Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet ANGELOS

(getauft am 27.12.2009)

 

Am Sonnabend, den 26.12., zog von Westen her ein Tiefdruckgebiet, mit einem Kerndruck unter 983 hPa, auf den mittleren Atlantik - ungefähr 1000 km südöstlich von Neufundland. Bis zum nächsten Tag verlagerte sich das Tief bis zu den Azoren. Da bereits absehbar war, dass es Mitteleuropa beeinflussen würde, wurde es auf den Namen ANGELOS getauft.

Im Laufe des 27.12. erreichte die Warmfront, mit subtropischer Luft, die portugiesische Küste. So fielen bis zum nächsten Morgen 24-stündig in Vila Real 37 und in Sintra 58 l/m².

ANGELOS lag immer noch recht stabil, mit einem Kerndruck unter 974 hPa auf dem mittleren Atlantik. Seine Ausläufer zogen rasch voran und erreichten am Morgen des 29.12. bereits die Benelux-Länder und das Vereinigte Königreich. Im Zuge der Warmfront setzte bereits in der Nacht im äußersten Südwesten Deutschlands Schneefall ein, der bald in Regen überging. In Frankreich stieg die Temperatur zur Mittagszeit verbreitet über 10°C, die Tageshöchstwerte erreichten zum Beispiel in Clermont-Ferrand, im mittleren Frankreich gelegen, 18°C. Im Süden Spaniens setzte sich sogar tropische Luft durch, wo in Murcia sogar 25°C und in Almeria 22°C gemessen wurden.

Zwischen Dauerfrost im Norden Deutschlands und der Warmluft im Süden bildete sich eine scharf ausgeprägte Luftmassengrenze. Dabei kam es zu kräftigen Niederschlägen, die im Übergangsbereich auch als gefrierender Regen, weiter nördlich als Schnee fielen. Am Nachmittag wurden in Freiburg im Breisgau Temperaturwerte von 13°C gemessen. Bis zum Abend hatte der Niederschlag etwa eine Linie vom Niederrhein zum Westerzgebirge erreicht, wobei es in Thüringen schneite und Erfurt am Abend eine Neuschneehöhe von 4 cm meldete.

Bis zum 30. spaltete sich der Tiefdruckkern von ANGELOS in zwei Teile auf. Einer lag nun südwestlich von Irland, während der zweite in selber Richtung 800 km entfernt lag. In deren Einflussbereich fiel in Norddeutschland bis zum Morgen ca. 4 cm Schnee. Nach Süden hin fiel dagegen selbst in den Höhenlagen der Mittelgebirge Regen. So meldete der Brocken bei 0°C gefrierenden Nieselregen, Braunschweig dagegen bei -1°C mäßigen Schneefall. Am Vormittag ging auch im südlichen Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und im südlichen Brandenburg der Niederschlag in Regen über. In Berlin schneite es bis zum Mittag weiter, und es entstand bis 13 Uhr eine 5 cm hohe Schneedecke. Insgesamt fielen in der Mitte Deutschlands 24-stündig meist 8 bis 15 Liter pro Quadratmeter, im Saarland auch 20 l/m² (z.B. Weiskirchen an der Saar).

Kräftige Hebungsprozesse führten am Vormittag im Süden zu weiteren Regenfällen, dabei fielen in Kehl 6-stündig bis zum Mittag 8 l/m². Zwischen Oldenburg und Berlin wurde ein Eistag (Höchsttemperatur < 0,0°C) verbucht, sonst lagen die Werte in der Nordhälfte Deutschlands zwischen 0°C und 4°C (an der Nordsee). Auf dem Brocken wurde eine Höchsttemperatur von 1,9°C gemessen, weshalb die Schneedecke, deren Höhe dort am Mittwoch früh noch 57 cm betrug, nach Regen, Glatteisregen und Schneeregen nun nur noch eine Höhe von 45 cm aufwies. Im äußersten Südwesten war es bei Werten über 10°C dagegen noch milder: Freiburg im Breisgau 12,1°C.

