentlichen aus dem Tiefdruckgebiet ALJA gespeist hat. Tagsüber fiel besonders im Norden der Britischen Inseln weiterer Niederschlag, teils als Regen, teils als Sprühregen, der aber mehr und mehr dem Tief CHRISTINE zuzuordnen war.

Am 6. Januar war das Tiefdruckgebiet ALJA zum letzten Mal als eigenes Druckgebilde auf der Berliner Wetterkarte zu erkennen. Der einzige Kern lag mit unter 1000 hPa über dem südlichen Irland. Hauptsächlich war damit eine Okklusionsfront verknüpft, die im Uhrzeigersinn vom Zentrum des Tiefdruckgebietes ALJA einen Halbkreis in südwestlicher bis nordwestlicher Richtung beschrieb, um etwa 1200 km westlich des Tiefs ALJA in eine Okklusionsfront überzugehen, die zu einem unbenannten Tiefdruckgebiet vor der isländischen Westküste gehörte. Die nun recht eindeutig dem Tiefdruckgebiet ALJA zuzuordnenden Niederschlagsmengen innerhalb von 24 Stunden bis zum Morgen des 6. Januar lagen mit 13 l/m² im walisischen Milford Haven sowie jeweils 15 l/m² in Port Ellen auf der schottischen Insel Islay und im irischen Lough Fea am höchsten. Nachfolgend zog das Hochdruckgebiet ADAM zu den Britischen Inseln.