Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet ANTON

(getauft am 04.03.2015)

 

In der Nacht zum 04.03.2015 entstand im Bodenniveau über Italien entlang einer wellenförmig deformierten Front ein neuer Tiefdruckwirbel, der anhand der Analysekarte von 00 Uhr UTC, das heißt 01 Uhr MEZ, auf den Namen ANTON getauft wurde.

Mit einem Druck von unter 1025 hPa befand sich das Zentrum des Wirbels ANTON zum Zeitpunkt der Analyse unweit von Genua und war zum einen nach Westen südlich der Azoren durch eine über die Iberische Halbinsel verlaufende Kaltfront mit der Warmfront einer kräftigen südlich von Grönland liegenden Zyklone verbunden, zum anderen reichte eine kurze Warmfront über das Mittelmeer nach Südosten. Die im Zentrum des Tiefdruckwirbels aufsteigenden Luftmassen führten im Laufe des Tages über Italien zur Entwicklung eines ausgedehnten und vielerorts schauerartig verstärkten sowie lokal von Gewittern begleiteten Niederschlagsfeldes, welches sich in den Abendstunden über die Adria nach Osten ausweitete. Dabei fielen bis 06 Uhr UTC des folgenden Tages binnen 24 Stunden in Rimini 35 l/m², in Rom 46,6 l/m² und in Civitavecchia sogar 55 l/m². Ähnlich intensiv fielen die Niederschläge auch über Montenegro und Kroatien aus, die aufgrund von erzwungenen Aufgleitvorgängen beim Auftreffen auf die Dinarische Gebirgskette lokal noch verstärkt wurden. In nur 12 Stunden wurden bis 06 Uhr UTC in Nikšić 39 l/m², in Podgorica-Grad 44 l/m² und in Dubrovnik in Kroatien bis zu 67 l/m² gemessen.

Bis zum 05.03. hatte sich der Kern der sich verstärkenden Zyklone ANTON nach Südosten verlagert und lag mit einem Druck von knapp 1010 hPa gegen 00 Uhr UTC unweit von Rom. Nördlich des Kerns erstreckte sich eine Okklusionsfront von Korsika bis südlich von Rom. Als Okklusionsfront wird dabei eine Mischfront verstanden, die sich aus dem Zusammenschluss von Kalt- und Warmfront bildet und somit Eigenschaften beider Systeme in sich vereint. Die Stelle, an der Warm- und Kaltfront ineinander übergehen und eine solche Okklusionsfront bilden, wird als Okklusionspunkt bezeichnet. Vom Okklusionspunkt südlich von Rom reichte die Warmfront über Mittelitalien und die Adria bis über den Süden Griechenlands, die Kaltfront hingegen erstreckte sich über Sizilien und das Mittelmeer bis nach Algerien und verband sich dort mit der Warmfront eines über Marokko liegenden, unbenannten Wirbels. Die Niederschläge über Italien hielten weiter an, fielen jedoch zumeist weniger intensiv aus. So wurden bis 06 Uhr UTC in 24 Stunden in Rom, je nach Station, zwischen 11 und 15 l/m², bei Civitavecchia 17 l/m² und in Campobasso 39 l/m² registriert. Wesentlich größere Regenmengen wurden östlich der Adria aus Serbien und Montenegro gemeldet. Binnen 24 Stunden wurden beispielsweise in Zlatibor in Serbien 56,7 l/m², in Podgorica-Grad 81 l/m² und bei Tivat 135 l/m² gemessen. Die höchste Niederschlagsmenge wurde mit 140 l/m² in 24 Stunden aus Bar in Montenegro gemeldet.

Sich langsam nach Südosten verlagernd befand sich der Tiefdruckwirbel ANTON um 00 Uhr UTC des 06.03. über Kalabrien. Vom Kern, dessen Druck weiterhin etwa 1010 hPa betrug, erstreckte sich eine Okklusionsfront über Süditalien nach Osten bis zu ihrem Okklusionspunkt über Albanien. Von dort zog sich die zugehörige Warmfront über Griechenland und der Türkei bis nach Sinop am Schwarzen Meer und die Kaltfront in südwestlicher Richtung über das Mittelmeer nach Libyen. Die weiter teils sehr ergiebig ausfallenden und örtlich gewittrig durchsetzten Niederschläge zogen im Tagesverlauf vom Westbalkan über Griechenland nach Nordosten und brachten dabei in den 24 Stunden bis 06 Uhr UTC des Folgetages in Alexandroupoli 54,5 l/m², bei Chrysoupoli 66,1 l/m² und auf der Ägäis-Insel Limnos bis zu 68,9 l/m² mit sich.

Am 07.03. wurde der Kern des Wirbels ANTON mit einem um 5 hPa gestiegenem Druck über dem Ionischem Meer zwischen Süditalien und Griechenland analysiert. Nördlich des Zentrums zog sich gegen 00 Uhr UTC eine Okklusionsfront südlich von Italien bis nach Westgriechenland, wo sie sich an ihrem Okklusionspunkt unweit von Ioannina in eine Warm- und eine Kaltfront teilte. Während sich die Warmfront entlang der türkischen Schwarzmeerküste nach Osten zog, beschrieb die Kaltfront von Ioannina ausgehend einen Bogen nach Süden in Richtung Libyen. Die Niederschläge konzentrierten sich aufgrund der sich rasch verlangsamenden Verlagerungsgeschwindigkeit des Tiefs ANTON weiter auf den Raum Griechenland. Bei Alexandroupoli fielen dabei innerhalb von 24 Stunden bis 06 Uhr UTC 45 l/m², auf der zur Türkei gehörenden Ägäisinsel Gökçeada konnten indes 49,4 l/m² und bei Limnos 69,7 l/m² Niederschlag registriert werden.

Zum 08.03. verblieb das Zentrum des sich allmählich abschwächenden Tiefdruckwirbels ANTON nahezu stationär über dem Ionischen Meer. Vom Kern, dessen Druck weiterhin bei 1015 hPa lag, erstreckte sich gegen 00 Uhr UTC zum einen eine Warmfront über die nördliche Türkei nach Osten und eine Kaltfront über Zypern und Ägypten nach Süden. Mit dem Wirbel schwächte sich auch das ihm zuzuordnende Niederschlagsgebiet rasch ab, die Niederschläge konnten jedoch lokal auch noch einmal recht ergiebig ausfallen. Im türkischen Izmir fielen binnen 24 Stunden noch 14,8 l/m², am Flughafen von Kos in Griechenland 19 l/m² und im ebenfalls griechischen Souda 38,5 l/m² teils schauerartig verstärkten Regens.

Bereits im Laufe des Nachmittages schwächte sich das Tief ANTON zusehends ab, sodass dieses am 09.03. nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte als eigenständiger Wirbel analysiert und namentlich verzeichnet werden konnte.

 


Geschrieben am 19.05.2015 von Christian Ulmer

Berliner Wetterkarte: 05.03.2015    

Pate: Anton Kwiatkowski