Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet ANDREAS

(getauft am 14.03.2013)

 

Im Laufe des 13.03. entstand aus zwei Tiefdruckgebieten mit Zentren über der Südküste Grönlands und über Island ein neues Tiefdruckgebiet im Bereich der Dänemarkstraße, der Meerenge zwischen Grönland und Island. Begünstigt wurde diese Entwicklung durch ein kleinräumiges Gebiet von Kaltluft, die sich zu diesem Zeitpunkt in einer Höhe von ca. 5,5 km genau über diesem Gebiet zu einem Höhentief entwickelte.

Das neue gebildete Bodentief wurde am 14.03. auf den Namen ANDREAS getauft und hatte einen Kerndruck von knapp unter 1005 hPa. Am Tauftag zog sich eine Okklusion, eine Mischfront mit Eigenschaften von Warm- und Kaltfront, bogenförmig vom Kern bis Reykjavik. Dort teilte sie sich in eine Warmfront, die südwärts einige Hundert Kilometer Richtung Irland verlief und eine Kaltfront, welche sich einige Hundert Kilometer nach Südwesten über den Nordatlantik erstreckte. Bis zum Morgen fielen in der südostgrönländischen Küstenstadt Angmagssalik 14 l/m² bei durchgängiger Temperatur unter dem Gefrierpunkt als Schnee. In der isländischen Hauptstadt Reykjavik wurde dagegen kein Niederschlag registriert. Hier blieb es unter dichten Wolken und bei Temperaturen von 2 bis 5°C frostfrei.

Über ganz Europa, dem Mittelmeerraum und über Russland bis nach Westsibirien war am 15.03. in der mittleren Troposphäre ein großräumiger Höhentief- und Kaltluftkomplex bestimmend. Auf der Westseite verlagerte sich Tief ANDREAS zusammen mit dem westlichen Höhentief nach Süden in Richtung Irland und Großbritannien. An diesem Tag lag das Tief auf halber Strecke zwischen Island und Irland, wobei sich vom Kern, der sich auf knapp 990 hPa vertieft hatte, eine Okklusion bis zur Nordspitze Schottlands zog. Von dort verlief die Warmfront entlang der Nordseeküste Großbritanniens bis nahe London und die Kaltfront erstreckte sich über die Atlantikküste Schottlands und Irlands bis weit über den Nordatlantik hinaus.

Mit der raschen Überquerung sowohl der Warm- als auch der Kaltfront über die Inselgruppen hinweg, fielen bereits bis zum Morgen an der Westküste Irlands in Shannon und Valentia 7 bzw. 8 l/m², in Stornoway, welches auf einer vorgelagerten Inselgruppe vor Schottland liegt, wurden 9 l/m² registriert. Im Laufe des Tages kamen insbesondere in der Südhälfte Großbritanniens durch länger anhaltende Regenfälle in Bournemouth 15 l/m² und Plymouth 18 l/m² zusammen.

Am 16.03. befand sich das Zentrum von Tief ANDREAS nordwestlich von Irland. Vom Zentrum aus verlief eine ca. 800 km lange Okklusionsfront in einem leichten Bogen nach Osten und teilte sich nordöstlich von Schottland in eine Warmfront, die über die Nordsee bis zu den Niederlande reichte, und in eine Kaltfront, die mit einer leichten Wellenstörung zwischen Großbritannien und Irland hinaus auf den Nordatlantik verlief. Bournemouth meldete erneut 20 l/m² als flüssigen Niederschlag, weiter nördlich in Edinburgh fiel ein Teil der 13 l/m² in der eingeflossenen Kaltluft sogar als Schnee. Dort und in Dublin wurde mit -1°C bzw. -3°C auch leichter Frost verzeichnet. Die Ausläufer von Tiefdruckgebiet ANDREAS streiften nur den äußersten Norden Deutschlands, da hier der Einfluss von Hoch ILSE vorherrschte, sodass nur geringe Mengen als Schnee oder Schneeregen fielen.

Auch am 17.03. konnte sich Tief ANDREAS nicht entscheidend nach Osten verlagern, da das Hoch ILSE weiterhin über Osteuropa lag und eine Verlagerung nach Osten blockierte. Daher konnte die Kaltfront von ANDREAS die Warmfront komplett einholen und sich eine vollständig okkludierte Front vom Zentrum aus über Schottland entlang nach Süden über den Norden Frankreichs und weiter bis über den Nordwesten Spaniens bilden. Entlang dieser Front lag die Höchsttemperatur verbreitet bei 9 bis 11°C und die Niederschlagsmengen meist im einstelligen Bereich, z.B. in Amsterdam mit 5 l/m² oder Paris mit 3 l/m², nur in Lyon gab es mit 14 l/m² innerhalb von 24 Stunden intensivere Niederschläge.

