Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
BERND
(getauft am 14.08.2019)
Eine
Wellenstörung im Bereich des Jetstreams, dem
Starkwindband in der oberen Troposphäre, über dem Nordosten Kanadas zog Mitte
August 2019 über dem Nordatlantik nach Europa. Diese daraus entstandene Zyklone
wurde anhand der Prognosekarte für den 15.08.19 um 14 Uhr MESZ auf den Namen
BERND getauft.
Auf
der Berliner Wetterkarte des 15.08. lag das Zentrum des Tiefs BERND circa 550
km südlich von Grönland mit einem minimalen Druck von knapp 995 hPa. Die
Warmfront und die Okklusion waren dabei doppelt ausgebildet und reichten von
der Labrador-Halbinsel bis zum Ostatlantik unweit der irischen Küste. Südöstlich
des Kerns verlief die Kaltfront vom Okklusionspunkt im Bogen über den zentralen
und westlichen Nordatlantik. 350 km südöstlich von Neufundland ging die
Kaltfront in die Warmfront einer Wellenstörung über. An der kanadischen Küste
der Labradorsee wurde entlang der Mischfront zum Beispiel an der Wetterstation
Cartwright geringer Niederschlag registriert bei einer Höchsttemperatur von
13,8°C.
Unter
Verstärkung zog der Wirbel BERND bis zum nächsten Tag weiter nach Europa. Das
Zentrum befand sich um 02 Uhr MESZ knapp 600 km südlich von Island. Während die
Okklusion über dem Nordostatlantik lag, erstreckte sich die doppelt
ausgebildete Warmfront zum einen östlich des Zentrums bis in den Norden
Englands und zum anderen vom Okklusionspunkt, der 350 km westlich Irlands lag,
über einer Länge von rund 850 km über dem westlichen Atlantik. Die Kaltfront
verlief in einem Bogen über dem östlichen Nordatlantik, woran sich die
Warmfront eines kleineren Wellentiefs anschloss. Im Bereich des
Tiefdruckgebietes BERND regnete es innerhalb von 12 Stunden bis 08 Uhr MESZ bis
zu 21 l/m² an der irischen Station Mace Head und 27 l/m² in Valentia.
Dabei stieg die Temperatur auf 21,3°C in Belfast, 17,8°C in Mumbles
bei Swansea oder 20,4°C in Glasgow. Mit einem Kerndruck von ungefähr 982 hPa
vergrößerte sich zudem der Druckgradient zu den Hochdruckkomplexen über
Mitteleuropa. An der irischen Westküste wurden dadurch Windböen bis Stärke 9 auf
der Beaufort-Skala erreicht.
Innerhalb
des nächsten Tages verlagerte sich die Zyklone BERND leicht nach Osten.
Ausgehend vom Kern mit einem Druck von rund 978 hPa südlich von Island verlief um
02 Uhr MESZ am 17.08. die Okklusion, wo die einströmende Kaltluft die wärmere
vorlaufende Luftmasse komplett vom Boden gehoben hatte, zwischen Island und den
Färöer-Inseln nach Nordosten und anschließend südwärts über den Shetland-Inseln
bis zur westlichen Nordsee, wo sich der Okklusionspunkt befand. Die Warm- und
Kaltfront verliefen von diesem Punkt in einem kurzen Abstand zueinander über
dem Südosten Englands und Westfrankreich bis zur Biskaya. An der Kaltfront
schloss sich noch immer die Warmfront einer anderen Wellenstörung an.
Südöstlich des Zentrums über Irland bildete sich zusätzlich eine zweite
Kaltfront aus. Das mitunter schauerartig verstärkte Regengebiet im
Einflussbereich des Tiefs BERND sorgte im erwähnten Zeitraum für 20 l/m² in Prestwick bei Glasgow, 12 l/m² im bretonischen Quimper oder
sogar bis zu 28 l/m² in Konsmo im Süden Norwegens.
Mit der Zufuhr maritimer Polarluft wurden an diesem Tag hinter der Kaltfront
20,2°C in Plymouth oder 18,4°C in Brest, Frankreich gemessen, während vor der
Kaltfrontpassage bis zu 26,0°C in Wolfsburg und 29,1°C am Flughafen
Berlin-Schönefeld erreicht wurden. Besonders in Island wehte ein kräftiger
Wind. Schwere Sturmböen fegten vereinzelt über die vulkanische Insel.
