Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet BÄRBEL

(getauft am 13.11.2018)

 

Am 13.11.2018 wurde in der Prognose für den folgenden Tag ein westlich vor Irland liegender Tiefdruckwirbel auf den Namen BÄRBEL getauft, dessen Entwicklung und weitere Ausprägung bereits wenige Tage zuvor unterhalb eines Troges kalter Luft über dem östlichen Kanada begonnen hatte. Dort war er zunächst von Neufundland nach Osten gezogen und verlagerte sich anschließend im Laufe des 14.11. unter vorübergehender Ausprägung eines zweiten Kerns weiter Richtung Großbritannien. Gegen 00 Uhr UTC des 15.11. hatte das Zentrum des Wirbels BÄRBEL bereits das Seegebiet zwischen Island und Schottland erreicht und lag mit seinem Kern und einem Druck von knapp unter 970 hPa südlich von Island, auf einem Breitengrad mit Oslo. Eine Okklusionsfront erstreckte sich von diesem Kern in Richtung der Färöer-Inseln. Als Okklusionsfront wird eine oft regenreiche Mischfront verstanden, die aus dem Zusammenschluss von Warm- und der ihr nacheilenden Kaltfront entsteht und Eigenschaften beider in sich vereint. Die Stelle, an der beide Frontensysteme ineinander übergehen, wird dabei als Okklusionspunkt bezeichnet, welcher sich zum Analysezeitpunkt unweit der Färöer-Inselgruppe befand. Von dort reichte die Warmfront weiter über die Nordsee bis über Norwegen, wo sie nahe Bodø in die Okklusionsfront eines unbenannten Tiefs westlich von Tromsø überging. Die ihr nacheilende Kaltfront hingegen erstreckte sich in südwestlicher Richtung über Schottland bis über Irland und verband sich unweit von Cork ebenfalls mit dem Frontensystem eines anderen, westlich von Portugal liegenden Wirbels.

Hebungsprozesse im Kernbereich des Wirbels BÄRBEL sowie entlang dessen Frontenausläufern hatten die Entwicklung eines ausgeprägten Niederschlagsbandes zur Folge, welches bereits am 14.11. auf die Britischen Inseln getroffen war und sich im Laufe des 15.11. über die Nordsee und das südliche Nordmeer hinweg nach Norwegen verlagerte. Dabei fielen zunächst in den 24 Stunden bis 06 Uhr UTC am 15.11. am Valentia Observatory 7,0 mm Regen, bei Capel Curig 9,8 mm und in Glasgow 17 mm. In Eskdalemuir, der schottischen Wetterstation, an der einst der Erfinder der numerischen Wettervorhersage Lewis Fry Richardson tätig war, wurden bis zu 24,4 mm gemessen, wobei hier das Gros der Niederschläge, knapp 20 mm, in weniger als sechs Stunden am Vormittag des 14.11. gefallen war. Im Tagesverlauf des 15.11. kam es im Bereich der sich nur langsam nach Osten verlagernden Kaltfront des Tiefs BÄRBEL über Teilen Irlands und – nach einer nur kurzen Wetterberuhigung – über dem Norden sowie Westen Großbritanniens zu weiteren Niederschlägen, die in Stornoway 9,6 mm, am Observatorium auf Valentia 10,0 und in Belmullet 17,0 mm Regen mit sich führten. Demgegenüber wurden in Reykjavík, welches auf der Nordseite des sich nähernden Wirbels lag, lediglich 1,5 mm Niederschlag registriert. Aufgrund von Stau- und erzwungenen Hebungsprozessen beim Auftreffen und anschließenden Aufgleiten der feuchten Luftmassen in kältere Luftschichten entlang der norwegischen Gebirgsketten wurden die Niederschläge über Teilen Mittel- und Nordnorwegens noch zusätzlich intensiviert: Innerhalb von 24 Stunden fielen bis 06 Uhr UTC des folgenden Tages, dem 16.11., bei Varntresk 12,3 mm, in Reipa 23,7 mm und in Bodø 36,0 mm. Zugleich erreichte der vorwiegend süd- bis südwestliche Wind an besonders exponierten Lagen Orkanstärke. So registrierten die Anemometer am Leuchtturm Kråkenes Böen bis 118,9 km/h, auf dem Juvvasshøi 126,1 km/h und auf dem schottischen Cairngorm Spitzenböen von bis zu 144,5 km/h.

