Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet BARDO

(getauft am 04.03.2015)

 

Im Laufe des 03.03.2015 verlagerte sich ein Tiefdruckgebiet mit nordöstlicher Zugrichtung von Neufundland über den Nordatlantik bis einige Hundert Kilometer südlich der Südspitze Grönlands. Dieses Tief wurde von einem Trog in 5,5 km Höhe, d.h. einem Vorstoß relativ kalter Luftmassen nach Süden, gesteuert. Dabei entwickelte sich bis zum darauffolgenden Tag ein im Trog eingelagerter Höhenwirbel, welcher mit dem Bodentief korrespondierte und dieses in seiner Ausprägung verstärkte. Dadurch erreichte die Zyklone bereits in der Nacht mit einem Kerndruck von knapp unter 955 hPa den Höhepunkt ihrer Entwicklung. Da dieses Tief auch Einfluss auf das Wettergeschehen in Europa nehmen sollte, wurde es am 04.03. in der Prognose für Folgetag auf den Namen BARDO getauft.

Nach weiterer Verlagerung nach Nordosten befand sich das Tief BARDO um 01 Uhr MEZ mit einem leicht auf ca. 965 hPa abgeschwächten Kerndruck über der Dänemarkstraße. Südlich des Kerns ging eine Okklusion aus, die nur in der Höhe analysiert werden konnte und sich westlich des Zentrums bogenförmig um dieses erstreckte, bis sie nach östlichem Verlauf etwa 100 km östlich von Island ihren Okklusionspunkt erreichte. Eine Okklusion entsteht, wenn die Warmfront von der nachfolgenden, schneller ziehenden Kaltfront eingeholt wird und diese sich zu einer Mischform vereinen, die die Eigenschaften beider Frontenarten in sich vereint. Der Ort, an welchem die Vereinigung stattfindet, wird als Okklusionspunkt bezeichnet. Von diesem wies einerseits eine Warmfront nach Südosten über die Färöer-Inseln bis nach Schottland und andererseits eine weitreichende Kaltfront nach Südwesten, welche westlich an den Azoren vorbeiführte und über dem Zentralatlantik endete. Mit den Ausläufern des Tiefs BARDO begannen bereits am Abend zuvor die ersten Niederschläge auf Island und die Britischen Inseln überzugreifen. Dabei wurden bis 22 Uhr MEZ innerhalb von nur 3 Stunden 15 l/m² Niederschlag im westisländischen Dalatangi gemessen. Des Weiteren fielen bis 07 Uhr MEZ am 05.03. insgesamt 19 l/m² Regen in Thorshavn auf den Färöer-Inseln, wobei allein 13 l/m² in nur 6 Stunden registriert wurden. Auch im norwegischen Bergen kamen bereits 5 l/m² zusammen. Mit dem Durchzug der Warmfront konnten auf den Britischen Inseln zumeist nur wenige Zehntel Liter Regen pro Quadratmeter erfasst werden. Nur im Norden wurden beispielsweise auf den Shetland-Inseln mit 8 l/m² in Baltasound und 5 l/m² in Lerwick höhere Mengen verzeichnet. Währenddessen flossen im sogenannten Warmsektor, welcher den Bereich zwischen Warm- und Kaltfront darstellt, subtropische Luftmassen ein, wodurch verbreitet die Höchsttemperaturen im Vergleich zum Vortag um wenige Grad anstiegen. Im weiteren Tagesverlauf kamen die Ausläufer des Wirbels BARDO und dem dazugehörigen Niederschlagsgebiet weiter nach Osten voran. Dabei wurden 12-stündig bis 19 Uhr MEZ auf der nordschottischen Insel Skye nochmals 10 l/m² und in Aultbea 6 l/m² registriert. Noch ergiebiger fielen die Niederschläge allerdings in Norwegen aus. Im gleichen Zeitraum wie zuvor wurden in Tefre 25 l/m², in Bergen 27 l/m² und in Takle 32 l/m² zum Teil schauerartig verstärkter Niederschlag verzeichnet. Die zur Warmfront gehörenden Wolkenfelder erfassten ab dem Abend auch den Norden Deutschlands, brachten dabei aber nur geringen Regen und Sprühregen von verbreitet unter 1 l/m².

