Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet ANDREAS
(getauft am 23.03.2011)
Am 22. März lag ein Tiefdruckgebiet über dem Nordkap. Es
besaß eine rücklaufende Okklusionsfront, welche in einem Bogen über die Lofoten
und das Europäische Nordmeer, sowie Nordisland bis an die Ostküste Grönlands
reichte. Eine Okklusionsfront vereinigt sowohl Warm- als auch
Kaltfrontcharakter. In dieser Okklusion verstärkte sich eine Wellenstörung, aus
der sich ein neues Tiefdruckgebiet entwickelte, das für Europa wetterwirksam zu
werden schien. Daher wurde dieses neue Tiefdruckgebiet am nächsten Tag auf den
Namen ANDREAS getauft.
Das Zentrum des Wirbels zog mit der Höhenströmung nach
Osten und lag am 23. März (01 Uhr MEZ) mit einem Luftdruck von ca. 995 hPa
westlich der norwegischen Inselgruppe Vesterålen. Die Zyklone ANDREAS hatte ein
neues Frontensystem gebildet, das vor allem Nordeuropa und teile Mitteleuropas
beeinflusste. Vom Kern reichte eine okkludierte Front nach Südosten bis zu den
Lofoten. Dort spaltete sich die Front in Warm- und Kaltfront auf. Die Warmfront
reichte weiter nach Süden entlang der norwegischen Küste bis östlich von
Trondheim, wo sie an die Front eines voranlaufenden Tiefs anschloss. In diesem
Bereich kam es bereits zu leichten Regen. Die Kaltfront verlief dagegen nach
Westen über das Europäische Nordmeer über den Norden Islands bis an die
grönländische Küste südlich von Angmagssalik und sorgte für einige Schauer.
Aufgrund der Nähe des Tiefs ANDREAS zu dem über Großbritannien liegenden Hoch
NICOLE war das Luftdruckgefälle über Südskandinavien sehr stark, was zu
Windspitzen von 60 bis 70 km/h führte. Der europaweite Spitzenwert wurde in
Thorshavn mit 74 km/h gemessen.
Bis zum Morgen des 24. März bewegte sich die Zyklone ANDREAS
weiter nach Osten. Der Kern befand sich nun nahe dem Nordkap und hatte einen
Kerndruck von etwa 980 hPa. Von diesem verlief eine ausgeprägte Okklusion nach
Süden über Murmansk und Ostfinnland, sowie St. Petersburg bis zum östlichen
Baltikum. Dabei kam es im
finnisch-russischen Grenzgebiet zu mäßigen bis starken Schneefall. Nahe dem
Länderdreieck Lettland-Estland-Russland spaltete sich die okkludierte Front
erneut auf. Die Warmfront verlief nach Südwesten über den Osten Litauens, sowie
über Weißrussland bis nach Zentralpolen. Dagegen verlief die Kaltfront nach
Nordwesten über den Westen Litauens und die südliche Ostsee, sowie
Südskandinavien bis zu den Färöern. Dort
schloss sie an die Warmfront eines nachfolgenden Tiefs an. Während im
norwegischen Bergen bis zu 10 Liter Regen pro Quadratmeter fielen, kam es in
Südskandinavien und Teilen Deutschlands und Polens zu eher leichten
Regenfällen.
Bis zum 25. März (01 Uhr MEZ) blieb das Zentrum von Tief
ANDREAS nahezu stationär, während der Okklusionsprozess der Fronten weiter fortschritt.
Der Kern lag über dem Norden der Halbinsel Kola. Von ihm aus erstreckte sich
eine Okklusion in einem engen Bogen nördlich über dem Weißen Meer, weiter nach
Südosten über Archangelsk bis nach Zentralrussland. Dort kam es verbreitet zu leichten
bis mäßigen Schneefall, örtlich wurde auch Nebel gemeldet.
Am 26. März lag der Kern des Tiefdruckgebiet als
Isobarenausbuchtung nahe der Inselgruppe Nowaja Semlja zwischen einem kräftigen
Tief über dem Nordural und dem ausgeprägten Hoch ORTRUD über dem Europäischen
Nordmeer. Dabei war der Wirbel für Europa kaum noch wetteraktiv.
Am Morgen des 27. März wurde ANDREAS nicht mehr als
eigenständiges Tief auf der Wetterkarte analysiert.
Geschrieben am 17.05.2011 von Benjamin Siebert
Wetterkarte: 24.03.2011
Wetterpate: Dr. Andreas Söchting