Bis
zum nächsten Tag, dem 18.08., zog der Wirbel BERND nur unwesentlich in Richtung
Südosten. Der Kern befand sich noch immer über dem Atlantik nahe den Äußeren
Hebriden. Die Fronten des Tiefdruckgebietes BERND beeinflussten das Wetter über
dem Norden der Britischen Inseln, den Färöer-Inseln, Norwegen, Schweden, dem
Osten Deutschlands sowie dem Norden Dänemarks. Die sehr kurze Kaltfront ging
über dem Süden Schwedens in die Warmfront einer jungen Wellenstörung über und
an der Warmfront, die bei den Lofoten in Verbindung mit der Mischfront stand,
schloss sich die Kaltfront eines arktischen Tiefs im nördlichen Teil der
Halbinsel Kola an. Der meiste Regen fiel entlang der schleifenden Kalt- und Warmfront
in einem Streifen von Schleswig-Holstein bis nach Belgien. Die 12-stündige
Regenmenge bis 08 Uhr MESZ betrug zum Beispiel in Bremerhaven 15,2 l/m², 15,3
l/m² in Bad Bentheim und 20 l/m² am Lütticher Flughafen Bierset.
In Skandinavien gingen an einer Konvergenzlinie mit am Boden zusammenströmender
Luft Schauer nieder, wo bis zu 15 l/m² in der gleichen Zeit in Hjartåsen registriert wurden. Hinter der Warmfront am
Nordkap gelangte recht warme Luft bis in den Norden Finnlands. In Kuusamo
wurden 22,5°C und am Inarisee 21,0°C erreicht. In Großbritannien und dem
Südwesten Skandinaviens wurden ähnliche Temperaturen gemessen, wie
beispielsweise 20,3°C in Coleshill bei Birmingham
oder 18,2°C in Bergen. Trotz der leichten Abschwächung mit einem minimalen
Druck von etwa 984 hPa kam es immer noch schweren Sturmböen vor allem über
Island.
Der
Tiefdruckkomplex BERND verlagerte sich mit seiner beschriebenen Struktur bis
zum nächsten Tag mit einer Warmfront zwischen Spitzbergen und Nowaja Semlja sowie einer anderen Warmfront von der östlichen
Ostsee bis in den Osten Polens nach Nordosten. Beide Warmfronten, wo sich warme
Luft langsam über kühlere Luft schob, wurden mit einer Okklusion verbunden. Im
weiteren Verlauf spaltete sich die Mischfront und verlief zum einen vom
nördlichen Europäischen Nordmeer bis zu den Färöer-Inseln und zum anderen
sichelförmig zwischen den Äußeren Hebriden und Island. Die kleine Wellenstörung
über der Ostsee zog in Richtung Okklusionspunkt, wodurch dort praktisch keine
Kaltfront mehr ausgeprägt war. Das Zentrum befand sich um 02 Uhr MESZ mit einem
Druck von rund 990 hPa zwischen den Shetland-Inseln und den Färöer-Inseln. Bei
durchziehenden Regenschauern über den Britischen Inseln wurden beispielsweise
bis zu 8 l/m² am walisischen Lake Vyrnwy gemessen. Im
Gegensatz zu den wenig wetterwirksamen Warmfronten regnete es an der Okklusion
länger anhaltend. In der erwähnten Zeitspanne regnete es in Turku 26 l/m², 17
l/m² in Holmön bei Umeå
oder 17 l/m² im schwedischen Gällivare. Dank einer südlichen Luftströmung war es
auf der Halbinsel Kola mit bis zu 22,6°C in Padun
sogar wärmer als in Schottland mit beispielsweise 14,2°C am Loch Glascarnoch, wo die Luft aus West bis Nordwest herangeführt
wurde. Noch kälter war es in Arktikluft in Island mit
zum Beispiel 13,3°C in Keflavík.
Aus
dem Punkt, wo die nördliche Warmfront auf die Okklusion traf, entwickelte sich bis
02 Uhr MESZ am 20.08. das Teiltief BERND II beim
Nordkap mit einem Kerndruck von ungefähr 994 hPa. Die Mischfront verlief dabei
größtenteils südwärts vom Zentrum bis zum Onegasee.
Vom dortigen Okklusionspunkt erstreckte sich die Warmfront bis in die
Nordukraine. Kurz dahinter verlief die viel längere Kaltfront in einem Bogen
bis zu den Alpen, wo sich eine kleine Wellenstörung anschloss. Entlang dieser
Kaltfront schob sich kalte Luft unter eine wärmere Luftmasse, was zu Konvektion
und resultierend zu Schauern und Gewittern führte. Besonders in Weißrussland
und in Österreich bildeten sich solche Gewittercluster mit bis zu 20 l/m² in 12
Stunden in Minsk, 23 l/m² im ebenfalls weißrussischen Marjina
Horka oder 31 l/m² in Graz. Der meiste Regen an der
Okklusion wurde u. a. in Naimakka südöstlich von Tromsø mit 10 l/m² im 12-stündigen Zeitraum bis 08 Uhr MESZ
gemessen. Vor der Passage der Kaltfront wurden bis zu 31,8°C in Kiew und 33,8°C
in Budapest erreicht. In kühlerer Polarluft waren es 22,4°C in Tallinn oder
24,4°C in Vilnius. Die Okklusion des Teiltiefs BERND I mit seinem Zentrum über
dem Europäischen Nordmeer zwischen Skandinavien und Island, wo ein Druck von
circa 997 hPa herrschte, verlief zum einen westlich des Kerns wellenförmig nach
Norden bis in die Polarregion und zum anderen halbkreisförmig zwischen den
Shetland-Inseln und Schottland, wo sie in eine andere Mischfront überging.
