Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet ANDREAS

(getauft am 25.07.2015)

 

Ende Juli verlagerte sich ein kräftiger Tiefdruckwirbel von der amerikanischen Ostküste in einer westlichen Höhenströmung über den Atlantik und wurde schließlich am 25.07.2015, da die Zyklone Einfluss auf das Wetter in Mitteleuropa nehmen sollte, auf den Namen ANDREAS getauft. Der Kerndruck des Tiefs lag am Tag der Taufe bei 1000 hPa. Vom Tiefdruckzentrum zog sich eine Okklusion, das heißt eine Front, welche durch das Einholen der Warmfront durch die Kaltfront entsteht, in einem weiten Bogen über den Atlantik nach Südosten. Von dort erstreckte sich eine kurze Kaltfront bogenförmig nach Westen und ging in die Warmfront einer Region tieferen Luftdrucks über. Die Warmfront verlief nach Süden und ging über der Breite von Lissabon in die Kaltfront des über dem Ärmelkanal gelegenen Sturmtiefs ZELJKO über.

In der Westströmung verlagerte sich die Zyklone ANDREAS weiter nach Osten und befand sich am 26.07. um 02 Uhr MESZ einige Hundert Kilometer vor der Küste Irlands. Der Kerndruck vertiefte sich auf 995 hPa. Vom Kern der Zyklone erstreckte sich eine Okklusion sowohl nach Westen und eine weitere nach Osten bis zum Okklusionspunkt westlich der südlichen Küste Irlands. Ab dort verlief die Kaltfront über den Atlantik und schloss sich der Warmfront eines unbenannten über dem Westatlantik gelegenen Wellentiefs an. Die weiter östlich gelegene Warmfront erstreckte sich Richtung Süden nach Portugal. Die Okklusion griff in der Nacht zum 27.07. von Westen auf Deutschland über und führte vor und hinter dem Frontendurchgang zu schauerartigen Niederschlägen. Bis zum Morgen fielen im Westen Deutschlands 12-stündig bis zu 13 l/m² in Elsenborn, meist summierte sich der Niederschlag jedoch nur auf 1 bis 6 l/m², wie in Essen mit 2 l/m², Büchel 6 l/m² oder Diepholz 3 l/m². Auch den Osten Deutschlands erreichten die Niederschläge bis zum Frühtermin um 08 Uhr MESZ, fielen dort jedoch zunächst recht schwach aus, wie mit 0,2 in Wiesenburg, 0,1 in Waren oder 0,7 l/m² in Wernigerode. Nennenswerter Niederschlag wurde aus dem Westen der Niederlande gemeldet. Am Amsterdamer Flughafen Schipol fielen 14 l/m², in De Koy sogar 16 l/m². So blieb auch mit Heranziehen des Tiefs ANDREAS in Deutschland die zyklonale Westlage mit unbeständigem Wetter und dem Einfließen subpolarer Meeresluft erhalten.

Am 27.07. um 02 UHR MESZ lag die Zyklone ANDREAS mit seinen Kernen ANDREAS I über Irland und ANDREAS II über Mittelengland. Die beiden Tiefdruckzentren verband eine Höhenokklusion, welche bis über Süddeutschland reichte. Von dort verlief die Front weiter als Kaltfront, welche sich über Spanien bis über den Atlantik erstreckte und sich dort der Warmfront eines unbenannten Tiefs anschloss. Im Tagesverlauf überquerte die Okklusion der Zyklone ANDREAS Deutschland und erreichte mittags schon den Osten des Landes. Postfrontal traten tagsüber und in der Nacht zum 28.07. zum Teil gewittrige Schauer auf. Nur in Süddeutschland war die Schaueraktivität geringer und seltener. Besonders in Niedersachsen und Schleswig-Holstein fielen gebietsweise ergiebige Niederschlagsmengen. Bis zum Morgen des Folgetages summierten sich die 24-stündigen Niederschlagshöhen auf 81,3 l/m² in Papenburg im Emsland, in Oldenburg fielen 47,1 l/m² und Erfde in Schleswig-Holstein meldete 45,8 l/m². Auch in den Niederlanden fielen hinter der Front nennenswerte Schauerniederschläge in Höhe von 33 l/m² in Stavoren oder 44 l/m² in Nieuw Beerta. Die Temperaturen stiegen in Deutschland meist auf 18 bis 13°C, nur im Südosten wurden höhere Maxima von bis zu 27°C in Regensburg gemeldet. Dort wurden bei geringerer Schaueraktivität bis zu 10 Sonnenscheinstunden, wie in München oder Altenstadt registriert. In den Nachmittagsstunden gewitterte es vor allem im Osten des Landes.

