Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
ANGELIKA
(getauft
am 18.08.2010)
Am
13.08. bildete sich vor der Ostküste der USA ein neues Tief an einer lang gestreckten
Frontalzone, die kalte Polarluft im Norden von subtropischer Luft im Süden
trennte. Diese erstreckte sich von Washington über die Bermuda-Inseln
und Neufundland bis nach Südgrönland und Island. Bereits an diesem Tag gab es auf
den Bermuda-Inseln zahlreiche Schauer und Gewitter,
die innerhalb von 24 Stunden 17 Liter Regen pro Quadratmeter brachten. Aufgrund
des dort recht schwach ausgeprägten Troges in der Höhe und der daher auch
schwachen Höhenströmung, verlagerte sich das Tief am Boden nur sehr langsam an
der Frontalzone entlang nach Nordosten. Der Kerndruck sank anfangs nur wenig
auf etwa 1005 hPa und stieg sogar bis zum 17.08. wieder auf etwa 1010 hPa an.
An diesem Tag erreichte das Tief erst die Westküste Neufundlands. Da es bisher
nur über dem Nordatlantik aktiv war, lagen für die ersten Tage, mit einer
Ausnahme, auch nur Wettermeldungen von Schiffen vor, die die transatlantischen
Schifffahrtsrouten befahren. So wurden auf der Vorderseite des Tiefs (östlich
des Tiefzentrums befand sich die Warmluft) um 00 Uhr UTC, ca 02 Uhr Ortszeit, bis zu 25°C gemessen, während
etwa 500km westlich von der Rückseite nur 14 bis 15°C gemeldet wurden. Der
mittlere Wind dagegen war im gesamten Bereich um das Zentrum, auch aufgrund der
fehlenden Reibung der Erdoberfläche, recht stark und lag zwischen 25 und sogar
45 kn, was etwa 46 bis 83 km/h entsprach.
Am
18.08. war dann abzusehen, dass das Tief auch das europäische Wettergeschehen beeinflussen
würde. Daher fand an diesem Tag die Taufe auf den Namen ANGELIKA statt. Der in
der Höhe über ANGELIKA liegende schwache Trog verschmolz mit dem deutlich
stärker ausgeprägten Trog über Irland, sodass sie ihre Zugbahn am Boden von
einer nordöstlichen in eine östliche Strömung änderte. Durch die viel
kräftigere Höhenströmung konnte sich nun ANGELIKA wieder verstärken und auch
das sich abschwächende, ehemals steuernde Tief ZUSEL über Irland übernehmen. Am
19.08. sank so der Kerndruck erstmals unter 1000 hPa. Gleichzeitig erreichte ANGELIKA
die Britischen Inseln und ermöglichte so die ersten Wettermeldungen von festen
Wetterstationen. Bis zum Morgen des 20.08. fielen dort verbreitet 3 bis 4 Liter
Regen pro Quadratmeter, der Wind war mit bis zu 35 km/h im Mittel aber deutlich
schwächer als in den vorangegangenen Tagen über dem Atlantik.
Mit
knapp unter 990 hPa erreichte ANGELIKA im Laufe des Tages ihren tiefsten Wert,
womit auch eine Zunahme der Niederschlagstätigkeit einherging. Im Tiefzentrum
über den Färöer-Inseln fielen innerhalb von 24
Stunden 12 l/m², in Skandinavien sogar noch mehr Regen, z.B.
in Bergen 19 l/m² und Göteborg 15 l/m². Die Höchsttemperaturen lagen in den von
ANGELIKA beeinflussten Gebieten verbreitet um oder über 20°C, nur im Zentrum
war es mit 11°C wesentlich kühler.
Der
Norden Deutschlands wurde von ihr allerdings nur gestreift. Dort fielen nur wenige
Tropfen Regen aus den doch zum Teil recht dichten Wolkenfeldern. Die geringste
Sonnenscheindauer wurde an der Nordseeküste Schleswig-Holsteins mit unter einer
Stunde registriert. Diese nahm aber rasch nach Süden und Osten hin zu und
erreichte z.B. in Bremen schon 7 Stunden, in Hannover
und auf Rügen sogar 11 Stunden. Die Höchsttemperaturen unterschieden sich
trotzdem nur wenig von denen im sonnigeren Bereich und lagen mit 21-24°C wie an
den Küsten im Sommer üblich mit etwa 2 bis 5 Grad unter denen im Landesinneren.
Von
Spanien über die Alpen bis nach Weißrussland dominierten in der Höhe warme bis
heiße Luftmassen und am Boden Hochdruckgebiete und verhinderten so ein weiteres
Vordringen von dem Höhentrog und ANGELIKA nach Mitteleuropa. Diese musste am
21.08. und 22.08. nach Nordosten über das Skandinavische Gebirge ausweichen.
Dementsprechend gab es dort einen Staueffekt und verbreitet kräftige
Niederschläge, was sehr gut am Beispiel von Bergen zu sehen ist. Dort fielen
bis zum Morgen des 22.08. 8,4 l/m² innerhalb von 24 Stunden, in den folgenden
12 Stunden kamen durch starke Schauertätigkeit
weitere 24 l/m² hinzu.
Auch
ab dem 23.08. zeigte ANGELIKA kaum Tendenzen einer Abschwächung, da der
Kerndruck immer noch zwischen 990 und 995 hPa lag. Sie war zu diesem Zeitpunkt
Teil einer Kette kleinerer zusammenhängender Tiefdruckgebiete von Mittelnorwegen über Finnland bis zum südlichen Ural. In
diese Richtung verlagerte sie sich auch weiter, war aber von den Niederschlägen
her nur noch wenig aktiv. Beispielsweise wurden in Archangelsk 3 l/m² und in
Perm am Ural 5 l/m² gemessen.
ANGELIKA
überquerte am 25.08. den Ural und verließ so den Bereich der Bodenwetterkarte
nach Osten, immer noch mit einem Kerndruck von etwa 995 hPa. Sie erschien
aufgrund der vergleichsweise langsamen Zuggeschwindigkeit beachtliche 13 Tage
auf der Berliner Wetterkarte.
Geschrieben am 21.09.2010 von Matthias Treinzen
Wetterkarte: 20.08.2010
Pate: Marcus Balzer