Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet BENJAMIN
(getauft am 05.01.2019)
Am 05.01.2019
befand sich ein ausgedehntes Frontensystem über dem Atlantischen Ozean mit seinem
Kern südlich von Grönland. Die Fronten des Tiefs waren bereits teilweise
okkludiert. Da abzusehen war, dass ein sich abspaltendes Tiefdruckgebiet dieser
Zyklone wetterwirksam für Europa werden würde, wurde das Randtief in Prognose
für den Folgetag auf den Namen BENJAMIN getauft.
Am 06.01.2019
um 00 Uhr UTC, was 01 Uhr MEZ entspricht, lag die Zyklone BENJAMIN zentral über
dem Nordatlantik. Der Kerndruck lag mit knapp unter 1010 hPa nur minimal unter
dem durchschnittlichen Bodendruck von 1013 hPa. Eine kurze Okklusionsfront ging
bogenförmig um den Kern, erst nordwärts und anschließend ostwärts, wo sie in
eine Warmfront überging, welche vor der Westküste Irlands in die Kaltfront
eines unbenannten Tiefs östlich von Grönland überging. Bei einer Okklusion
handelt es sich um eine Mischform aus Warm- und Kaltfront, welche Eigenschaften
beider vereint.
Das
Tiefdruckgebiet BENJAMIN verlagerte sich zum 07.01. in nordöstliche Richtung
und lag nun mit einem Kerndruck von unter 995 hPa südlich von Island. Der
Okklusionspunkt, der Punkt, an dem die Okklusion sich in Warm- und Kaltfront
aufspaltet, lag südöstlich vom Zentrum, wo sich die Okklusion in eine Warm-und
Kaltfront aufspaltete. Die Warmfront verlief südöstlich bis an die Ostküste
Irlands und die Kaltfront verlief leicht bogenförmig in südliche Richtung, wo
sie in die Warmfront eines unbenannten Tiefs überging. Im Tagesverlauf sorgte
zunächst die Warmfront für kurzzeitigen advektiven Niederschlag und
anschließend die Kaltfront für schauerartig verstärkten Niederschlag. Auf den
Shetland-Inseln, ca. 200 km nordöstlich vom schottischen Festland, wurden
12–stündig bis 18 Uhr UTC 9 l/m² registriert. Durch die Kaltfront frischte vor
allem der Wind auf, sodass auf den exponierten Hügeln und Bergen verbreitet
Orkanstärke erreicht wurde. Auf dem 1300 Meter hohem Cairn Gorm wurde die
Grenze zu Orkanstärke von 118 km/h mit 194 km/h deutlich überschritten. In den
Niederungen galt vielerorts eine Windwarnung mit Böen der Stärke 7 bis 8 auf
der Beaufort-Skala.
Am 08.01. um
00 Uhr UTC war die Zyklone BENJAMIN über dem Südende Norwegens mit einem Druck
von unter 995 hPa zu verorten. Die Okklusion verlief bogenförmig vom Kern aus
bis zum Okklusionspunkt südlich von Hamburg und ging dann in die Warmfront, die
südwestlich bis Nantes reichte, und die Kaltfront, welche westlich verlief und
dort über der Südspitze Irlands in die Warmfront eines unbenannten Tiefs über
Grönland überging, über. Das Tiefdruckgebiet hatte sich mittlerweile zu einem Sturmtief
entwickelt. An der Nordseeküste wurden verbreitet orkanartige Böen mit maximal 115
km/h in Spiekeroog gemessen. Dadurch wurde eine Sturmflut verursacht, wodurch
der Wasserspiegel der Elbe anstieg und in Hamburg über 2 Meter oberhalb des
normalen Pegels lag. Am Abend erreichte das Sturmtief die Alpenregion, wodurch
auch dort auf den Bergen Orkanböen wie am Feuerkogel mit 140 km/h auftraten.
Zeitgleich setzte ergiebiger Schneefall ein mit bis zu 281 cm Neuschnee im
Hochgebirge Österreichs. Auf Grund der starken Schneeverwehungen spitzte sich
die Lawinengefahr zu, sodass die höchste Lawinenstufe 5 in der Steiermark
gemeldet wurde und zahlreiche Skigebiete und Ortschaften nicht mehr erreichbar
waren. Eine ähnliche Schneelage in diesen Regionen gab es zuletzt kurzzeitig im
April 2017 und im Jahr 2007. Die bayerischen Alpen waren ebenfalls stark von
den Neuschneefällen betroffen, sodass kurze Zeit später für einige Regionen der
Katastrophenalarm ausgerufen wurde. In Berlin-Dahlem war es vergleichsweise
ruhig mit 12-stündig 9 l/m² in flüssiger Form und Windböen von maximal 60 km/h
am Vormittag. Durch die Nordwestwetterlage strömte milde Atlantikluft nach
Deutschland, die Höchsttemperatur in Berlin erreichte tagsüber 6°C.
Am nächsten
Tag befand sich der Wirbel BENJAMIN über Pommern, wobei er sich etwas
abschwächte. Der Kerndruck war mit knapp 995 hPa gleichgeblieben, aber es war
nur noch eine Okklusionsfront ausgebildet. Zyklonen verstärken sich durch die
Temperaturgegensätze von ausgedehnten Kalt- und Warmfronten, was bei diesem
vollokkludierten Tiefdruckgebiet nicht mehr der Fall war. Die Okklusion verlief
vom Kern aus in südliche Richtung bis zum Golf von Triest. Durch die geringe
Bewegungsgeschwindigkeit von Wirbel BENJAMIN und der Rotationsrichtung von
Tiefdruckgebieten entgegen dem Uhrzeigersinn wurde milde, feuchte Luft von der
Ostsee nach Deutschland angeströmt. Dadurch regnete es besonders in der
Osthälfte Deutschland zeitweise stark und im Alpenraum kam verbreitet ein
halber Meter Neuschnee hinzu, wie beispielsweise in Ramsau in der Nähe von
Salzburg, wo 52 cm Neuschnee im Tal registriert wurden. Damit stieg die
Schneehöhe in Ramsau auf 160 cm, auf der Zugspitze lag sie bereits bei 3 Metern. Zumindest der Wind schwächte sich ab und
erreichte nur an exponierten Stellen wie auf dem Brocken in Böen über 90 km/h.
Die Zyklone
BENJAMIN verlagerte sich zum 10.01.2019 nur minimal weiter nach Osten und lag
mit seinem Kern um 00 Uhr UTC über der polnischen Hauptstadt Warschau. Das
Tiefdruckgebiet hatte sich weiter abgeschwächt, mit einem neuen Kerndruck von etwa
1013 hPa. Die Okklusionsfront erstreckte sich bogenförmig erst nördlich, dann
östlich bis in den westlichen Teil Russlands. Auf Grund der fehlenden
Feuchtigkeit gab es allerdings kaum signifikantes Wetter zu vermelden. In
Weißrussland schneite es vielerorts etwas, wobei dort nicht mal 1 l/m² Niederschlag
zusammenkam.
Zum
11.01.2019 schwächte sich die Zyklone BENJAMIN weiter ab und wurde auch nicht
mehr als Tiefdruckgebiet auf der Berliner Wetterkarte verzeichnet.