Während auf Spitzbergen die 12-stündige Regenmenge bis 08 Uhr MESZ nur maximal
2 l/m² bei 5,6°C als Höchsttemperatur auf der Insel Hopen
betrug, sorgten Schauer in Schottland und Nordirland für 16 l/m² in Ballypatrick. Hinter der Okklusion war es mit 18,4°C in
Glasgow etwas kühler als weiter südlich mit 20,2°C in Coningsby.
Die
Teilzyklonen BERND I und II zogen bis zum 21.08.19 um 02 Uhr MESZ unter
Abschwächung weiter nach Nordosten. Die Kerndrücke betrugen knapp 1005 hPa vor
Norwegens Küste am nördlichen Wendekreis bzw. 996 hPa 200 km östlich von
Spitzbergen. Die Mischfront im Bereich des Tiefdruckgebietes BERND I löste sich
auf. Trotzdem reichte es noch für 9 l/m² in Tjøtta und
6 l/m² Regen in Sortland, der im genannten Zeitraum
fiel. Dabei stieg die Temperatur auf 18,1°C in Harstad
während weiter südlich in Trondheim nur 15,9°C erreicht wurden. Die Okklusion
des Teilwirbels BERND II verlief vom Zentrum erst ostwärts, dann nach Süden
über der Barentssee. Vom Okklusionspunkt zwischen Nowaja Semlja
und dem russischen Festland verlief die Warmfront parallel zum Ural, wo sie 230
km nordwestlich von Perm in eine Kaltfront überging. Die Kaltfront erstreckte
sich über dem Nordwesten Russlands und im Osten Weißrusslands schloss sich eine
Warmfront an. Zusätzlich verlief eine Warmfront vom Zentrum des Teiltiefs BERND
II nach Norden, die bis zu 5 l/m² Regen bis 08 Uhr MESZ in 12 Stunden in Hornsund auf Spitzbergen brachte. Dabei wurden an dieser
Station höchstens 5,3°C gemessen. Entlang der Okklusion und Kaltfront der
anderen Teilzyklone kamen bei vereinzelten Schauern bis zu 4 l/m² im
weißrussischen Orsa sowie in der doppelten Zeit,
24-stündig bis 08 Uhr MESZ, 2 l/m² in Sewerodwinsk oder 3 l/m² auf Nowaja Semlja zusammen. In Subtropikluft wurden vor der Kaltfront
noch beispielsweise 28,9°C in Tula erreicht; hinter ihr waren es nur 22,0°C in Tichwin.
Mit
der Verlagerung nach Nordosten zog das Teiltief BERND
II aus dem Erfassungsgebiet der Berliner Wetterkarte, womit bis zum nächsten
Tag nur noch das frontenlose Tiefdruckgebiet BERND mit dem Zentrum bei Lappland
analysierte, wo ein Druck von rund 1011 hPa gemessen wurde. Trotz des relativ
hohen Luftdruckes waren immer noch einzelne Schauer aktiv. Südlich der Lofoten
betrug an der Station Reipå die maximale 6-stündige
Regenmenge bis 02 Uhr MESZ 13,9 l/m². Im Einflussbereich des Tiefdruckgebietes
stieg dabei die Temperatur auf 15,1°C in Kiruna, 20,1°C in Murmansk und 15,2°C
in Harstad.
Am
23.08.19 um 02 Uhr MESZ lag das Zentrum der Zyklone BERND über der Barentssee
unweit der Halbinsel Kola. Mit einem minimalen Kerndruck von circa 1014 hPa
hatte es sich zwar weiter abgeschwächt, dennoch bildete sich eine kurze
Okklusion über der südlichen Barentssee aus, die in eine weitere Mischfront
eines Wirbels im Nordwesten Russlands überging. Es fielen allerdings nur noch
marginale Regenmengen an dieser Mischfront. Beispielsweise waren es nur noch
0,4 l/m² in Murmansk. An dieser Station wurde zudem eine Höchsttemperatur von
11,8°C gemessen.
Bis
zum nächsten Tag hatte sich der Kerndruck weiter erhöht, womit das
Tiefdruckgebiet BERND sich komplett auflöste und nicht mehr auf der Berliner
Wetterkarte zu finden war.