Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet BARBARA

(getauft am 16.03.2012)

 

Mitte März entwickelte sich bei den Britischen Inseln ein größeres Gebiet tiefen Drucks. Da abzusehen war, dass dieses für das Wettergeschehen in Europa von Bedeutung sein würde, wurde es am 16.03. in der Prognose für den Folgetag auf den Namen BARBARA getauft.

Am 17.03. hatte das Tief BARBARA einen Kerndruck von knapp unter 1004 hPa und lag mit seinem Zentrum nur wenige Kilometer nordwestlich der schottischen Nordküste. Das Frontensystem der Zyklone begann nicht direkt am Zentrum, sondern etwa 700 km südöstlich davon an der englischen Ostküste. Von dort aus erstreckten sich eine Warmfront in nordöstlicher Richtung bis etwa zur norwegischen Südküste und eine Kaltfront, die über den Ostatlantik, vorbei an Frankreichs und Spaniens nordwestlichsten Küstenzipfeln, und anschließend in einem südwestlichen Bogen bis weit über den Atlantik verlief. In der vorherigen Nacht wurden über Irland und Großbritannien, also in Gebieten, die von der Kaltfront beeinflusst wurden,  Niederschläge registriert. So ermittelten beispielsweise die schottischen Stationen in Glasgow und Edinburgh bis zu 2 l/m² aus Regen und Schneeregen zwischen 19 Uhr abends und 7 Uhr morgens. Die spanische Station in La Coruna meldete im gleichen Zeitraum sogar 7 l/m², zum Teil aus leichtem Sprühregen, zum Teil aus leichtem Regen.

Am darauffolgenden Tag, dem 18.03., war der Tiefdruckwirbel BARBARA mit einem auf etwa 1013 hPa angestiegenen Kerndruck ca. 800 km weiter in Richtung Südosten gezogen und lag nun etwas östlich der englischen Ostküste. Von diesem Punkt aus verliefen wieder eine Warm- und eine Kaltfront. Während sich die Warmfront über die Nordsee und das norddänische Festland hinweg bis zum Kattegat, einem Arm der Nordsee zwischen Dänemark und Schweden erstreckte, verlief die Kaltfront in einem südwestlichen Bogen über Zentralfrankreich und die Mitte Spaniens bis weit hinaus über den östlichen Atlantik. Da die Kaltfront an diesem Tag weite Teile Frankreichs und Deutschlands überquerte, wurden in diesen Ländern zum Teil ergiebige Niederschlagssummen festgestellt. Das französische Clermont-Ferrand meldete zwischen 1 Uhr nachts und 7 Uhr morgens knapp 7 l/m² Niederschlag aus leichtem Regen, während die Station am Flughafen von Frankfurt am Main im Zeitraum von 7 Uhr morgens bis 19 Uhr abends insgesamt sogar auf 8 l/m² kam.

Bis zum 19.03 hatte sich die Zyklone BARBARA mit ihrem Zentrum weiter in nordöstlicher Richtung bis zur schwedischen Ostseeinsel Gotland verlagert. An diesem Tag ist erstmals eine Okklusionsfront erkennbar. Diese entsteht beim sogenannten Okklusionsprozess, bei dem bedingt durch die zyklonale Drehung des Tiefs, also der Drehung gegen den Uhrzeigersinn, die Kaltfront die Warmfront einholt, und sich eine Mischfront herausbildet. Diese Mischfront verlief von Mecklenburg-Vorpommern über die Ostsee hinweg bis zum Kern des Tiefs, welcher sich an diesem Tag auf knapp über 1005 hPa abgeschwächt hatte. Der dort liegende Punkt ist der sogenannte Okklusionspunkt, an dem sich die Okklusionsfront wieder in Warm- und Kaltfront aufteilt. Die Warmfront verlief wellenartig in östlicher Richtung über die Ostsee, Nordlettland bis über den äußersten Bereich des westlichen Russlands, etwa 400 km südöstlich von St. Petersburg. Die Kaltfront verlief hingegen in einem südwestlichen Bogen über die polnische Hauptstadt Warschau, die österreichische Hauptstadt Wien bis zum italienischen Golf von Triest. Niederschläge wurden wie auch an den Vortagen wieder vor allem in der Nähe der Kaltfront beobachtet. So wurde in der Nacht zum nächsten Tag am russischen Onega-See mancherorts zum Teil starker Schneefall registriert, der geschmolzen  insgesamt eine Wassermenge von
10 l/m² zur Folge hatte. Die Wetterstation der Stadt Petrosawodsk registrierte innerhalb von 18 Stunden von etwa 18 Uhr des Vortages bis
12 Uhr des Folgetages immerhin 8 l/m² aus Schneefällen sämtlicher Intensitäten.