Am folgenden Tag wurde Tiefdruckgebiet ANDREAS als Tiefkomplex mit drei dicht beieinander liegenden Tiefzentren über Irland und der Südhälfte Großbritanniens analysiert. Die deutlich verkürzte Okklusionsfront reichte von London über die Niederlande und Luxemburg bis zur Westschweiz. Der Kerndruck der Zentren betrug 987 bis 989 hPa. Beispielsweise waren in Frankreich bei meist einheitlichen Temperaturen von 10 bis 13°C die Regenmengen sehr unterschiedlich verteilt. In Marseille wurden 1 l/m², Paris 2 l/m² und Bordeaux 9 l/m² gemessen. In Deutschland schaffte es die Okklusionsfront ostwärts gegen den Hochdruckeinfluss bis zu einer Linie von Schleswig-Holstein bis Baden-Württemberg anzukommen. In Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Bremen und Hamburg schneite es dadurch, teilweise auch recht kräftig. So stieg die Gesamtschneehöhe z.B. in Hamburg auf 12 cm und in Lübeck auf 22 cm an. Bemerkenswert war auch der Unterschied der Höchsttemperatur auf eine vergleichsweise geringe Entfernung. Während in Hamburg -0,4°C registriert wurde, stieg die Temperatur an der Mündung der Ems auf 10°C und am Niederrhein auf bis zu 12,5°C an. In Baden-Württemberg fiel nur Regen, der verbreitet 2 bis 8 l/m² innerhalb von 12 Stunden erreichte. Das aus dem südlichen Teil der Front entstandene neue Tief BIRK spaltete sich am 19.03. von Tief ANDREAS ab und zog von der Cote d'Azur nach Polen. Von Tiefdruckgebiet ANDREAS wurden noch zwei Zentren über der Mitte bzw. dem Süden Großbritanniens analysiert. Bei beiden lag der Kerndruck bei etwa 995 hPa. Mit je 5 l/m² fielen in Paris und Luxemburg die größten Regenmengen im Bereich der Okklusion, die nahezu stationär über Brüssel, dem französischen Zentralmassiv und den Alpen verharrte.

Am 20.03. lag das nur noch mit einem Zentrum analysierte Tiefdruckgebiet ANDREAS über dem Ärmelkanal. Südlich davon bildete sich im Bereich eines umfangreichen Niederschlagsgebietes eine neue Kaltfront. Dieses Niederschlagsgebiet griff im Laufe des Tages auf den Südwesten Deutschlands über. Dabei fiel der Niederschlag anfangs bis ins Flachland als Schnee oder Schneeregen. Erst im weiteren Verlauf stieg die Schneefallgrenze an und der Niederschlag ging mit der einfließenden Warmluft verbreitet in Regen über. Im Schwarzwald wurden 8 l/m² bis zum Abend gemessen, am Niederrhein fielen bis zu 14 l/m². Gleichzeitig wurden am Oberrhein 10 bis 11°C erreicht, in Köln durch die intensiven Niederschläge nur 4°C.

Am folgenden Tag konnte sich Tief ANDREAS bis zu den deutschen Mittelgebirgen verlagern. Gleichzeitig schwächte es sich aber vom Kerndruck her auf 1010 hPa ab und auch die Niederschläge gingen zurück bzw. verteilten sich gleichmäßiger. Vom Thüringer Wald bis nach Brandenburg fielen bis zum Morgen 1 bis 6 l/m². In der kälteren Luft wandelte sich das umfangreiche Niederschlagsgebiet in ein Schneefallgebiet um, sodass z.B. im Berliner Raum  5 bis 6 cm Neuschnee hinzukamen und die Gesamtschneehöhe in Berlin-Dahlem auf 19 cm anstieg. Damit wurde an dieser Station ein Rekord für die letzte Märzdekade seit Beginn der Schneemessung im Jahre 1892 aufgestellt. Im Laufe des Tages schneite es sogar noch weiter, sodass zum 12 Uhr UTC-Termin bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt eine Schneehöhe von 20 cm verzeichnet wurde.

Mit der weiteren Ostverlagerung Richtung Karpaten gelangte Tiefdruckgebiet ANDREAS in den Bereich eines namenlosen Tiefdruckkomplexes, der sich von Italien zum Bosporus verlagert und dort weiter verstärkt hatte. Im Laufe des Tages wurde Tief ANDREAS in diesen Komplex aufgenommen, sodass es am nächsten Tag nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte analysiert werden konnte.

 

 


Geschrieben von Matthias Treinzen

Berliner Wetterkarte: 20.03.2013

Pate: Andreas Raeke