Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet ANNKATHRIN

(getauft am 05.11.2012)

 

Am 5. November 2012 bildete sich vor der Südostküste Grönlands ein Tiefdruckgebiet, das auf den Namen ANNKATHRIN getauft wurde. Es entstand im Bereich des sehr starken Strahlstroms, des sogenannten Jetstreams, der in höheren Schichten der Atmosphäre teils eine Geschwindigkeit von mehreren Hundert Kilometern pro Stunde erreicht. Der Jetstream entsteht durch einen Düseneffekt als Folge eines großen Gradienten zwischen hohem und tiefem Luftdruck. An einer besonders engen Stelle des Jetstreams, der Anfang November einen großen Bogen nördlich um ein Hochdruckgebiet über dem zentralen Nordatlantik beschrieb, dem sogenannten Jetstreak, bildete sich das Bodentief ANNKATHRIN. Unterstützt wurde die Bildung des Wirbels ANNKATHRIN durch einen Vorstoß arktischer Kaltluft entlang der grönländischen Ostküste nach Süden. Zum Zeitpunkt der Entstehung hatte das Tiefdruckgebiet ANNKATHRIN einen Kerndruck von etwas unter 995 hPa. Bis zum Morgen des 6. November zog der Wirbel ANNKATHRIN nicht der Höhenströmung in 5,5 km Höhe folgend weiter, sondern koppelte sich ab und überquerte nördlich des Strahlstromes die Insel Jan Mayen in der Grönlandsee. Nun lag das Zentrum des Tiefs ANNKATHRIN mit einem Kerndruck von unter 980 hPa etwas östlich der arktischen Insel. Vom Kern der Zyklone ANNKATHRIN zog sich eine Mischfront mit Warm- und Kaltfronteigenschaften, die Okklusionsfront, nach Süden bis ungefähr zum Polarkreis. Dort befand sich der Okklusionspunkt, an dem eine Warmfront und eine Kaltfront zusammentrafen. Die Warmfront verlief über Nordschottland bis über den Norden Irlands, während die Kaltfront sich weiter westlich über den Nordatlantik erstreckte und in einem Bogen nach Westen bis knapp südlich von Island reichte. Dort ging sie in eine Warmfront des südlich von Grönland gelegenen Tiefs BARBARA über. Auf Jan Mayen fielen bis zum Morgen dieses Tages innerhalb von 24 Stunden 7 Liter Niederschlag pro Quadratmeter, wobei dieser in Form von Schneeschauern auftrat. Begleitet wurde der Niederschlag von Böen, die Spitzenwerte von 35 Knoten erreichten und damit Windstärke 8, also stürmischem Wind, entsprachen. Da die Insel nun auf der Rückseite des Tiefs ANNKATHRIN lag, ging die Tageshöchsttemperatur durch den Zustrom kalter Luft aus Norden mit -6°C im Vergleich zu +1°C am Vortag deutlich zurück. Auf den Britischen Inseln lag die höchste registrierte Niederschlagssumme bis zum Morgen dieses Tages bei 4 l/m² an der Wetterstation Stornoway auf den zu Schottland gehörenden Äußeren Hebriden. Dieser Niederschlag wurde durch die zum Tief ANNKATHRIN gehörende Warmfront verursacht, was die Höchsttemperatur von 11°C im Vergleich zu 8°C am Vortag verdeutlicht. Bis zum Morgen des 7. November kamen auf den Faröer-Inseln 12 l/m² zusammen, auf der Schmücke im Thüringer Wald fielen 15 l/m², in Braunlage im Harz waren es 21 l/m², jeweils ausgelöst durch Staueffekte, und in Schleswig kamen 9 l/m² zusammen. Mittlerweile hatte sich der Kerndruck des Tiefs ANNKATHRIN, welches nun das norwegische Festland etwas nördlich des Polarkreises erreicht hatte, auf 975 hPa vertieft. Nach Nordwesten zog sich über wenige Hundert Kilometer eine Okklusionsfront bis zu einem unbenannten Tiefdruckgebiet. Nach Süden verlief eine weitere Okklusionsfront über das nördliche Skandinavien, entlang der finnischen Westküste, weiter über das südliche Schweden und östlich an Dänemark vorbei bis zum Okklusionspunkt, der sich etwa im Bereich von Schleswig-Holstein befand. Dort trafen eine über den Nordwesten Deutschlands bis nach Belgien verlaufende Warmfront und eine Kaltfront zusammen, die über die Nordsee reichte und vor der englischen Küste in eine Warmfront des Tiefs BARBARA mit Kern westlich von Island überging. Bis zum Morgen des 8. November fielen im norwegischen Bergen 23 l/m² Niederschlag, begünstigt durch Staueffekte des norwegischen Gebirges. Am 8. November war das Tiefdruckgebiet ANNKATHRIN zum letzten Mal als eigenes Druckgebilde auf der Berliner Wetterkarte zu erkennen. Es befand sich vor der nordnorwegischen Küste, mit einer nach Norden, östlich an Spitzbergen vorbei verlaufenden Warmfront und einer nach Süden über Lappland und die nördliche Ostsee bis nach Mittelschweden reichende Kaltfront, am Rande des vor der russischen Halbinsel Kola liegenden Tiefs ZELDA, das in den folgenden Tagen zum bestimmenden Tief über dem äußersten Norden Europas wurde.


Geschrieben am 10.01.2013 von Heiko Wiese

Berliner Wetterkarte: 07.11.2012

Pate: Annkathrin Templin