Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet ANDREAS

(getauft am 27.07.2013)

 

Ende Juli hatte sich der großräumige Tiefdruckkomplex ZAKI über dem Nordostatlantik westlich der Iberischen Halbinsel und Großbritannien entwickelt. Auf dessen Vorderseite wurde in Richtung Mitteleuropa heiße und feuchte Luft aus der Mittelmeerregion geleitet. Zwischen der Mittelmeerluft und der kühlen Atlantikluft bildete sich eine Frontalzone heraus, die als Wiege neuer Tiefdruckgebiete diente. Bereits am 26. Juli bildete sich über Nordspanien eine kleine Welle in dieser Frontalzone, die sich im Tagesverlauf nach Nordosten verlagerte. Am frühen Morgen des 27. Juli konnte sich durch diese Welle schließlich ein Tiefdruckgebiet herausbilden, das noch am gleichen Tag auf den Namen ANDREAS getauft wurde.

Zum Analysezeitpunkt befand sich der Kern der Zyklone über Westfrankreich, wobei der Kerndruck etwas weniger als 1010 hPa betrug. Das Frontensystem setzte sich aus einer Warmfront zusammen, die sich vom Kern ausgehend nach Nordosten bis zur niederländischen Grenze erstreckte. Daneben existierte eine Kaltfront, die ebenfalls vom Kern ausging und nach Südwesten bis zu den Pyrenäen reichte. Die mit den Frontensystemen verbunden Hebungsvorgänge sorgten für örtlich sehr hohe Niederschlagsmengen. Bis um 02 Uhr MESZ fielen dabei innerhalb von 6 Stunden 49 l/m² Regen in Bordeaux. Im weiteren Tagesverlauf entwickelten sich vor allem entlang der Kaltfront Gewittercluster. Caen in Nordfrankreich registrierte so beispielsweise 30 l/m² gegen 20 Uhr MESZ innerhalb von 6 Stunden. Die Gewittercluster erreichten am späten Abend die Grenze zu Belgien, sodass dort über die Nacht verbreitet Mengen um 25 bis 35 l/m² gemessen werden konnten.

Bis zum frühen Morgen des 28. Juli verlagerte sich der Kern von Tief ANDREAS bis London, wobei der Druck auf knapp unter 1000 hPa gefallen war. Im unmittelbaren Kernbereich hatte sich zudem eine sogenannte Okklusionsfront gebildet. Diese Frontenart stellt eine Mischform aus Warm- und Kaltfront dar. Sie erstreckte sich etwas nach Osten bis über die Nordsee, wo sich der Okklusionspunkt befand. Von dort aus zog sich die Warmfront nach Nordosten etwa bis Göteborg in Südschweden. Die Kaltfront reichte hingegen leicht bogenförmig nach Süden und erstreckte sich dabei über Belgien bis Zentralfrankreich. Besonders nahe des Tiefzentrums und vor der nach Nordosten voranrückenden Kaltfront beeinflusste die Zyklone ANDREAS das Wettergeschehen. Im zentralen Großbritannien fiel beispielsweise ergiebiger Landregen, der meist für Mengen um 25 bis 35 l/m² sorgte. Bis zum frühen Morgen des Folgetages, dem 29. Juli, konnten in Bingley 31 l/m² innerhalb von 24 Stunden registriert werden. Besonders heftiger Regen fiel jedoch in der nordenglischen Stadt Carlisle, an deren Wetterstation 84 l/m² im gleichen Zeitraum gemessen wurden. Über Deutschland bildeten sich hingegen vereinzelte gewittrige Schauer, die örtlich für größere Regenmengen sorgten. In nordrhein-westfälischen Warburg konnten zwischen 08 Uhr und 20 Uhr MESZ 18 l/m² ermittelt werden. Ähnlich hohe Mengen registrierten auch Stationen in Baden-Württemberg, wie in Freudenstadt mit 21 l/m² oder auf dem Feldberg mit 17 l/m² im selben Zeitraum.