Zum 16.11. war der Tiefdruckwirbel BÄRBEL von seiner zuvor östlichen Zugbahn nach Nordosten abgedreht und befand sich um 00 Uhr UTC mit einem auf 985 hPa gestiegenen Kerndruck über dem Nordmeer westlich von Island. Von seinem Zentrum aus erstreckte sich eine Okklusionsfront über das Nordmeer bis zu ihrem Okklusionspunkt bei Murmansk. Von Murmansk reichte anschließend eine Warmfront über das Weiße Meer und St. Petersburg bis an den Rigaischen Meerbusen; Die zugehörige Kaltfront, welche über Teilen Skandinaviens den Charakter einer Warmfront annahm, zog sich hingegen über Finnland und Westnorwegen nach Südwesten und verband sich über Großbritannien mit der Warmfront eines Tiefs mit Kern westlich von Marokko. Eine weitere Warmfront reichte von Murmansk über die Kola-Halbinsel und das Weiße Meer nach Osten und verband sich über der Kanin-Halbinsel mit der Kaltfront eines unbenannten, vom Nordmeer über die Barentssee gezogenen Tiefs. Das dem Tief BÄRBEL zugehörige Niederschlagsband verlagerte sich entlang der norwegischen Küstenlinie über den äußersten Norden Russlands. Innerhalb von 24 Stunden wurden durch teils schauerartig verstärkten Regen in Tromsø 6,7 mm, auf Andøya 11,9 mm und in Sortland 19,2 mm gemessen. An der Station Losistua fielen noch bis zu 20,0 mm. In 24 Stunden bis 03 Uhr UTC wurden in Murmansk 2,5 mm, in Archangelsk 2,0 mm, auf der Kanin-Halbinsel 4,4 mm und in der Gemeinde Vajda-Guba 7,0 mm registriert. Über Teilen Norwegens wurden weiter an besonders exponierten Lagen Böen mit Orkanstärke gemessen, so beispielsweise an der Station auf dem Juvvasshøi sowie auf der Insel Andøya mit Böen von jeweils bis zu 133,3 km/h. Über Mitteleuropa hatte sich am Rande des Wirbels BÄRBEL in Verbindung mit dem sich von Russland nach Osteuropa verlagernden Hoch BURCKHARD eine südöstliche Strömung eingestellt, wodurch milde Luftmassen subtropischen Ursprungs nach Deutschland geführt wurden. Nach Auflösung lokaler Nebelfelder und bis zu 8 Stunden Sonnenschein begleitet stiegen die Temperaturen tagsüber in Bremerhaven auf 10,0°C, am Flughafen von Münster auf 11,6°C und in Arnsberg auf bis zu 14,2°C.

