Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet BERND
(getauft
am 28.07.2013)
In der Nacht zum 28.07. entstand im Bodenniveau nahe der spanischen
Mittelmeerküste entlang einer Wellenstörung des Tiefdruckwirbels ANDREAS ein
Wellentief, welches anhand der Analysekarte für 00 Uhr UTC, also 02 Uhr MESZ,
auf den Namen BERND getauft wurde.
Am Tauftag lag das Tief mit einem Kerndruck von knapp 1010 hPa
über dem spanischen Saragossa. Vom Kern zog sich eine Warmfront nordostwärts
und ging über dem französischen Zentralmassiv in das Frontensystem des
Tiefs ANDREAS über. In entgegengesetzter
Richtung verlief eine Kaltfront entlang der spanischen Mittelmeerküste und über
das Alboran-Meer bis zum marokkanischen Agadir.
Entlang der Fronten setzten über dem Südosten Frankreichs und in
der Schweiz starke und mit Gewittern durchsetzte Niederschläge ein, teils mit
Graupel. Bis 06 Uhr UTC wurden in nur 12 Stunden in Marseille 38 Liter, in
Nimes 46 Liter und im schweizerischen Neuchatel 62 Liter Regen pro Quadratmeter
gemessen. In der Nähe von Genf, am Flughafen Cointrin, fielen sogar bis zu 69
Liter Niederschlag auf einen Quadratmeter.
In den nächsten 24 Stunden verlagerte sich Tief BERND nach
Nordosten und lag am 29.07. mit einem auf 1015 hPa leicht gestiegenen Druck
knapp südlich von Marseille. Der Frontenaufbau blieb im Verlauf bestehen,
jedoch reichte die Warmfront nun vom Kern bis nahe München.
Auch wenn im französischen Chambery und Grenoble noch einmal bis
zu 28 bzw. 57 Liter Regen je Quadratmeter fielen, konzentrierten sich die Schauer
und Gewitter überwiegend auf die Schweiz und erreichten in der zweiten
Tageshälfte auch den Süden Deutschlands sowie den Westen der Tschechei. Im
Zeitraum von 06 bis 18 Uhr UTC wurden bei Genf 21 Liter, in Neuchatel 34 Liter
und bei St. Carlo Robei sogar 85 Liter pro Quadratmeter registriert. Im selben
Zeitraum konnten in Freudenstadt 33 Liter, auf dem Feldberg 45 Liter und in
Lahr 46 Liter je Quadratmeter gemessen werden. Der Spitzenreiter in Deutschland
war jedoch Stuttgart-Schnarrenberg mit fast 72 Litern je Quadratmeter. Im
weiteren Tagesverlauf verlagerten sich die Niederschläge mehr und mehr nach
Nordosten und überquerten bis zum Morgen die westliche Tschechei, Westpolen
sowie den äußersten Osten Deutschlands. Dabei wurden bei Prag, auf dem Militärflughafen
Kbely, in den 12 Stunden zuvor bereits 20 Liter Regen je Quadratmeter gemessen,
wobei bis 06 Uhr UTC noch einmal 26 Liter hinzukamen. Im polnischen Elblag
fielen bei ähnlich starken Niederschlägen und Gewittern wie zuvor in der
Schweiz und Süddeutschland in 12 Stunden 77 Liter pro Quadratmeter, in Görlitz
akkumulierten sich die Niederschläge bis 06 Uhr UTC auf 50 Liter je
Quadratmeter.
