Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
BALTHASAR
(getauft
am 05.06.2011)
Am
05.06. bildete sich in der mittleren Troposphäre, in ca. 5500 m Höhe, zwischen
Island und Norwegen ein kleiner Kaltlufttrog mit einem Höhentief aus, der sich
anfangs bis nach Irland erstreckte. Im Bodenniveau war noch kein zugehöriges
Tiefdruckgebiet zu erkennen. Etwa 1000 Kilometer westlich entstand aber an der
dort verlaufenden Frontalzone eine Welle, die zur Entstehungsphase eines
Tiefdruckgebietes gehört. Da eine solche Entwicklung prognostiziert wurde, erfolgte,
auf der Vorhersagekarte für den 06.06., die Taufe des Tiefs auf den Namen
BALTHASAR. Im Laufe des Tages prägte sich dann sowohl das prognostizierte Tiefzentrum
mit einem Kerndruck von etwa 1015 hPa, sowie eine zugehörige Warm- und
Kaltfront aus.
Mit
der weiteren Südwärtsverlagerung des Höhentiefs zu den Britischen Inseln
verlagerte sich auch Tief BALTHASAR auf der Westseite des Kaltlufttroges
dorthin und erreichte am 06.06. Irland. Während sich der Kerndruck auf unter
1005 hPa verstärken konnte, wurde der relativ kleine Warmluftsektor zwischen
der recht kurzen Warmfront und der rasch nachfolgenden bis an die Südküste
Grönlands reichenden, lang gezogenen Kaltfront durch Aufgleitvorgänge in die
Höhe gehoben. Hinter der Kaltfront floss sehr kühle Polarluft über Island
hinweg in Richtung Irland. Dabei traten im Landesinneren von Island leichte
Nachtfröste auf. Aber auch in Irland gingen die Temperaturen bis auf 3°C
zurück, z.B. in Millingan. In der, fast einer arktischen Meeresluft
entsprechenden, Luftmasse blieb es mit Höchsttemperaturen von 14 bis 16°C auch
am Tage sehr kühl. Es bildeten sich immer wieder Schauer, bei denen zum Teil
kaum messbare Niederschlagsmenge, bis zu ergiebigen Mengen von z.B. 7 l/m² in
Shannon und 9 l/m² in London-Heathrow gemessen wurden. In der Nacht zum 07.06. konnte
der Warmluftbereich nicht mehr auf der Bodenwetterkarte analysiert werden.
Stattdessen erstreckte sich eine Mischung aus Okklusionsfront, einer Mischfront
mit Warm- und Kaltfronteigenschaften, und Kaltfront von Irland über den Golf
von Biskaya bis auf den Nordatlantik. Diese Mischfront überquerte im Laufe des Tages.
Frankreich und die Iberische Halbinsel und erreichte sogar die Küstengebiete
Nordafrikas. Auch in diesen Regionen fielen die Niederschlagsmengen sehr
unterschiedlich aus. In Tunesien und Algerien wurden bis zu 20 l/m²
registriert. Die höchsten Mengen wurden bei zum Teil kräftigen Gewittern in
Toulouse mit 18 l/m² und in Barcelona mit sogar 50 l/m² gemessen. Selbst die
gemessenen 30 l/m² in Jaen und die 17 l/m² in Granada innerhalb von 48 Stunden
sind für die Jahreszeit ungewöhnlich viel Regen.
Während
sich der Scheitelpunkt des Kaltlufttroges in der Höhe bis zum Golf von Biskaya
ausdehnen konnte, verlor dieser im nördlichen Bereich über Island den Kontakt
zur Kaltluft aus den polaren Breiten. Dadurch wurde aus dem Kaltlufttrog ein sogenannter
Kaltlufttropfen, dessen gesamte Umgebung aus wärmerer Luft bestand als in
seinem Zentrum, welches in den folgenden zwei Tagen zwischen Island und Irland
lag.
Am
Boden bildete sich am 08.06. beim Durchzug der Kaltfront des Tiefs BALTHASAR über
Deutschland eine Luftmassengrenze aus. In Manschnow an der Oder wurde eine
Höchsttemperatur von 29,5°C gemessen, an der belgischen Grenze hingegen nur
15°C. Mit Hilfe des Tiefs CHRISTIAN über Dänemark, welches sich mit der
Kaltfront von Tiefdruckgebiet BALTHASAR verband, fielen insbesondere in
Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und
Berlin/Brandenburg teils ergiebige Niederschlagsmengen innerhalb von nur 12
Stunden, z.B. in Leck 39 l/m², Trollenhagen 33 l/m², Ummendorf 29 l/m²,
Schönefeld 26 l/m² und Berlin-Köpenick sogar 48 l/m². Nennenswerte
Sonnenstunden gab es nur vor der Front im Bereich von Rügen bis zur Neiße mit 5 bis 9 Stunden, sowie hinter der Front
entlang des Oberrheins mit 4 bis 5 Stunden. Aber auch in der Nähe des Zentrums
der Zyklone BALTHASAR mit seinem Zentrum über Schottland waren die
Niederschläge intensiv, beispielsweise wurden 18 l/m² in Thorshavn auf den Färöer-Inseln
registriert. Der Kerndruck hatte sich zwar schon leicht reduziert, lag aber
immer noch unter 1000 hPa. Das Tief BALTHASAR profitierte dabei noch von der
Lage direkt unter dem Kaltlufttropfen.
Ab
dem 10.06. bildete sich in der Höhe eine Art Dipol-Kaltlufttropfen aus. Ein
Zentrum lag südlich von Island, das andere über England. Das Tiefdruckgebiet
BALTHASAR, das dem nordwestlichen Teil angegliedert war, verlagerte sein
Zentrum ebenfalls wieder nach Nordwesten nach Island und schwächte sich dabei deutlich
ab. Mit einem Kerndruck von nur noch 1010 hPa und zwei Okklusionsfronten, die
sich vom Zentrum aus nach Jan Mayen bzw. Schottland erstreckten und sich schon
langsam auflösten, verlor Tief BALTHASAR immer mehr an Einfluss. Am 12. und
13.06. wurde das Tiefdruckgebiet BALTHASAR ohne Fronten noch südlich von Island
analysiert, bevor es sich endgültig auflöste und damit von der Berliner
Wetterkarte verschwand.
Geschrieben am 24.07.2011 von Matthias Treinzen
Wetterkarte: 09.06.2011
Pate: Bestattungen.de