Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet AMREI

(getauft am 05.01.2020)

 

Anfang Januar 2020 wurde von den Meteorologen der Berliner Wetterkarte ein Frontensystem vor der Küste Neufundlands analysiert. Einen Tag später, am 5. Januar 2020 um 01 Uhr MEZ, bildete sich daraus ein neues Tiefdruckgebiet. Eine Meldung eines Schiffs was sich bei 46°N und 38°W befand ergab bei schwachem Westwind in der Nähe des Kerns einen Luftdruck von 996 hPa. Dieses Tief bildete sich zu einem okkludierenden Tief. In Erwartung einer weiteren Vertiefung und Zugbahn in Richtung Europa taufte die Berliner Wetterkarte dieses neue Tief auf den Namen AMREI.

Um 01 Uhr MEZ des folgenden Tages hatte der Tiefdruckwirbel AMREI eine Okklusionsfront gebildet. Eine Okklusion oder Okklusionsfront bezeichnet eine Mischfront aus Warm- und Kaltfront, die entsteht, wenn die Warmluft sich vom Boden abhebt und die Luft der Kaltfront sich unter diese legt und so, mit der Kaltfront verschmilzt und die Okklusion bildet. Der Punkt an dem sich Warm- und Kaltfront vereinigen wird Okklusionspunkt genannt.

Über dem Kern bildeten sich Wolkenfelder die leichten Regen über dem mittleren Atlantik mit 4 bis 6 mm Regenmenge, über einen Zeitraum von 6 Stunden brachten. AMREI zeigte bereits früh Anzeichen von Verstärkung. An seiner Vorderseite meldete ein Schiff bei 15°C im Durchschnitt kräftigen Südwestwind mit 65 km/h, weiter östlich wurde subtropische Luft aus dem Seegebiet der Azoren mit einer lebhaften Strömung nach Norden geführt. Gleichzeitig floss auf der Rückseite von AMREI Frostluft aus Neufundland auf den Nordatlantik.

In den folgenden 24 Stunden verlagerte sich AMREI zum Seegebiet südlich von Island und vertiefte sich um etwa 30 hPa auf einen Kerndruck unter 970 hPa (7. Januar, 01 Uhr MEZ). Dabei herrschte in Island trübes und regnerisches Wetter bei Temperaturwerten in Gefrierpunktnähe und schwachem Wind. Wenig weiter östlich jedoch kam es zu einer furiosen Südströmung. Um 10 Uhr MEZ wurden im schottischen Cairngorm, welches in einer Höhe von 1237 Metern über dem Meeresspiegel lag, Böen erfasst welche eine Windgeschwindigkeit von 148 km/h erreichten. Dies entspricht der Stärke 12 auf der Beaufort-Skala. Begleitet von Regenfällen erfasste sehr milde Meeresluft Westeuropa. Die Britischen Inseln erreichten Werte um 10°C und auch Teile Norwegens wurden im Tagesverlauf von der milden Strömung erfasst, wobei die Temperatur in Bergen auf 8°C stieg und damit 5 Grad über die zu dieser Jahreszeit üblichen Temperaturen. Zum Abend verlagerte sich das Tief AMREI nach Nordosten, wodurch dann an der Nordseeküste Deutschlands die ersten Auswirkungen bei uns zu beobachten waren, mit einer Zunahme der Windgeschwindigkeit auf bis zu 69 km/h was stürmischem Wind bzw. der Stärke 8 auf der Beaufort-Skala entspricht. Dieses Tief konnte zu diesem Zeitpunkt eine Okklusionsfront aufweisen, im nördlichen Bogen, sowie eine Warm- und Kaltfront. Die Kaltfront verlief im Bogen an den britischen Inseln vorbei, bis zu den Azoren. Die Kaltfront ging dann über in die Warmfront des Tiefs BIANCA. Die Warmfront des Tiefdruckgebiets AMREI zog sich im Bogen vom Kern südlich nach Kristiansand nach Stockholm, bis diese dann in eine Kaltfront eines unbenannten Tiefs überging.

Am 07.01. war der Sturmwirbel AMREI bis über die Insel Jan Mayen gezogen, wo der Kerndruck auf ungefähr 950 hPa gesunken war und eine Temperatur von ca. 3°C herrschte. Im Laufe der Nacht zogen über Deutschland von Westen Wolken auf, die vor allem in den Morgen- und Vormittagsstunden schwachen Regen und Sprühregen mit Niederschlagsmengen bis zu 2mm bzw. am Alpenrand bis zu 5mm brachten. Im östlichen Baden-Württemberg und Bayern kam es zur Bildung von Glatteis, da in diesem Gebiet eine Kaltluftinversion vorhanden war. Eine Kaltluftinversion ist ein Gebiet, in dem am Boden kalte Luftmassen liegen, über der sich wärmere Luft befindet. Dies kann unter anderem zu Glatteis führen, da sich Regen, der aus warmer Luft in die kälter Luft über dem Boden fällt, so stark abkühlt, dass die Regentropfen beim Aufkommen auf den Boden gefrieren.

Im Laufe des Tages brachte die Okklusionsfront Nordeuropa einen Schwall sehr milder atlantischer Luftmassen, wodurch die Temperatur zum Beispiel in Helsinki und Stockholm auf 6°C hinter der Front anstieg, was mehr als 10 K über dem langjährigen Mittel von 1961-1990 lag wo vor der Front noch Temperaturen um ca. 0°C herrschten. Weiterhin brachte der Tiefdruckwirbel AMREI der Küste Schwedens bis zum frühen Nachmittag Windböen bis zu ca. 90km/h was schwerem Sturm oder der Stärke 10 auf der Beaufort-Skala entspricht.

In den Abendstunden kam dann das BIANCA dem Tief AMREI immer näher und nahm in der Nacht zum 08.01. es den Wirbel AMREI in seine Zirkulation auf, weswegen letztere auf der Bodenwetterkarte des 08.01. nicht mehr verzeichnet war.