Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet BÄRBEL
(getauft
am 30.05.2014)
Unterhalb eines Troges, d.h. eines Vorstoßes kalter Luft nach
Süden im 500 hPa-Niveau, was einer Höhe von ca. 5,5 Kilometern entspricht,
entstand am 30.05. im Bodenniveau über Finnland am Rande eines Ablegers des
Tiefs ANNETRAUT ein neuer Tiefdruckwirbel, der an diesem Tag auf den Namen
BÄRBEL getauft wurde. Vom Kern des Tiefs, der um 00 Uhr UTC, also 02 Uhr MESZ
mit einem Druck von knapp unter 1010 hPa unweit von Helsinki lag, reichte eine Okklusionsfront
über den Finnischen Meerbusen bis sie sich auf halber Strecke zwischen St.
Petersburg und Moskau in Warm- und Kaltfront teilte. Als Okklusionsfront wird
dabei eine Mischfront beschrieben, die Eigenschaften von sowohl Kalt- als auch
Warmfront in sich vereint. Die Stelle, an der beide Fronten ineinander
übergehen und eine Okklusionsfront bilden wird dabei als Okklusionspunkt
bezeichnet. Von diesem zog sich die Warmfront nach Südosten bis außerhalb des
Analysebereiches der Berliner Wetterkarte und eine Kaltfront verlief vom
Okklusionspunkt in einem weiten Bogen über Kiew, nahe der Schwarzmeerküste
entlang, über Belgrad und die Alpen, bevor sie über Südwestdeutschland in das
Tief ANNETRAUT überging. Das dem Wirbel BÄRBEL zugehörige Niederschlagsband
verlagerte sich mit dem Frontensystem im Laufe des Tages von Schweden und
Finnland nach Nordosten in Richtung Russland, die Niederschlagsmengen fielen
dabei lokal sehr unterschiedlich und mitunter ergiebig aus. Bis 06 Uhr UTC des
Folgetages wurden innerhalb von 24 Stunden am Flughafen von Visby 6,5 Liter und
im ebenfalls schwedischen Lulea 11,4 Liter Regen pro Quadratmeter registriert,
in Finnland wurden im selben Zeitraum bei Pudasjarvi 8,9 Liter und in Vierema Kaarakkala 11,1 Liter pro
Quadratmeter gemessen. In Helsinki fielen dagegen zumeist nur vereinzelte Tropfen.
Auf der Vorderseite des Wirbels gelangte mit einer südöstlichen Strömung
verhältnismäßig warme Luft in den Norden Finnlands. Während die Temperatur in
Helsinki Höchstwerte von maximal 13°C erreichte, steig sie in Kevo im norden Lapplands auf bis zu 21°C, aus Murmansk
wurde ein Tageshöchstwert von 19,8°C gemeldet. Nur drei Tage zuvor wurden in
der Region Werte von 5°C kaum oder nur knapp überschritten.
Zum 31.05. hatte sich die Zyklone BÄRBEL nach Nordwesten verlagert
und lag um 00 Uhr UTC und mit einem Druck von etwas unter 1015 hPa über der
nördlichen Ostsee. Vom Zentrum westlich von Vaasa in Finnland beschrieb die
Okklusionsfront einen Bogen entlang des Bottnischen Meerbusens in nördlicher
Richtung folgend über Nordfinnland nach Süden und ging westlich von Moskau in
die Warmfront des über dem Schwarzen Meer liegenden Tief CASSANDRA über. Zwei Warmfronten zweigten im Verlauf von der
Okklusionsfront ab, die erste nahe dem nordfinnischen Taivalkosi
nach Nordosten bis nördlich von Archangelsk und eine zweite bei Nowgorod in
Richtung Süden, die sich, im Verlauf über der Ukraine Kaltfrontcharakter
annehmend, weiter über Südrussland nach Osten in Richtung Kasachstan zog. Unter
leichter Abschwächung verlagerten sich die Niederschläge über den Norden
Russlands, konnten sich jedoch lokal, besonders in der Region um Archangelsk,
noch einmal verstärken. Binnen 24 Stunden wurden bis 06 Uhr UTC in Murmansk 11 Liter,
bei Severodvinsk 14 Liter und an der Station in
Archangelsk 22,3 Liter pro Quadratmeter gemessen. Dabei fiel der Großteil der
Niederschläge während Gewittern in weniger als 6 Stunden, in Archangelsk waren
es 21,7 Liter pro Quadratmeter in diesem Zeitraum. Auch über Finnland regnete
es zum Teil stark. Durch schauerartig verstärkte Niederschläge wurden in 24
Stunden bis 06 Uhr UTC am Flughafen von Ylivieska 14,5 Liter, in Sodankyla 18,0 Liter und bei Kemijarvi
Lentokentta bis zu 19,7 Liter pro Quadratmeter
registriert.
Am 01.06. um 00 Uhr UTC, befand sich das Zentrum des
Tiefdruckwirbels BÄRBEL mit einem Druck von etwa 1010 hPa über der Halbinsel
Kola, südlich von Murmansk. Vom Kern reichte eine Okklusionsfront bis an die
Nordostspitze der Halbinsel, wo sie sich in eine Warm- und eine Kaltfront teilte.
Vom Okklusionspunkt zog sich die Warmfront über die Barentssee hinweg nach
Osten in Richtung Workuta, die Kaltfront hingegen erstreckte sie in einem Bogen
über das Weiße Meer und Archangelsk nach Südwesten und verband sich östlich von
St. Petersburg mit der Warmfront des bei Kiew liegenden Tiefs CASSANDRA. Die
Niederschläge zogen im Verlauf über die Barentssee in Richtung Nowaja Semlja
ab, jedoch fielen bis dahin in Murmansk 24-stündig noch einmal 11 Liter und in Indiga 12 Liter pro Quadratmeter. Bei Workuta, am
nördlichen Ende des Uralgebirges gelegen, wurden im selben Zeitraum bis 03 Uhr
UTC 7 Liter je Quadratmeter gemessen. Mit nachlassender Südost- und
einsetzender nördlicher Strömung sanken die Temperaturen in Lappland und auf
der Kola-Halbinsel wieder. In Kevo betrug der
Tageshöchstwert noch 10,7°C, ähnlich wie in Murmansk mit 10,6°C. Der 01.06. war
zugleich der letzte Tag an dem Tief BÄRBEL auf der Berliner Wetterkarte als
eigenständiger Wirbel analysiert und namentlich verzeichnet wurde, da er sich
im weiteren Verlauf bis außerhalb des Darstellungsbereiches der Berliner
Wetterkarte verlagerte.
Geschrieben von Christian Ulmer
Berliner Wetterkarte: 02.06.2014
Pate: Bärbel Teufel