Unter Ausbildung eines zweiten, eigenständigen Kerns hatte sich das allmählich leicht abgeschwächte Tief BÄRBEL im Laufe des 16.11. nach Nordosten verlagert und befand sich am 17.11. um 00 Uhr UTC über dem Seegebiet zwischen der Kola-Halbinsel und Spitzbergen im Übergangsbereich des Nordmeeres zur Barentssee. Vom ersten, westlicheren der beiden Kerne, der mit einem Druck von unter 1000 hPa nördlich von Tromsø lag, erstreckte sich eine Warmfront nach Osten, die wie tags zuvor über der Barentssee in das Frontensystem des unbenannten Wirbels überging, welcher mit seinem Zentrum von der Barentssee bis über Nowaja Semlja gezogen war. Der zweite, östlichere Kern der Zyklone BÄRBEL befand sich zu diesem Zeitpunkt mit einem Druck von knapp 1005 hPa nördlich von Murmansk. Von ihm reichte eine Okklusionsfront über das Weiße Meer bis über Archangelsk, wo sie ihren Okklusionspunkt hatte. Von Archangelsk zog sich die Warmfront weiter bis über die Wolga bei Nischni Nowgorod und die ihr nacheilende Kaltfront in einem Bogen über St. Petersburg und Stockholm bis über Stavanger. Die Niederschläge waren aus Nordnorwegen im Wesentlichen abgezogen und weiteten sich im Tagesverlauf auf den Norden Russlands aus, die, je weiter sie nach Osten vordrangen, zunehmend in Schnee übergingen, jedoch bis auf lokale Ausnahmen in ihrer Intensität allgemein nachließen. In Archangelsk waren durch Regen und Sprühregen 24-stündig 0,7 mm, in Murmansk 4,1 mm und in Wologda 7,0 mm Niederschlag gemessen worden. In Perm fielen im selben Zeitraum durch teilweise gefrierenden und im Verlauf in Schneefall übergehenden Regen 5,0 mm, auf der Kanin-Halbinsel durch in Schneefall übergehende Regenschauer 5,7 mm. Nachdem das Tief BÄRBEL aus dem Nordmeerraum abgezogen war, verlor es seinen Einfluss auf Mitteleuropa, sodass nachfolgend die Strömung auf der Südseite des sich nach Skandinavien verlagernden Hochs BURCKHARD auf östliche Richtungen drehte. Dadurch flossen zunehmend kältere Luftmassen nach Deutschland, wodurch, trotz oftmals wolkenlosem Himmel, das Temperaturniveau zurückging. In Berlin-Dahlem wurde ein Tageshöchstwert von 5,5°C gemessen, tags zuvor waren es noch 9,3°C, und in Bremerhaven nur noch 6,7°C. In Köln wurden nochmals milde 13,1°C gemessen, ehe auch hier die Temperaturen deutlich zurückgingen.

Zum 18.11. war der Tiefdruckwirbel BÄRBEL nach Südosten abgedreht, auch waren die zuvor eigenständigen Kerne wieder ineinander übergangen, sodass sein wieder vereintes Zentrum gegen 00 Uhr UTC mit einem auf 1010 hPa angestiegenen Kerndruck unweit von Uchta westlich des Uralgebirges lag. Die Warmfront war von der ihr nacheilenden Kaltfront vollständig eingeholt worden. Die daraus resultierende Okklusionsfront reichte vom Kern in einem weiten Bogen über Perm und Moskau bis über Riga und, ab Lettland den Charakter einer Höhenkaltfront annehmend, über die Ostsee und Südschweden hinweg bis über Oslo. Über dem Nordwesten Russlands hielten die Niederschläge an, die sich in abgeschwächter Form auch auf Teile des Baltikums ausweiteten. Sprühregen brachte in Moskau 0,5 mm, leichte Schneeschauer in Uchta 1,8 mm, Regen in Vilnius 2,3 mm und wiederholter, leichter Schneefall in Perm 4,0 mm mit sich. Aus Biser östlich von Perm wurden Schneeschauer mit 7,9 mm und aus dem östlich des Urals gelegenen Njaksimvol anhaltender, leichter bis mäßiger Schneefall mit bis zu 14,0 mm gemeldet.

Das einst über Kanada entstandene Tiefdruckgebiet BÄRBEL schwächte sich im weiteren Verlauf zunehmend ab und verließ den von der Berliner Wetterkarte erfassten Analysebereich in Richtung Sibirien, sodass der Wirbel am 19.11. nicht mehr auf jener namentlich verzeichnet wurde. Die ihm noch zuzuordnenden Niederschläge konzentrierten sich im Wesentlichen auf die Uralregion sowie auf den Westen Sibiriens. Letzte Schneefälle brachten dabei in Perm 3,0 mm, in Jekaterinburg 1,1 mm und in Njaksimvol 0,2 mm mit sich.