Am 30.07. lag das Zentrum des Tiefdruckgebietes BERND mit einem um
5 hPa gefallenen Druck unweit von Danzig über der polnischen Ostseeküste. Vom
Kern erstreckte sich erneut eine Warmfront nach Norden, die sich im Verlauf
nahe Bornholm mit dem Frontensystem des Tiefs ANDREAS verband. Die zum Tief
BERND gehörende Kaltfront reichte vom Kern über den Balkan und Italien bis
Westtunesien. Der Schwerpunkt des Regengebietes verlagerte sich im Laufe des
Tages unter Abschwächung nach Schweden und weiter nach Zentral- und
Nordnorwegen. Bis 06 Uhr UTC des folgenden Tages wurden in 24 Stunden in Malmö
20 Liter, in Gäddede 30 Liter und bei Vastmarkum 35 Liter Niederschlag pro
Quadratmeter registriert. Im norwegischen Nordli-Holand waren es sogar bis zu
49 Liter pro Quadratmeter.
Gegen 00 Uhr UTC des 31.07. lag das Zentrum der Zyklone BERND mit
einem auf circa 1000 hPa gesunkenen Kerndruck über Zentralschweden. Nach
Südosten verlief vom Kern eine Kaltfront über Wilna, die bis nach Nyíregyháza
im östlichen Ungarn reichte und zwischenzeitlich nahe Minsk Warmfrontcharakter besaß.
Eine Okklusionsfront, eine sogenannte Mischfront mit Eigenschaften von Warm-
und Kaltfront, zog sich vom Kern zunächst nach Nordosten über Schweden bis zum
Nordmeer, wo sie einen Bogen nach Südwesten beschrieb, um bei Island in den Tiefdruckwirbel
ANDREAS überzugehen. Letzte starke Niederschläge konzentrierten sich über
Nordschweden und Norwegen. Im Tagesverlauf wurden durch Regen und Sprühregen in
Ronneby 36 Liter und am Flughafen von Trondheim 41 Liter pro Quadratmeter
gemessen.
Bis zum 01.08. um 00 Uhr
UTC fiel der Druck im Kern auf unter 995 hPa. Das Tief BERND befand sich zu
diesem Zeitpunkt über dem Nordmeer, in etwa auf der Schnittlinie von Jan Mayen
mit Oslo. Vom Zentrum ging nach Norden eine Okklusionsfront aus, die südlich
von Spitzbergen einen engen Bogen über Minsk und Kiew nach Süden beschrieb und bis
zum Schwarzen Meer reichte. Mit dem Tief zogen auch die Niederschläge unter
fortschreitender Abschwächung in Richtung Spitzbergen ab. Bis 06 Uhr UTC wurden
in den vorangegangenen 24 Stunden durch überwiegend leichtem, mit Regen
durchsetzten Sprühregen in Ny-Ålesund noch einmal 8 Liter pro Quadratmeter
gemessen, sonst fielen die Niederschläge mit 3 Litern je Quadratmeter in Moskau
und Svalbard, das ebenfalls auf Spitzbergen gelegen ist, sowie 0,1 Liter auf der Insel Jan Mayen eher gering
aus.
Zum 02.08. hatte sich das Zentrum vom Tiefdruckwirbel BERND weiter
nach Norden verlagert und lag gegen 00 Uhr UTC mit einem um 10 hPa gestiegenen
Druck über Spitzbergen. Eine zugehörige Okklusionsfront beschrieb nördlich des
Kerns beginnend einen Bogen nach Süden und reichte dabei über Hammerfest, der
nördlichsten Stadt Norwegens und erstreckte sich im weiteren Verlauf über St.
Petersburg zunächst Richtung Moskau und von dort nach Süden bis Odessa an der ukrainischen
Schwarzmeerküste. Größere Niederschlagsmengen wurden mit Ausnahme von Minsk und
Wilna jedoch kaum noch registriert. Hier fielen bis 06 Uhr UTC noch 5,4 bzw. 11
Liter Regen auf einen Quadratmeter.
In der Nacht zum 03.08. verließ der Wirbel BERND auf seiner
Zugbahn nach Nordosten allmählich den von der Berliner Wetterkarte erfassten
Bereich. Um 00 Uhr UTC befand sich sein Zentrum mit einem auf 1015
angestiegenem Kerndruck nördlich des Franz-Josef-Lands, einer Inselgruppe im
Eismeer, und damit weit jenseits des 80. Breitengrades, ein zugehöriges
Frontensystem konnte allerdings nicht mehr analysiert werden. Im Laufe des Tages
verließ Tief BERND den Analysebereich, sodass dieser der zugleich letzte Tag
der namentlichen Erwähnung vom einstigen Wellentief BERND auf der Berliner
Wetterkarte war.
Geschrieben
von Christian Ulmer
Berliner
Wetterkarte: 29.07.2013
Pate:
Bernd Ramdohr