Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
BENEDIKT
(getauft am
09.05.2015)
Durch das Aufeinandertreffen von
feucht-kalter Polarluft und warmer Luft aus den Mittleren Breiten über dem
Nordatlantik bildete sich ein Tiefdruckgebiet, das daraufhin am 09.05. in der
Prognose für den Folgetag auf den Namen BENEDIKT getauft wurde.
Am 10.05. bildete das Tiefdrucksystem
BENEDIKT drei Kerne aus, die einen minimalen Bodendruck von 990 hPa hatten. Der
südliche Kern befand sich ca. 1000 km nördlich von den Azoren, von dem eine Okklusionsfront,
eine Mischfront aus Warm- und Kaltfront, nach Südwesten führte. Die beiden
anderen Kerne, die dicht beieinander ca. 700 km westlich von Irland lagen,
waren mit einigen Fronten unterschiedlichen Charakters verbunden, deren
äußerste Ausläufer als Okklusionsfront über Schottland und als Warmfront von
Nordirland über Wales bis zur französischen Bretagne reichten. Die Zyklone war
mit einem kräftigen Windfeld verbunden, so dass auf dem Berg Aonach Mor in
Schottland, der eine Höhe von 1221 m hat, um 17 Uhr UTC, also 19 Uhr MESZ, eine
Spitzenböe von 122,3 km/h gemeldet wurde.
Am 11.05. lag das Tief BENEDIKT mit nur
noch einem Kern weiterhin über dem Nordatlantik, der Druck hatte sich auf 980
hPa abgesenkt. Seine Okklusionsfront erstreckte sich nach Nordosten bis zum
Okklusionspunkt nahe den Färöer-Inseln. Von dort führte die Warmfront über die
norwegische Küste bis zur Deutschen Bucht. Die Kaltfront erstreckte sich nach
Südwesten über die Britischen Inseln bis zu einem Tiefdrucksystem über dem
Atlantik. Dabei stiegen auch die Windgeschwindigkeiten auf dem Aonach Mor, der
um 00 Uhr UTC des Folgetages Spitzenböen bis 155,7 km/h registrierte.
Am 12.05. befand sich das Zentrum der
Zyklone BENEDIKT über den Färöer-Inseln, wobei von diesem eine Okklusionsfront
nach Nordosten führte. Über den Skanden wechselte sie den Charakter in den
einer Kaltfront und verlief weiter nach Süden über Schweden, Dänemark und
entlang der westlichen Festlandsküste Europas, wo die Front unter den Einfluss
anderer Systeme geriet. Diese scharf ausgeprägte Kaltfront kam über der
Nordhälfte Deutschlands rasch ostwärts voran. Bei dem markanten
Luftmassenwechsel von Subtropikluft zu einfließender maritimer Polarluft kam es
am Abend und in der ersten Nachthälfte in den nördlichen und zentralen Teilen
Deutschlands verbreitet zu Gewittern, die meist aber nur Niederschlagsmengen
unter 10 mm brachten. Nur in Burg bei Magdeburg wurden über 40 mm gemessen. Die
Gewitter wurden nachmittags örtlich von Sturmböen der Stärke 9 bis 10
begleitet. In Potsdam und Genthin betrug die höchste Böe 79,6 km/h, in
Trollenhagen sogar 100 km/h. Vor der Kaltfront befand sich sehr warme Luft
subtropischen Ursprungs, sodass es vor allem im Osten und Süden Deutschlands
verbreitet einen Sommertag mit einer Höchsttemperatur über 25°C gab. Am
Oberrhein in Lahr gab es sogar einen Heißen Tag mit 30,5°C, ebenso in Mannheim
mit 30,6°C. In Berlin-Dahlem wurde mit 27,5°C der erste Sommertag des Jahres
registriert.
Am 13.05. spaltete sich das Tief BENEDIKT
auf. Tief BENEDIKT I wurde mit seinem Kern über der Nordspitze Skandinaviens
analysiert, Tief BENEDIKT II befand sich über der Bottensee, dem südlichen Teil
des Bottnischen Meerbusens. Sie waren durch eine Okklusionsfront verbunden, die
weiter nach Süden über das Baltikum führte. Bei Warschau befand sich der
Okklusionspunkt, von wo die Warmfront weiter nach Süden bis über die Ungarische
Tiefebene führte. Die Kaltfront erstreckte sich weiter nach Südwesten über die
Böhmisch-Mährischen Höhen bis zum Alpenvorland, wo sie mit anderen Systemen
verbunden war. Auf der Rückseite der Kaltfront gab es nur im Norden
Deutschlands leichte Schauer, die keine nennenswerten Niederschlagsmengen
brachten. Sonst war es verbreitet sonnig, in den zentralen Teilen Deutschlands
wurden örtlich über 13 Stunden Sonnenschein registriert. Jedoch verblieb die
Höchsttemperatur mit wenigen Ausnahmen unter 20°C. In der folgenden Nacht
kühlte sich die Luft gebietsweise auf Tiefstwerte um 5°C ab, in Bad Lippspringe
sogar auf 2,3°C und unmittelbar über dem Erdboden bis zum Gefrierpunkt. Der
äußerste Süden Deutschlands verblieb noch in der warmen Luft, sodass im Allgäu
tagsüber die 25°C-Marke überschritten wurde, wie z.B. in Oberstdorf mit 25,4°C.
Zum Abend und in der Nacht gab es im Grenzbereich der beiden Luftmassen
verbreitet Schauer und Gewitter, sodass im Salzburger Land innerhalb von 12
Stunden bis 06 Uhr UTC bis zu 25 mm Regen registriert wurden.
Am 14.05. verlagerte sich der Wirbel
BENEDIKT I zur Doppelinsel Nowaja Semlja im Arktischen Ozean. Eine Okklusionsfront
erstreckte sich nach Südosten über die Jamal-Halbinsel aus dem Bereich raus,
der von der Berliner Wetterkarte analysiert wird. Das Tief BENEDIKT II hatte
seinen Kern mit einem Druck von 995 hPa über der Finnischen Seenplatte. Eine
Okklusionsfront erstreckte sich nach Nordosten zum Weißen Meer, wo sich am
Okklusionspunkt eine Warmfront nach Nordosten abspaltete. Die Kaltfront
erstreckte sich nach Süden über die Rus bis zum Mündungsgebiet des Dnepr, wo
sie mit einem anderen System verbunden war. Aufgrund der fortschreitenden
Alterung des Tiefs BENEDIKT II, klang die Niederschlagstätigkeit an den Fronten
weitgehend ab. Durch die eingeflossene Kaltluft war der Niederschlag entlang
der Okklusionsfront mit Schnee vermischt, wie die Wetterstation in Rovaniemi in
Finnland meldete.
Am 15.05. war das Tief BENEDIKT I von der
Berliner Wetterkarte verschwunden, das verbliebene Tief BENEDIKT blieb nahezu
stationär über Finnland. Die Okklusionsfront führte nach Norden bis zum
Okklusionspunkt über der Waronka. Die Warmfront erstreckte sich nach Osten
entlang der Küste zum Arktischen Ozean, während die Kaltfront nach Süden
führte.
Am 16.05. hatte sich der Wirbel BENEDIKT
hinaus auf die Barentssee verlagert, angegliederte Fronten konnten nicht
analysiert werden. Im Verlauf schwächte sich das Tief weiter ab und konnte am
Folgetag nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte analysiert werden.
Geschrieben am
12.07.2015 von Sebastian Kugel
Berliner Wetterkarte: 13.05.2015
Pate: Benedikt von
Gumppenberg