Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet ARNO

(getauft am 29.11.2011)

 

Ende November entstand über Kanada ein Tiefdruckgebiet, welches über den nördlichen Nordatlantik nach Osten zog und am 29.11.2011 schließlich auf den Namen ARNO getauft wurde.

An diesem Tag besaß das über der Nordostküste von Island liegende Tiefdruckgebiet einen Kerndruck von ungefähr 963 hPa. Am Tauftag war der Wirbel bereits zum Teil okkludiert. Die Okklusionsfront erstreckte sich zu diesem Zeitpunkt vom Kern aus in Richtung Nordosten bis etwa zur norwegischen Insel Jan Mayen. Eine sogenannte Okklusionsfront ist eine Mischfront, die sich dadurch bildet, dass die Kaltfront die Warmfront einholt. Es kommt dabei zur Anhebung warmer Luft, was dazu führt, dass flächiger Niederschlag ausfällt. Am sogenannten Okklusionspunkt bei Jan Mayen teilte sich die Okklusionsfront zum einen in eine Warmfront  und zum anderen in eine weitere Okklusionsfront auf. Die Warmfront erstreckte sich in einem Bogen bis zur norwegischen Westküste und die weitere Okklusionsfront reichte, ebenfalls bogenförmig, bis zur Nordspitze Schottlands. Von diesem Okklusionspunkt zog sich eine Warmfront, die
s-förmig über Schottland und England, sowie der Nordküste Frankreichs lag. Der Einfluss der Kaltfront, die vom Okklusionspunkt westlich von Irland bis weit über den Atlantik reichte, führte in der Nacht zuvor auf den Britischen Inseln zu ergiebigen Niederschlägen. So meldete beispielsweise die Station in der schottischen Stadt Glasgow eine Regenmenge von 42 l/m². Niederschläge der gleichen Menge wurden auch von der Wetterstation der kleinen irischen Insel Valentia gemeldet, die sich südwestlich des Landes befindet. Am 30.11. war das Druckgebilde ARNO mit seinem Zentrum weiter in Richtung Nordosten gezogen und lag nun nahezu exakt zwischen der Grönlandsee und dem Europäischen Nordmeer, südlich der norwegischen Insel Jan Mayen, wobei der Kerndruck in etwa konstant bei 963 hPa geblieben war. Die Okklusion des Wirbels teilte sich direkt über Jan Mayen in zwei Teile auf, einen mit Warmfrontcharakter und einen mit Kaltfrontcharakter. Die Okklusionsfront mit Kaltfrontcharakter zog sich von dort aus weiter in Richtung Westen und ging südöstlich von Island in ein unbenanntes Tiefdrucksystem über. Die Okklusionsfront mit dem Warmfrontcharakter erstreckte sich dagegen von Jan Mayen aus in einem hohen Bogen mit dem Scheitelpunkt knapp südlich der norwegischen Insel Spitzbergen, bis zur Nordküste Norwegens. Hier teilte sich die Front in eine Warmfront und eine Kaltfront. Die Warmfront zog sich über Oulu und Helsinki bis Kiew. Weiter westlich verlief die Kaltfront, die mit einigen Wellenstörungen, d.h. mit kurzen Warmfrontteilen versehen war. Diese reichte in einer geraden Linie nach Süden bis Köln, ehe sie in einem Bogen über Frankreich und Nordspanien bis weit auf den Nordatlantik hinaus verlief. Wie auch am Tag zuvor wurden in der Nähe der Kaltfront an verschiedenen Stationen zum Teil ergiebige Regenfälle registriert. In Bergen, im Südwesten Norwegens fielen zum Beispiel 49 l/m² Regen und in der nicht weit entfernten, etwas weiter nördlich liegenden Ortschaft Takle sogar 108 l/m², beides im gleichen Zeitintervall von 07 Uhr MEZ des 30.11. bis
07 Uhr MEZ des Folgetages. Obwohl die Kaltfront an diesem Tag Deutschland überquerte blieb es hier weitgehend trocken. Dies ist durch den Einfluss des großräumigen, stationären Hochdruckgebietes BELICE zu erklären, welches sich zu dieser Zeit über Südosteuropa befand. Die wohl spektakulärsten Wetterauswirkungen gab es an diesem Tag auf der Insel Jan Mayen. Aufgrund der direkten Nähe zum Druckgebilde ARNO kam es dort zu einem Schneesturm, bei dem der Wind mit orkanartigen Böen und Geschwindigkeiten bis 29 m/s die Windstärke 10 bis 11 auf der Beaufortskala erreichte.

Das Tiefdruckgebiet ARNO verlagerte sich mit seinem Zentrum einen Tag später, dem 01.12. weiter in nordöstlicher Richtung bis knapp südwestlich von Spitzbergen. Der Kern besaß an diesem Tag einen Druck von ca. 953 hPa. Zusätzlich hatte das Tief östlich vom ursprünglichen Zentrum einen weiteren Kern mit einem Druck von etwa 967 hPa ausgebildet. Beide Kerne waren über eine Okklusion miteinander verbunden. Vom östlichen Kern verlief in einem Bogen eine Warmfront über Archangelsk bis zur ukrainischen Stadt Charkow an der russischen Grenze. Weiterhin zog sich nahezu parallel zur Warmfront eine Okklusion mit dem Charakter einer Warmfront bis zur weißrussischen Stadt Orscha. Dort teilte sie sich in Warm- und Kaltfront. Die Warmfront reichte südwärts bis zur rumänischen Schwarzmeerküste und die Kaltfront beschrieb einen Bogen bis Wien. Sie sorgte durch ihren schnellen Durchzug Richtung Osten in vielen Teilen Osteuropas, aber auch Deutschlands für ein zeitweiliges Aufklaren des Himmels. Auch am 02.12. zog das Tief ARNO weiter nordostwärts. Es befand sich nun mit seinen zwei Kernen an der Westküste von Spitzbergen, wobei der Hauptkern des Tiefdruckgebietes etwa 400 km südlicher lag und immer noch seinen minimalen Druck von 953 hPa besaß. Der Druck des nördlicheren Kerns senkte sich dabei auf ungefähr 963 hPa ab. An diesem Tag begann sich das stattliche Frontensystem der Vortage aufzulösen. Vom nördlicheren Kern zog sich eine Okklusion mit Warmfrontcharakter bis etwa 200 km südlich der russischen Hauptstadt Moskau. Bis zum 04.12. zog der Wirbel ARNO weiter nach Nordosten und damit außerhalb des Analysebereiches der Berliner Wetterkarte.

 


Geschrieben am 21.12.2011 von Gregor Meusel

Berliner Wetterkarte: 30.11.2011

Pate: Arno Müller