Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
ANJA
(getauft
am 25.05.2010)
Der Lebenszyklus von ANJA begann, als sich
am 20.05. vor Marokko ein eigenständiges Tief herausbildete, welches sich in den
Folgetagen von 1008 auf 1013 hPa etwas abschwächte, gleichzeitig aber seinen
Einflussbereich bis nach Portugal ausweitete.
Am 22.05. wurde die spätere Zyklone ANJA Teil
eines langen Frontensystems, welches bis nach Skandinavien reichte. Anschließend
verwirbelte sich das Tief vor der Küste Portugals, wobei der Kerndruck wieder
auf 1010 hPa sank. Da die Wettermodelle nun eine Verlagerung des Tiefs nach
Mitteleuropa vorhersagten, wurde es am Morgen des 25.05. auf den Namen ANJA
getauft. Noch am selben Tag zog das Tief von der Küste Portugals bis zum Kanal
vor England, wo es sich mit den Fronten von Tief ZAZA über Westrussland
verband. Diese Frontlinie entsprach der Luftmassengrenze zwischen subpolarer
Meeresluft (mP) und subtropischer Luft (xS), die sich am 26.05. von der Bretagne über
Süddeutschland bis zum Asowschen Meer erstreckte. Entlang
dieser Linie zog das Tief ANJA mit ihrem Zentrum von 1005 hPa rasch ostwärts,
wobei es umfangreiche Regengebiete mit sich führte, die zunächst an der
französischen Kanalküste mit schweren Gewittern und ergiebigen Regenmengen
einhergingen. In der Nacht zum 26.05. fielen beispielsweise in Dinard 104 l/qm, in Dieppe
immerhin noch 53 l/qm und in Touquet 49 l/qm. Danach
gab es auch in Süddeutschland, Schweiz, Österreich und Tschechien 24-stündige
Regenmengen von mehr als 10 l/qm, vereinzelt auch über 30 l/qm, beispielsweise
Ingolstadt: 32,6 l/qm und San Bernardino: 33,1 l/qm, die meist von gewittrigen
Schauern ausgingen.
Am 27.05. verlagerte sich der Kern von ANJA
(1009 hPa) zum Baltikum, während sich über der Nordsee ein weiteres namenloses
Tief bildete, welches die nachfolgende Frontenschleppe des Tiefs ANJA erneut
verwirbelte. Dadurch blieb es vor allem über West- und Süddeutschland stark
bewölkt und regnerisch, bei deutlich kühleren Temperaturen. Lediglich in den
südlichsten Landesteilen wurde noch einmal die 20°C-Marke überschritten, wie in
Freiburg mit 21,2°C, Regensburg mit 20,5°C und Konstanz mit 20,6°C, während im
Norden und Westen des Landes die Temperaturwerte gebietsweise unter 15°C
blieben. Am 28.05. driftete ANJA unter Auflösung weiter zum Schwarzen Meer, wobei
die Reste des Tiefdruckwirbels, mit einem Kerndruck von 1012 hPa, über der
Ukraine noch einige Gewitter brachten, die in Odessa in der Nacht zum 28.05.
mit 20 l/qm innerhalb von 12 Stunden einhergingen. Danach verschwand das Tief
von der Isobarenkarte und war nicht mehr als eigenständiges Tief auszumachen.
Geschrieben am 05.07. 2010 von R. Löwenherz
Wetterkarte: 27.05. 2010
Pate: Robert Krätschell