Im Tagesverlauf verlagerte sich die Zyklone ANDREAS unter leichter Druckvertiefung nordwärts. Am Morgen des 29. Juli lag der Kern des Tiefs schließlich mit einem Druck von ca. 995 hPa über den Shetlandinseln. Mit der zunehmenden Reifung des Tiefdrucksystems setzte sich die Okkludierung des Frontensystems fort. Die Okklusionsfront reichte zum Analysezeitpunkt spiralförmig nach Norden und Osten über Südnorwegen und Schweden bis etwa Stockholm. Dort befand sich der Okklusionspunkt, an dem sich die nach Südosten reichende Warmfront anschloss. Sie reichte über die Ostsee und Polen bis über die nördlichen Karpaten. Die ebenfalls vom Okklusionspunkt ausgehende Kaltfront verlief leicht bogenförmig über Südschweden und die Oderregion bis Nordbayern. Zudem spaltete sich über Nordskandinavien eine weitere Warmfront von der Okklusion ab und reichte nach Nordosten etwa bis zur nordschwedischen Stadt Kiruna. Die Verlagerungsrichtung nach Norden hielt das Tiefdruckgebiet im Laufe des Tages bei, wobei der Luftdruck im Kern wieder langsam zu steigen begann. Gleichzeitig zog das Frontensystem weiter nordostwärts. Das Wetter entlang der Okklusionsfront war durch schauerartig verstärkte Regenfälle gekennzeichnet. So fielen in der nordnorwegischen Küstenstadt Bodö 5 l/m² innerhalb von 12 Stunden. Zudem bildeten sich am Abend sogar einige Gewitter im Norden Finnlands und Norwegens, die finnische Stadt Padun meldete gegen 20 Uhr MESZ ein mäßiges Gewitter. Wenig später, um 22 Uhr MESZ, wurde am Flughafen des norwegischen Blastfjords ebenfalls ein Gewitter beobachtet.

Mit einem Kerndruck von etwas weniger als 1000 hPa wurde die Zyklone am Morgen des 30. Juli etwa 500 km östlich von Island über dem europäischen Nordmeer analysiert. Dabei okkludierte das Frontensystem im Verlauf des Vortages und der Nacht bis zum Analysezeitpunkt vollständig. Die Okklusionsfronten des Tiefs teilten sich in zwei Bereiche auf, einer erstreckte sich vom Kern ausgehend nach Nordosten über das Europäische Nordmeer bis zum Nordkap und verlagerte sich rückläufig. Der zweite Teil schloss sich wenige Hundert Kilometer nördlich der Lofoten an und reichte nach Süden. Diese Front zog sich über Nordnorwegen und -schweden entlang der finnischen Westküste bis Stockholm. Die Gewitterschauer des vergangenen Abends lösten sich im Laufe des frühen Morgens rasch auf, wobei die mit den Okklusionsfronten verbundenen Niederschlagsgebiete erhalten blieben. Mit der bestehenden nördlichen Verlagerungsrichtung der Fronten zogen diese über das Europäische Nordmeer und die Barentssee. Gleichzeitig nahm die Verlagerungsgeschwindigkeit des Tiefdruckgebietes ab.

Mit einem konstant gebliebenen Luftdruck im Zentrum des Tiefs ANDREAS von etwa 1000 hPa befand es sich am 31. Juli 500 km südlich von Jan Mayen. Die Okklusionsfront der Zyklone ANDREAS erstreckte sich nach Norden über Jan Mayen bis über die Barentssee genau zwischen dem Nordkap und Spitzbergen. Auf Jan Mayen führten die mit der Okklusionsfront verbundenen Niederschlagsgebiete zu leichtem Regen. Die Wetterstation auf der Insel registrierte zwischen 20 Uhr des Vortages bis 08 Uhr MESZ 4 l/m².

Allmählich ließ die Niederschlagsaktivität jedoch nach und die Okklusionsfront schwächte sich zusammen mit dem Tief zusehends ab. Die Zyklone ANDREAS löste sich im weiteren Verlauf schließlich komplett auf und konnte daher am 2. August nicht weiter in der Berliner Wetterkarte analysiert werden.

 


Geschrieben von Alexander Bütow

Berliner Wetterkarte: 29.07.2013

Pate: Andreas Hauer