Bis zum Folgetag, dem 20.03., hatte sich eine starke Westströmung entwickelt, die das Tiefdruckgebiet BARBARA schnell weiter in Richtung Nordosten verlagert hatte, welches nun mit seinem Kern knapp nordwestlich des russischen Ladogasees lag. Das Druckgebilde hatte sich allgemein noch einmal erheblich verstärkt, was unter anderem am stark gesunkenen Kerndruck lag, der innerhalb von 24 Stunden um gute 10 hPa bis auf knapp unter 995 hPa gefallen war. Die Okklusionsfront des Tiefs erstreckte sich vom Zentrum aus Richtung Südost bis zum Okklusionspunkt, welcher einige Kilometer nordwestlich der russischen Hauptstadt Moskau lag. Von dort aus verlief die Warmfront als nahezu gerade Linie Richtung Südosten und hinaus aus dem Analysebereich der Berliner Wetterkarte. Die Kaltfront des Tiefs BARBARA erstreckte sich dagegen vom Okklusionspunkt aus in einem südwestlichen Bogen über die östliche Ukraine, den Nordrand der Halbinsel Krim und des Schwarzen Meeres bis über Bosnien und Herzegowina. An diesem Tag zeigte sich aber noch eine weitere Besonderheit, eine zweite Kaltfront, hinter der ersten. Diese verlief von einem Punkt aus, der sich 200 km südöstlich von St. Petersburg befand, als südwestlicher Bogen über Moskau, die Ukrainische Hauptstadt Kiew bis nahe der Stadt Posen in Polen.

Am 21.03. war das Tief BARBARA, welches sich mit dem Zentrum in südöstliche Richtung verlagert hatte und nun mit dem Kern etwa 400 km östlich von Moskau lag, vollständig okkludiert. Der Kerndruck hatte sich im Vergleich zum Vortag nicht verändert und lag somit immer noch bei knapp unter 995 hPa. Die Okklusionsfront des Druckgebildes führte in einem nordöstlichen Bogen Richtung des Urals und anschließend hinaus aus dem Analysebereich.

Bis zum 22.03. schwächte sich die starke Westströmung im osteuropäischen Raum ein wenig ab, sodass sich der mehr und mehr eingedrehte Wirbel BARBARA nun auch nicht mehr so zügig verlagerte, wie noch an den beiden Tagen zuvor. Er hatte sich mit seinem Kern, mit einem Druck von nunmehr wieder knapp unter 1000 hPa, bis zum russischen Perm verlagert, von wo aus die Okklusionsfront Richtung Osten hinaus aus dem Bereich der Berliner Wetterkarte führte.

Der 23.03. war der letzte Tag, an dem das Tief BARBARA auf den europäischen Wetterkarten analysiert wurde. Es hatte sich bis dahin nochmals um einige 100 km weiter Richtung Osten verlagert und lag mit dem Zentrum nun über der russischen Stadt Tobolsk. Der Kerndruck hatte sich im Vergleich zum Vortag wieder leicht erhöht, auf knapp unter 1005 hPa. Die Okklusionsfront reichte an diesem Tag vom Zentrum aus Richtung Osten und abermals hinaus aus dem Analysebereich der Berliner Wetterkarte.

Am darauffolgenden Tag, dem 24.03. war sich dieses lebhafte, niederschlagsträchtige Tief dann endgültig in östlicher Richtung aus Europa hinaus gezogen.

 


Geschrieben am 19.04.2012 von Gregor Meusel

Berliner Wetterkarte: 19.03.2012

Pate: Barbara Kunz