Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
ANNE
(getauft
am 01.01.2014)
Der starke Temperaturgegensatz zwischen
sehr kalten Luftmassen auf dem nordamerikanischen Kontinent sowie milden
Luftmassen, die von Süden herangeweht wurden, führte auf dem Nordatlantik
südlich von Neufundland in der Neujahrsnacht zur Entwicklung eines
Tiefdruckgebiets, das als erstes Tief des Jahres 2014 am Neujahrstag auf den
Namen ANNE getauft wurde. Um 01 Uhr MEZ befand es sich mit einem Kerndruck von
etwa 1005 hPa einige hundert Kilometer südlich von Neufundland. Es wies eine nach
Südosten gerichtete Warmfront und eine nach Südwesten gerichtete Kaltfront auf.
Bis zum Folgetag verstärkte sich die
Zyklone kräftig und lag mit einem Zentrumsdruck von ca. 980 hPa etwa mittig
zwischen Nordamerika und Europa über dem Atlantik. Wie im Lebenszyklus von
Tiefdruckgebieten üblich, verkleinerte sich im Verlauf der als Warmsektor
bezeichnete Bereich zwischen Warm- und Kaltfront. Die Warmfront zog sich vom
Zentrum ausgehend etwa bis zur Küste Portugals und die Kaltfront reichte
westlich der Azoren in südwestlicher Richtung. Am Morgen um 07 Uhr MEZ meldete
die Station Lajes auf den Azoren stark bewölkten
Himmel. Auf der Iberischen Halbinsel führte milde Luft aus Südwesten zu einer
Temperaturerhöhung im Warmsektor. In Sevilla stieg der Höchstwert im Vergleich
zum Vortag von 14°C auf 17°C an, auch in Barcelona stieg die Temperatur um 3
Grad von 15°C auf 18°C. Im Tagesverlauf verlagerte sich der Wirbel unter
Verstärkung ostwärts.
Am 03.01. um 01 Uhr MEZ lag die sich zum
kräftigen Sturmtief verstärkte Zyklone ANNE mit etwa
954 hPa westlich der irischen Küste. Sie besaß eine Okklusion,
eine Mischfront aus Warm- und Kaltfront, die vom Kern bogenförmig bis zum Okklusionspunkt über der Bretagne vorzufinden war, wo sie
sich in eine bis nach Katalonien reichende Warmfront und eine bis weit auf den
Atlantik hinaus reichende Kaltfront aufspaltete. Mancherorts erreichte der Wind
Orkanstärke. Im am Ärmelkanal gelegenen La Hague
wurden 161 km/h gemeldet, im irischen Mace Head waren es 133 km/h. An der
höher gelegenen schottischen Station Cairnwell wurden
131 km/h als Spitzenböe des Tages registriert. Sogar im britischen Binnenland
erreichte der Wind Sturmstärke, z.B. am Londoner Flughafen Heathrow mit 81
km/h. Auch sorgte die Mischfront und sich hinter der Front entwickelnde Schauer
für zum Teil hohe Niederschlagssummen. So wurde in 24 Stunden bis um 19 Uhr MEZ
aus Tulloch Brigde 54 mm
Niederschlag gemeldet, auch in Dunkeswell fielen 26
mm Regen. An den irischen Messstationen Belmullet und
Connaught wurden 22 mm registriert. Die
Niederschlagsverteilung war dabei recht inhomogen. Der kräftige westliche Wind
trieb die über dem Atlantik gebildeten Schauer zwar weit über das Landesinnere,
jedoch regneten sie sich schongrößtenteils an der
Westküste ab. Somit schwächten sich die Niederschläge auf dem Weg nach Osten
über dem Binnenland schnell ab, wodurch an den Ostküsten teils sehr geringe
Regenmengen gemessen wurden. Auch in Mitteleuropa führte die Front zu
Niederschlag. Im bretonischen Brest wurden im gleichen Zeitraum noch
14 mm gemessen, im belgischen Ostende 7 mm. Ebenso
wurde im Tagesverlauf Deutschland von der Mischfront überquert, dabei blieben
die Niederschlagssummen aber größtenteils unter 1 mm. Hinter der Front wurde zusätzlich
noch eine Konvergenz analysiert, also ein Zusammenströmen von Luft, was
Aufstieg und somit Wolken- und meist auch Niederschlagsbildung zur Folge hat.
Diese sorgte im Nordwesten Deutschlands bis um 07 Uhr MEZ des Folgetags für 2
bis 5 mm Regen. Zuvor stieg die Temperatur im Ruhrgebiet durch die Zufuhr
milder Luft auf 12 bis 13°C an.
Mit einem Kerndruck von knapp unter 965 hPa
lag das Zentrum des Tiefdruckgebiets ANNE am 04.01. um 01 Uhr MEZ über den
Färöer-Inseln. Die Okklusion zog sich von dort aus
bis über die Dänische Südsee, wo sie sich in eine bis Slowenien reichende
Warmfront und eine bis zu den Schweizer Alpen verlaufende Kaltfront aufteilte.
Im norwegischen Oslo fielen bis um 07 Uhr MEZ in 24 Stunden 11 mm Niederschlag,
in Hjerkinn noch 5 mm. Bergen meldete nach 4 mm Regen
in 24 Stunden zum selben Zeitpunkt Schauer. Dort sank auch die maximale
Temperatur von 9°C auf 7°C. Die Wetterwirksamkeit der Okklusion
wurde mit Vorankommen nach Norden immer geringer. Sie führte zwar auf ihrer
Rückseite weiterhin milde Meeresluft mit sich, doch die Niederschlagsmengen
gingen weiter zurück. Im Norden Schwedens kam es zu einzelnen Schnee- und
Schneeregenfällen, die sich aber z.B. in Lulea in 12
Stunden auf nicht mehr als 1 mm summierten.