Bis zum nächsten Morgen, dem 31. Dezember erhöhte sich die Schneedecke im Vergleich zum Vortag in Bremen von 4 cm auf 7 cm, in Fassberg in der Lüneburger Heide von 3 cm auf 11 cm und in Magdeburg von 2 cm auf 8 cm.
Im Berliner Raum, wo am Vortag Schneehöhen von 1 cm bis 2 cm registriert wurden, lagen morgens 10 cm in Tegel und 16 cm in Dahlem. Südlich der Luftmassengrenze regnet es dagegen zum Teil ergiebig. So wurden in Freiburg im Breisgau 18,7 Liter pro Quadratmeter, in Straubing 11,1 Liter pro Quadratmeter gemessen. Auf den Gipfeln der südlichen Mittelgebirge war es sogar noch mehr: Feldberg im Schwarzwald 32,5 Liter pro Quadratmeter, Großer Arber im Bayerischen Wald 20,4 Liter pro Quadratmeter. Hier lagen die Tiefstwerte der Temperatur in der Nacht auch nur wenig unter dem Gefrierpunkt, in den tieferen Lagen wurde die 0°C-Grenze nicht unterschritten, und es war bei Werten bis nahe 8°C im Breisgau sehr mild.
Nördlich einer Linie Münsterland – Leipziger Tieflandsebene dagegen sank die Temperatur auf Werte zwischen -1°C und -2°C.

Die beiden Tiefdruckkerne lagen nun jeweils vor Irland und über dem Osten Deutschlands. Bis zum Neujahrstag schaffte es das eine Teiltief bis vor die Nord- und Westküsten der Iberischen Halbinsel, wo es ergiebige Schauerniederschläge mit sich brachte, währende das andere Tief über Deutschland verweilte. So fielen in Vila Real 23 mm und in Pontevedra und Santiago sogar 31 Liter in 24 Stunden.

Südlich der Tiefdruckzone ANGELOS II, über Deutschland, fiel der Niederschlag meist als Regen, nur auf den Mittelgebirgsgipfeln auch als Schnee, in der Nacht blieb es südlich von Neckar und Donau trocken und in 24 Stunden wurden hier zwischen    1 mm und 4 mm registriert. Nach Norden hin schloss sich eine etwa 150 km breite Zone an, in der es Sprühregen, zum Teil mit Glatteisbildung, Regen und Schneeregen gab. Die höchsten Niederschlagsmengen meldete Michelstadt-Vielbrunn im Odenwald mit 11,1 mm und die Wasserkuppe mit 11,6 mm, hier ging der Sprühregen zwischen  3 Uhr und 4 Uhr in Schnee über. Weiter nördlich schneite es bis in das Gebiet zwischen dem Emsland im Westen und der Uckermark im Osten. Meist kamen dabei 2 mm bis 7 mm in 24 Stunden zusammen, rund um den Harz auch etwas mehr als       9 mm (Artern, Wernigerode). Die Schneedecke erhöhte sich dort nun wieder: Braunlage von 14 cm auf 21 cm, Brocken von 45 cm auf 52 cm. Aber auch an den tiefer gelegenen Stationen konnten erhebliche Zuwächse verbucht werden: Diepholz von 3 cm auf 13 cm, Hannover von 6 cm auf 15 cm. 

Im Berliner Raum wurden am Morgen des 1.1.2010 zwischen 15 cm (Tegel, Schönefeld, Lindenberg) und 18 cm (Potsdam und Dahlem) gemessen.

Innerhalb kürzester Zeit lösten sich nun die beiden Tiefdruckkerne auf und wurden schon am 2. Januar des neuen Jahres nicht mehr auf der Wetterkarte verzeichnet.


Geschrieben am 26.02.2010 von Norbert Rupsch

Wetterkarte: 31.12.2009

Pate: Manfred Mayr