Aufgrund der dichten frontalen Bewölkung sank die Temperatur in der darauffolgenden Nacht vor allem im Nordwesten des Landes nicht so stark ab, wie im restlichen Teil Deutschlands. Während in den Mittelgebirgen Tiefsttemperaturen von bis zu -7°C gemessen wurden und auch im Tiefland diese zwischen -2 und -3°C betrugen, lagen die Minima im Norden zwischen +2 bis +5°C. Das Zentrum des Tiefs BARDO verlagerte sich indes der Bewegung des Höhenwirbels folgend weiter nach Nordosten und konnte um 01 Uhr MEZ am 06.03. mit einem Kerndruck von rund 975 hPa nordwestlich von Jan Mayen über der südlichen Grönlandsee analysiert werden. Das Frontensystem kam derweil nur langsam nach Osten voran und bestand zu diesem Zeitpunkt aus einer Okklusion, die vom Kern nach kurzem nordwestlichem Verlauf bogenförmig auf südliche Richtung schwenkte und sich nahe Östersund in eine Warm- und eine Kaltfront aufspaltete. Die Warmfront führte über Südschweden, Kopenhagen und dem Nordwesten Deutschlands bis zum Ärmelkanal, und die Kaltfront über Südnorwegen bis nördlich der Azoren, wobei sich über den Britischen Inseln eine wellenförmige Deformation ausbildete, die sich zu einem Großteil bis zum Folgetag dem Frontensystem des nachfolgenden Wirbels CARLO anschloss. Die Niederschläge entlang der Ausläufer hielten währenddessen an. Dabei blieb der Schwerpunkt weiterhin über Skandinavien. Im norwegischen Fossmark fielen bis 01 Uhr MEZ in nur 6 Stunden 25 l/m², in Seljelia wurden im gleichen Zeitraum 17 l/m² und in Liarvatn sowie in Kvamsoy 15 l/m² registriert. In Schweden wurden 6-stündig jeweils 5 l/m² in Gäddede und in Korsvattnet verzeichnet. Mit dem Tief floss nun maritime Polarluft nach Skandinavien ein, die die dort vorherrschende Arktikluft verdrängte und so die Temperaturen um wenige Grad ansteigen ließ. In Trondheim und Bergen wurden an diesem Tag maximal 8°C registriert, wobei am Vortag noch 6°C gemessen wurden. In Östersund erhöhte sich der Tageshöchstwert um 3 Grad auf nun 5°C. In Deutschland blieb es hingegen im Tagesverlauf meist stark bewölkt bis bedeckt mit gelegentlichem Regen von weiterhin nur geringer Menge. Nur im äußersten Südwesten konnte sich die Sonne durchsetzen und schien dort auch bis zu 10 Stunden lang. Dabei wurden im Süden Höchsttemperaturen von 6 bis 11°C und im Norden von 6 bis 9°C erreicht. Lediglich im östlichen Mittelgebirgsraum blieb es mit 2 bis 3°C kühler. Die Niederschläge über Norwegen und Schweden summierten sich bis zum Abend abermals bis auf nennenswerte einstellige Mengen. So meldete zum Beispiel Stockholm 6 l/m², Takle sowie Sortland 7 l/m² und Storforshei 8 l/m² mitunter schauerartiger Niederschlag in 12 Stunden bis 19 Uhr MEZ. Auch Finnland wurde bereits vom Niederschlagsgebiet erfasst, wodurch am Flughafen Helsinki-Vantaa im selben Zeitraum wie zuvor 6 l/m² an Schnee und Schneeregen zusammenkamen.

In der mittleren Atmosphäre löste sich das korrespondierende Höhentief auf, was zu einer Abschwächung der Bodenzyklone BARDO führte. Während sich das Tief CARLO nun zum steuernden System über dem Nordmeer ausbildete, zog der Wirbel BARDO weiter nach Nordosten und befand sich um 01 Uhr MEZ am 07.03. westlich von Spitzbergen über der zentralen Grönlandsee. Das Frontensystem war nun fast komplett okkludiert. Es führte eine Okklusion vom Kern über dem Norden Spitzbergens, die Halbinsel Kola, Karelien und das Baltikum bis zum Okklusionspunkt knapp südlich von Gdansk. Von dort verlief eine Warmfront bis zur Lausitz und eine Kaltfront bis zur westlichen Ostseeküste Polens, wo sie Anschluss an die Warmfront des Tiefs CARLO II fand. Im Zusammenspiel mit dem Hoch KARIN über Süddeutschland stieg die Temperatur vor allem in der Nordhälfte Deutschlands aufgrund einfließender und zum Teil erwärmter gemäßigter Luftmassen deutlich an. Während am Tag zuvor in diesem Bereich maximal 9,9°C in Lübeck gemessen wurden, registrierte man nun Maxima von 14,2°C in Magdeburg oder 15,0°C am Flughafen Münster/Osnabrück. Auch in Polen stiegen die Höchstwerte an. In Warschau, Bialystok, Leba und Breslau erhöhte sich das Tagesmaximum um 4 Grad im Vergleich zum Tag davor, wobei in letzterem die Temperatur nun 12°C betrug. In Torun stieg sie mit nun 11°C um insgesamt 5 Grad an. Die dem Tief BARDO zuzuschreibenden Niederschläge schwächten sich zusehends ab und konzentrierten sich weiterhin hauptsächlich entlang der Fronten, wodurch in Lahti eine 24-stündige Niederschlagsmenge von 6 l/m² bis 07 Uhr MEZ dieses Tages erreicht wurde. Im Laufe des Tages fiel Finnland unter den Einfluss des Systems CARLO mit den dazugehörigen Niederschlagsereignissen. In Litauen wurden ebenfalls bis 07 Uhr MEZ in nur 12 Stunden jeweils 3 l/m² in Panevezys und Birzai verzeichnet, auch im lettischen Skriveri fiel diese Menge. In Estland betrug die höchste 12-stündige Niederschlagssumme 2 l/m², welche jeweils aus Maarja und Pjarnu gemeldet wurde. Auch in Polen wurden keine höheren Werte registriert, in 24 Stunden bis 07 Uhr MEZ fielen in Resko 3,1 l/m², in Koszalin 3,2 l/m² und in Lebork 4,3 l/m².

Bis zum darauffolgenden Tag verlagerte sich der Kern des Tiefs BARDO unter Abschwächung weiter nach Norden und verließ dabei den Darstellungsbereich der Berliner Wetterkarte, wodurch der Wirbel am 08.03. nicht mehr namentlich verzeichnet werden konnte. Das Frontensystem zog indes weiter nach Osten und wurde im weiteren Verlauf vom Tiefdrucksystem CARLO aufgenommen.

 

 

Geschrieben am 19.04.2015 von Sebastian Wölk

Berliner Wetterkarte: 06.03.2015

Pate: Bardo Racky