Am 05.01. um 01 Uhr MEZ lag Tief ANNE mit
Kern östlich von Island über dem Nordmeer und hatte sich stark auf einen
Kerndruck von etwa
978 hPa abgeschwächt. Es besaß eine Warmfrontokklusion,
die sich bis über die Barentssee zog und an der Südspitze von Nowaja Semlja in den Charakter einer Warmfront wechselte,
welche bis nach Südwestrussland erstreckte. Nördlich von Norwegen spaltete sich
davon noch eine Warmfront ab, die bis über den Norden von Nowaja
Semlja reichte. Die Fronten der Wirbel ANNE und BALDA, welcher sich über dem
Mittelmeer gebildet hatte, sorgten im Süden Deutschlands für Regenfälle. In
Laupheim wurden in 24 Stunden bis um 07 Uhr MEZ 10 mm Niederschlag gemessen, so
auch im saarländischen Tholey. Naturgemäß fiel in den
Bergregionen etwas mehr Niederschlag, weil sich die Wolken dort stauen und so
eine natürliche Barriere für weiter ziehende Wolken darstellen, wodurch diese
abregnen. Dieser Effekt findet auch an niedriger gelegenen Stationen statt, die
auf der windzugewandten Seite, auch Luv genannt,
eines Gebirges liegen. Der Feldberg im Schwarzwald meldete 15 mm Niederschlag
und im schweizerischen Zürich wurden im gleichen Zeitraum 21 mm gemessen, am
Flughafen Basel-Mulhouse noch 14 mm. Weiter nördlich
sorgte die verwellte Okklusion auch in Skandinavien
für Niederschlag. Im schwedischen Skagsudde wurden
noch 5 mm erreicht, die als Regen und Schnee fielen. Auf einer finnischen
Schäre namens Kustavi Isokari
wurden 7 mm Niederschlag registriert. Ganz andere Dimensionen hatte das um 01
Uhr MEZ über der nördlichen Nordsee befindliche Randtief, welches sich ehemals
in der Zirkulation des Wirbels ANNE befand, ausgelöst. Im südnorwegischen
Kristiansand wurden in 24 Stunden bis 07 Uhr MEZ 48 mm gemessen, um 19 Uhr MEZ waren
es im gleichen Zeitraum 146 mm. Im benachbarten Eik Hove wurden ebenfalls bis 19 Uhr MEZ noch 47 mm
registriert. Wenn eine milde Luftmasse im Winter in Skandinavien durch
abnehmenden Wind und nur schwache Heranführung maritimer Meeresluft zur Ruhe
kommt, kühlt sie sich durch die geringe Sonneneinstrahlung bedingt ab, die
Luftmasse altert. In Lycksele im nördlichen Schweden
stieg die Temperatur nur noch auf 0°C an, während tags zuvor noch 2°C erreicht
wurden. In Dividalen in Norwegen lag die maximale
Temperatur sogar 4 Grad niedriger, sie fiel von 2°C am Vortag auf -2°C.
Bis zum Folgetag hatte sich die Zyklone
ANNE nur wenig in nordwestliche Richtung verlagert, sodass sie nun wenig
nordöstlich von Island mit
ca. 984 hPa vorzufinden war. Sie wurde mittlerweile in das Zirkulationssystem
von Tief CHRISTINA westlich von Irland eingebunden und hatte sich dadurch
weiter abgeschwächt. Das Tief ANNE besaß eine Warmfrontokklusion
zu einem kleinen Tief über der Barentssee und eine weitere Okklusion,
die über der Norwegischen See begann und sich bis nach Osttschechien
fortsetzte, um dort in die Warmfront des Mittelmeertiefs BALDA überzugehen. Die
Abkühlung der ehemals milden Meeresluft in Lappland setzte sich fort. Wurde als
nächtliches Minimum im nordschwedischen Gällivare am
Vortag nur -1°C erreicht, so kühlte es sich in dieser Nacht schon auf -10°C ab.
Auch im nordfinnischen Kevo kühlte es sich von 1°C
auf -8°C ab, weil die Zufuhr milder Luftmassen nachließ. Dies schlug sich auch
auf die Höchstwerte nieder, im norwegischen Alta
wurde am Vortag noch eine Temperatur von 2°C gemessen, nun stieg die Temperatur
nicht über -5°C an. Dieser Trend ließ sich aber nur im Norden Skandinaviens
feststellen, da im Süden durch das neue Tief CHRISTINA schon wieder milde
Meeresluft nach Norden transportiert wurde. Den Fronten des Tiefs ANNE fehlte inzwischen jegliche Dynamik, sodass nur noch geringe
Niederschlagsmengen von z.B. 2 mm in Sletnes in
Norwegen oder auch in Sodankylä in Finnland bis um 07 Uhr MEZ gemessen wurden.
Im russischen Murmansk registrierten die Messgeräte noch 0,7 mm Niederschlag.
Bis zum 07.01. schwächte sich das Tief ANNE
schließlich so stark ab, dass es nicht weiter auf der Berliner Wetterkarte
analysiert werden konnte.
Geschrieben am 17.03.2014 von Dustin Böttcher
Berliner Wetterkarte: 04.01.2014
Pate: Anne Balk