Das Tiefdrucksystem von ANDREAS verlagerte sich bis zum 28.07. nach Dänemark. Ein Kern befand sich um 02 Uhr MESZ über dem Norden Englands, als Tief ANDREAS I benannt, der Kern ANDREAS II lag über der Nordsee. Die Okklusion des Systems verband beide Zentren und verlief weiter über Südschweden, Polen bis nach Ungarn. Von dort erstreckte sich die Front weiter über Italien bis nach Südfrankreich. Der kräftigere Wirbel ANDREAS II wies  einen Kerndruck von 995 hPa auf. Somit änderte die Zyklone ANDREAS ihre Position und Stärke nur geringfügig und der Zustrom maritimer Luftmassen subpolaren Ursprungs nach Deutschland setzte sich in einer westlichen Strömung mit wechselhaftem Wetter fort. Kältere Luftmassen arktischen Ursprungs wurden nach Großbritannien und zum Nordmeertransportiert mit 850-hPa-Temperaturen, das heißt einer Temperatur im Niveau von 850 hPa, nur knapp über dem Gefrierpunkt. So wurden in Schottland nur Höchsttemperaturen von 10 bis 14°C erreicht.  Im 500-hPa-Niveau, das heißt in einer Höhe von ca. 5,5 km drängten sich die Isohypsen über West- und Mitteleuropa für diese Jahreszeit ungewöhnlich stark. Entsprechend hoch waren in diesem Niveau die Windgeschwindigkeiten mit rund 60 Knoten über Mitteleuropa. Auf dem Brocken war es in Deutschland mit einer Spitzenböe von 112 km/h am windigsten. Auch an der Nordsee wehte der Wind zeitweise in Böen bis Stärke 8. Im Westen des Landes stiegen die Temperaturen häufig nicht auf 20°C, nur in der Ost- und Südhälfte erreichten die Temperaturen Werte bis zu maximal 24°C in Gottfrieding oder 26°C in Regensburg. In Berlin stieg die Temperatur nur auf 21°C. Am wärmsten war es an der Donau in Bayern. An der Nordsee gestaltete sich das Wetter wechselhafter mit zeitweise intensiveren Schauerstraßen. 12-stündig bis zum Abend um 20 Uhr MESZ fielen in Steinau im Kreis Cuxhaven 36 l/m², in Quickborn 28 l/m² und am ca. 15 km entfernten Flughafen Hamburg 12 l/m². An der deutschen Ostsee fielen die Niederschlagssummen mit 3 l/m² in Schönhagen oder 0,8 l/m² in Boltenhagen geringer aus. In der Mitte Deutschlands konnten bis zu 8 Stunden Sonnenschein registriert werden, wie am Flughafen Leipzig/Halle oder in Artern. In Norddeutschland reichte es nur für bis zu maximal 5 Sonnenstunden, wie in St. Peter-Ording.

Die Okklusion des Wirbels ANDREAS überquerte in den Morgenstunden des 29.07. Westrussland. Die einfließende labil geschichtete maritime Polarluft sorgte in Deutschland und nun auch in Polen und Westrussland für zahlreiche Schauer und Gewitter. Das Tief ANDREAS wies nun wieder einen Kern auf, welcher sich mit einem Zentrumsdruck von etwa 995 hPa über Dänemark befand. Die Höhenokklusion der Zyklone ANDREAS erstreckte sich sowohl von der Küste Ostirlands bis zum Kern, als auch von Dänemark, Weißrussland bis nach Polen und ging dort in eine Kaltfront über, welche über Ungarn in die Warmfront eines Wirbels über Norditalien überging. Über dem Mittelmeerraum dagegen setzte sich eine Hochdruckzone durch, die für Wolkenauflösung und hohe Temperaturen mit bis zu 40°C in Spanien sorgte. Die höchsten Temperaturen in Deutschland mit bis zu 23°C traten im Rhein-Main-Gebiet, im Raum Oder und in Südostbayern auf. Dort wurden auch die höchsten Sonnenscheinstunden mit bis zu 10 Stunden registriert. In der labil geschichteten Luft kam es auch zu zahlreichen Schauern und Gewittern. 24-stündig fielen bis zum nächsten Morgen stellenweise über 30 l/m², wie in Hohn in Schleswig mit 33 l/m². In Juliusruh auf Rügen wurden sogar 53,7 l/m² gemessen. Im polnischen Mikolajki wurden im selben Zeitraum 12 l/m² aufgezeichnet.

