Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet ANDRÉ
(getauft am 03.01.2019)
Anfang Januar
2019 war für Mitteleuropa das Hochdruckgebiet ANGELA wetterbestimmend, das
lange Zeit mehr oder weniger stationär über Westeuropa lag. Gestützt wurde es
dabei durch einen Höhenrücken, also einen ausgedehnten Bereich hohen Luftdrucks
in etwa 5 km Höhe, durch den eine nordwestliche Strömung von Island nach
Zentraleuropa entstand, die ebenfalls tagelang anhielt. In dieser Strömung entstand
am 03.01. zwischen Grönland und Spitzbergen das Tiefdruckgebiet ANDRÉ und wurde
dementsprechend auf der Analysekarte dieses Tages als erstes Tief des Jahres
2019 getauft.
Um 00 Uhr UTC
des Tauftages verfügte der Tiefdruckkern des Wirbels ANDRÉ bei einem Kerndruck
von knapp 995 hPa bereits über ein Frontensystem. Vom Zentrum aus zog sich eine
Okklusionsfront – eine Front, die Eigenschaften von sowohl Warm- als auch
Kaltfront in sich vereint – in südöstliche Richtung, ehe sie sich westlich des
Nordkaps in eine bis kurz vor Trondheim reichende Warmfront und eine bei der
arktischen Insel Jan Mayen in die Warmfront eines unbenannten Tiefs übergehende
Kaltfront aufspaltete. Entlang der Kaltfront hielt sich die Wetteraktivität in
Grenzen, an der Warmfront dagegen war vor allem die Region um die Lofoteninseln
von stärkeren Niederschlägen betroffen; So fielen in Sortland zwölfstündig bis
18 Uhr UTC 23 mm Regen.
Über dem
Inland Nordskandinaviens war es bei Frontendurchgang durchweg trocken
geblieben, sodass tags darauf der Okklusionspunkt, also der Ort, an dem sich
die Okklusionsfront bildet, über dem Norden des Bottnischen Meerbusens lag.
Derweil hatte sich das Tiefdruckzentrum der Zyklone ANDRÉ nur wenig verlagert
und befand sich mit einem abgeschwächten Druck von etwa 1002 hPa über der
Bäreninsel. Die Warmfront reichte nun südwestwärts über Schweden und Dänemark
bis Ostengland, während die Kaltfront über Zentralskandinavien nach Nordwesten
abbog. Durch postfrontale Föhnwinde kam es in Teilen Lapplands zu starken
Temperaturschwankungen, so zum Beispiel im schwedischen Kvikkjokk nördlich des
Polarkreises auf 320 m Höhe, wo in der Nacht zum 04.01. eine Höchsttemperatur
von +5°C erreicht wurde, während die Temperaturen der vorigen und der
darauffolgenden Nacht unter -20°C lagen. Niederschlag gab es an diesem Tag
hauptsächlich in der Region des Okklusionspunktes, der im Verlauf über
Südfinnland und das nördliche Baltikum zog. Diese Niederschläge erreichten den
Erdboden in Form von Schnee, Regen oder gefrierendem Regen, waren aber auf zwölfstündige
Mengen unter 5 mm begrenzt. Zudem kam es im gleichen Zeitraum bis 18 Uhr UTC an
der Kaltfront zu zweistelligen Niederschlagsmengen an der norwegischen Küste,
die allmählich südwärts zogen und maximal 42 mm in Åfjord erreichten.
Bis 00 Uhr
UTC des 05.01. hatte sich das Zentrum des Tiefs ANDRÉ deutlich nach Süden über
den Okklusionspunkt verlagert. Zu diesem Zeitpunkt befand sich dieser bei einem
Druck von etwa 1006 hPa über Litauen. Aus einer nur noch kurzen Okklusionsfront
im Kern entsprangen Richtung Südwesten eine Warmfront bis etwa über
Nordrhein-Westfalen sowie eine Kaltfront nach Nordwesten bis über
Zentralschweden. Da sich die Warmfront in der nordwestlichen Strömung auf die
Alpen zu bewegte, kam es an deren Nordrand weiterhin zu anhaltenden
Schneefällen mit 24-stündigen Niederschlagssummen von verbreitet über 40 mm bis
06 Uhr UTC des 06.01. zwischen Friedrichshafen und Salzburg. Auch im Flachland
gab es anhaltenden Niederschlag, der allerdings bei Temperaturen über 5°C als
Regen fiel. Nur im Nordosten Deutschlands und Teilen von Rheinland-Pfalz blieb
es trocken.
Zum 06.01. um
00 Uhr UTC hatte sich der Tiefdruckwirbel ANDRÉ weiter nach Süden verlagert und
lag nun mit einem Kerndruck von etwa 1007 hPa wenig westlich von Kiew. Trotz
der geringen Intensität im Vergleich zum Standardatmosphärendruck von 1013 hPa
war die Wetteraktivität weiterhin recht stark, da die Warmfront an den Alpen
für rege Niederschlagstätigkeit sorgte. Zum Beispiel maß die Station am Jenner
bei Berchtesgaden in vier aufeinanderfolgenden 12-Stunden-Zeiträumen jeweils
mehr als 20 mm Niederschlag. In der Ukraine im Bereich des Tiefdruckkerns waren
dagegen nur geringe Niederschlagsmengen bis 5 mm zwölfstündig zu beobachten. Im
Laufe des Tages schwächte sich das Tief ANDRÉ zusehends ab und schloss sich zudem
einem über dem Schwarzen Meer liegenden Tiefdruckgebiet an, sodass es ab dem
Folgetag nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte verzeichnet wurde.
So war das
Tief ANDRÉ von Grönland über Schweden und ganz Osteuropa bis zum Schwarzen Meer
gezogen und führte damit eine Reihe von Tiefdruckgebieten an, die im Januar
2019 den Nordalpen Rekordschneefälle bescherten.