Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet BENEDIKT

(getauft am 02.11.19)

 

Ein Tief zog im Bereich des Jetstreams, einem Starkwindband in 5,5 km Höhe, in den ersten Novembertagen 2019 vom Nordosten der USA in Richtung Europa. Anhand der Analysekarte vom 02.11.19 um 00 Uhr UTC wurde dieser Wirbel auf den Namen BENEDIKT getauft.

Zu diesem Zeitpunkt verlief die Okklusion über der kanadischen Provinz Québec und der Labrador-Halbinsel parallel zum Sankt-Lorenz-Strom über eine Länge von ungefähr 1400 km. Vom Okklusionspunkt knapp 200 km nordöstlich Neufundlands erstreckte sich die Warmfront über den westlichen Nordatlantik, wo sich im weiteren Verlauf die Kaltfront der Zyklone ARNE anschloss. Die Kaltfront verlief in einem Bogen über dem Osten Neufundlands und anschließend südwestwärts über den Nordwestatlantik. Bei der Passage der Fronten regnete es an verschiedenen Stationen auf Neufundland innerhalb von 24 Stunden bis 06 Uhr UTC zwischen 0,2 und 1,2 l/m². Mit der Passage der Warmfront, wo sich warme Luft langsam unter einer vorlaufenden kühleren Luftmasse schob, stieg die Temperatur auf 16,7°C in Bonavista oder 17,8°C in Badger. Beide Stationen befinden sich auf Neufundland. Nördlich der Okklusion herrschte hingegen gebietsweise Dauerfrost, wie zum Beispiel in Saglek auf der Labrador-Halbinsel mit höchstens -2,7°C. Der Minimaldruck von rund 992 hPa wurde über der südlichen Labrador-Halbinsel gemessen. Da sich westlich der Azoren ein kräftiges Hoch befand, war der Druckunterschied zum Tief BENEDIKT recht hoch. Dadurch herrschte kräftiger Wind vor allem im Bereich von Neufundland, wo im Mittel starker Wind mit stürmischen Böen blies.

Am 03.11. um 00 Uhr UTC befand sich der Kern des Wirbels BENEDIKT etwa 800 km südwestlich von Island über dem zentralen Nordatlantik. Mit einem Luftdruck von knapp 985 hPa hatte es sich im Vergleich zum Vortag leicht verstärkt. Die doppelt ausgeprägte Okklusionsfront, eine Front bei der sich die Kalte Luft bereits unter die Warme geschoben hatte, mit der Kalt- und der Warmfront lagen ausnahmslos über dem Nordatlantik. An der nördlichen Okklusion auf halber Strecke zwischen dem Zentrum und Island schloss sich eine Mischfront in der Nähe des Tiefs ZED an und die Warmfront ging noch immer in die Kaltfront der Zyklone ARNE über.

Mit dem Weiterzug nach Osten erreichte das Tiefdrucksystem BENEDIKT am 04.11. das europäische Festland. Um 00 Uhr UTC lag das Zentrum über Irland. Es hatte sich zudem mit einem minimalen Luftdruck von rund 978 hPa im Kern nochmals intensiviert. Die Okklusion verlief dabei S-förmig vom Nordatlantik über Irland bis zur Loire-Mündung. Vom dortigen Okklusionspunkt, wo sich Warm- und Kaltfront trennten, erstreckte sich die Warmfront entlang der französischen Biskayaküste und weiter in südwestlicher Richtung bis zur spanisch-portugiesischen Grenze am Tajo. Die erheblich längere Kaltfront mit den üblichen Hebungsvorgängen, wo sich Kaltluft unter die Warmluft schiebt, lag in einem großen Bogen über der Biskaya und Galizien und reichte bis zu den Azoren, wo sie in die Warmfront des über Neufundland liegenden Tiefdruckgebiets CARLETTO überging. Entlang den Fronten regnete es dabei teilweise schauerartig verstärkt, wobei die höchsten 12-stündigen Regenmengen bis 06 Uhr UTC in Galizien gemessen wurden, wie in A Lama mit 42,6 l/m² und 34,8 l/m² in A Estrada. Weiter nördlich, im Einflussbereich der Mischfront, lagen die maximalen Niederschlagsmengen bei 19 l/m² in Valley auf der walisischen Insel Anglesey sowie 16 l/m² in Dax und auf der Île de Groix vor Lorient. In erwärmter Subpolarluft erreichten die Höchstwerte 12,1°C in London, 14,3°C in Angers oder 13,4°C in Ponferrada. Vor der Kaltfront stieg die Temperatur im Warmsektor in einer subtropischen Luftmasse auf 27,7°C in Murcia und 25,6°C in Eivissa auf Ibiza. Weiterhin war der Druckgradient zwischen den Tiefdruckgebiet BENEDIKT und hohem Luftdruck über Südspanien und Nordwestafrika recht stark ausgeprägt. Deshalb gab es Spitzenböen der Stärke 9 entlang der Biskaya.