Zum Folgetag verlagerte sich das Zentrum der Zyklone ANDREAS nur geringfügig. Der Kerndruck schwächte sich auf etwas unter 1000 hPa ab. Die Okklusionsfront verlief von der deutschen Ostseeküste bogenförmig um den Kern nach Nordosten über Schweden, Finnland und Russland und erstreckte sich ab der Breite von Moskau nach Südwesten und ging dort in die Warmfront des zuvor über Norditalien gelegenen unbenannten Tiefs über. Die nach Russland einfließenden maritimen Luftmassen polaren Ursprungs ließen die Temperaturen bis auf 23°C steigen. Südlich des Einflussbereiches von Tief ANDREAS floss in Richtung Schwarzes Meer kontinentale Tropikluft und sorgte für Temperaturmaxima bis 40°C. Nach Deutschland flossen mittlerweile kühle Luftmassen arktischen Ursprungs vom Nordmeer. Im Bereich der Okklusion kam es vorübergehend zu Schauern. So summierten sich die Niederschläge bis zu den Morgenstunden auf 22 l/m² in Helsinki, 17 l/m² in Tallinn und 4 l/m² St. Petersburg.

Der zuvor über Südschweden gelegene Höhenwirbel zog weiter nordostwärts zum Finnischen Meerbusen. Von dort verlief die Okklusion des Tiefs ANDREAS nach Südosten bis weit über Zentralrussland und ging in eine Kaltfront über, welche sich der Warmfront einer über Norditalien gelegenen Zone tieferen Luftdrucks anschloss. Die Grenze zwischen erwärmter maritimer Subpolarluft nördlich des Frontensystems und Subtropikluft über Südosteuropa und Schwarzem Meer blieb erhalten. Darin eingebettet waren einige gewittrige Schauer. Im rumänischen Ocna Sugatag fielen 24-stündig bis 20 Uhr MESZ 10 l/m², in Liubashivka in der Ukraine 17 l/m² und in Nähe des Tiefdruckzentrums in Helsinki 22 l/m².

Zum 01.08. verlagerte sich der auf unter 1005 hPa abgeschwächte Wirbel ANDREAS weiter nach Nordosten Richtung Nordwestrussland. Von dort verlief die Okklusionsfront zu einem weiteren Tiefdruckzentrum nahe dem Uralgebirge. Im Norden Russlands sorgte die Zyklone ANDRES für weitere Niederschlagsaktivität. So wurden 24-stündig bis zum Abend um 20 Uhr MESZ an der Station Segeza 22 l/m² oder in Raznavolok 13 l/m² gemeldet bei Temperaturen bis maximal 19°C. Zum Folgetag verlagerte sich das Tiefdruckzentrum in Richtung der Halbinsel Kola. Die zum Tief ANDREAS zugehörige Okklusionsfront verlief nach Osten aus dem Analysebereich der Berliner Wetterkarte. Am 03.08. lag das Zentrum der Zyklone unverändert weiter östlich der Halbinsel Kola. Von dort verband der Wirbel eine Okklusion mit einem Tief über der finnisch-schwedischen Grenze sowie nach Osten mit einem weiteren unbenannten Wirbel. Im weiteren Verlauf zog dieses Tiefdrucksystem weiter nach Osten und beeinflusste nicht weiter das Wettergeschehen in Mitteleuropa, daher wurde der Wirbel ANDREAS nicht weiter namentlich auf der Berliner Wetterkarte verzeichnet.

 


Geschrieben am 10.08.2015 von Natja Bublitz

Berliner Wetterkarte: 27.07.2015

Pate: Andreas Raab