Insgesamt verlagerte sich der Tiefdruckkomplex bis zum nächsten Tag nach Südosten. Zusätzlich bildete sich neben dem Zentrum des Tiefs BENEDIKT I über dem Ärmelkanal ein zweiter Kern BEHEDIKT II über der Nordsee zwischen Suffolk und den Niederlanden aus. Beide Zentren wiesen einen Kerndruck von circa 988 hPa auf. Die Mischfronten im Einflussbereich der Teilzyklone BENEDIKT I verliefen über der Biskaya, dem Nordwesten Frankreichs, dem Ärmelkanal und Cornwall. An der nördlichen Okklusion schloss sich die Mischfront des Wirbels BENEDIKT II an. Diese erstreckte sich vom Süden Englands bis nach Niedersachsen ostwärts und dann in einem Bogen bis zum Bayerischen Wald. Vom dortigen Okklusionspunkt lagen die Kalt- und Warmfront über dem Alpenraum. Die Kaltfront ging in eine Warmfront einer kleinen Wellenstörung, welche östlich Marseilles zu verorten war, über. Dabei fiel der meiste Niederschlag im Nordstau der Alpen. In 12 Stunden bis 06 Uhr UTC fielen am Salzburger Flughafen 20 l/m² sowie 18 l/m² in Kufstein. Die Höchsttemperaturen lagen relativ einheitlich in maritim erwärmter Subpolarluft bei 13,1°C in Paris, 11,5°C in Würzburg und 12,5°C auf Thorney Island bei Portsmouth. Da das Azorenhoch stark ausgeprägt war, wehte weiterhin ein kräftiger Wind mit den höchsten Windgeschwindigkeiten an der französischen Biskayaküste. Dort wurden Sturmböen registriert.

 

Am 06.11.19 um 00 Uhr UTC lag das Zentrum des Tiefdruckgebietes BENEDIKT über Zentralfrankreich. Mit einem Druck von rund 1004 hPa hatte es sich in den vorangegangenen 24 Stunden deutlich abgeschwächt. Nur noch eine kurze Okklusion verlief bogenförmig vom Kern bis zum Unterlauf der Loire. Im weiteren Verlauf schloss sich die Kaltfrontokklusion des Tiefs ARNE II an. Die Regenfälle entlang der Mischfront wurden dabei mit der zusätzlichen Hebung an den Pyrenäen noch verstärkt. So wurden zum Beispiel in der erwähnten Zeitspanne im Baskenland bis zu 38 l/m² in Elgeta und 39,2 l/m² in Urkiola gemessen. Dazu stieg die Temperatur in Biscarosse auf 15,5°C, in Biarritz auf 15,0°C und 13,5°C an der Station San Sebastian-Igueldo.

Mit dem herannahenden und sich verstärkenden Tiefdruckkomplex CARLETTO löste sich die Zyklone BENEDIKT bis zum nächsten Tag komplett auf.