Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet BERNHARD

(getauft am 22.05.2019)

 

Am 22.05.2019 bildete sich nördlich des Tiefdruckgebiets AXEL zwischen Dänemark und Skandinavien ein neues Tief aus, aus dessen Kern sich eine Okklusionsfront Richtung Osten über Litauen, Weißrussland und die baltischen Staaten erstreckte. Eine Okklusion oder Okklusionsfront bezeichnet in der Meteorologie eine Mischfront aus Kalt- und Warmfront, welche entsteht, wenn die nachfolgende und schneller ziehende Kaltfront die vorhergehende Warmfront einholt. Der Punkt, an dem die Fronten aufeinandertreffen, heißt dabei Okklusionspunkt. Aufgrund dieses Prozesses und des prognostizierten Einflusses auf das Wetter Mitteleuropas wurde das Tief erstmalig in der Prognosekarte für den Folgetag der Berliner Wetterkarte erwähnt und auf den Namen BERNHARD getauft.

Am 23.05. um 00 Uhr UTC, was 02 Uhr MESZ entspricht, wurde der Kern der Zyklone zwischen Schottland und Norwegen mit einem Kerndruck von circa 1010 hPa analysiert. Vom Kern ausgehend zog sich eine Okklusionsfront über Bergen, Stockholm und die Ostsee zu Tief AXEL, dessen Kern über dem Süden Polens lag. Durch die zyklonale Drehung, entgegen dem Uhrzeigersinn, zog die Front im Tagesverlauf dann über Südschweden und Norwegen. Ein Teil der Okklusionsfront entfernte sich zwischen 12 und 18 Uhr UTC vom Kern und löste sich auf. Der Durchzug dieser Front sorgte beispielsweise in Nedre Vats an der südnorwegischen Küste 12-stündig für 39 l/m² Niederschlag. Die Meteorologen der BWK prognostizierte am 23.05., dass es in Deutschland aufgrund des abschwächenden Hochs OPHELIA und dem Tief BERNHARD zu einer mäßig-warmen nordwestlichen Strömung kommen würde, welche sich in einer wechselhaften Troglage ausdrücken würde.

Bis zum 24.05. um 00 Uhr UTC wanderte der Tiefdruckkern bis vor die Norwegische Küste bei Bergen und der Druck sank auf etwa 1005 hPa. Zeitgleich umrandete die Okklusionsfront den Kern, lag also über der Nordsee, Nordschottland, Skandinavien sowie über der Ostsee und trennte sich am Okklusionspunkt über Riga auf. Während sich die Kaltfront über den Osten Europas südwestlich bis nach Budapest erstreckte, zog sich die kurze Warmfront zum Länderdreieck Lettland, Russland, Weißrussland, ehe sie in die Kaltfront eines unbenannten Tiefs über dem Ural überging. Im Tagesverlauf spaltete sich die Okklusionsfront weiter auf und der Kern bewegte sich über Südskandinavien gen Ostsee. Währenddessen zog die Kaltfront ebenfalls über Südskandinavien, Dänemark sowie Norddeutschland und brachte so beispielsweise 12-stündig bis 18 Uhr UTC einen Niederschlagswerte von 11 l/m² in Rangedala bei Göteborg oder auch 5,3 l/m² im dänischen Karup.

Am 25.05. um 00 Uhr UTC befand sich der Kern der Zyklone BERNHARD über Stockholm mit einem Kerndruck von ungefähr 1005 hPa. Die Okklusionsfront verlief südlich bis über Berlin und macht dann ein Bogen in westliche Richtung und erstreckte sich über das Rheinland und den Ärmelkanal bis nach London. Während des Tages bewegte sich der Tiefdruckkomplex nach Nordosten über Helsinki und Tallinn bis über St. Petersburg, wodurch die Front im Laufe des Tages über weite Teile Deutschlands, Tschechiens und Polen hinwegzog. Die Ausläufer des Tiefs BERNHARD sorgten für hohe Niederschlagswerte, wie die 12-stündigen Niederschlagswerte von Rohr in Mittelfranken-Dechendorf mit 32,1 l/m² oder Baltmannsweiler-Hohengehren, bei Stuttgart mit 41 l/m² veranschaulichen. Gleichzeitig zeigte sich aber auch beispielsweise in Nordhessen mit über 13 gemessenen Sonnenstunden in Bad Hersfeld vielerorts die Sonne.

Zu Beginn des 26.05. wurden zwei Teiltiefs der ehemaligen Zyklone BERNHARD analysiert und wurden auf die Namen BERNHARD I, welches über Finnland und Westrussland lag, und BERNHARD II, nördlich von Oslo gelegen, beide mit einem Minimaldruck von je circa 1000 hPa um 00 Uhr UTC. Die Ausläufer beider Tiefs zogen sich bei Tief BERNHARD II als Okklusionsfront über die Ostsee bis nach Danzig und Rostock und bei Zyklone BERNHARD II ebenso als Okklusionsfront nördlich vom Kern ausgehend bis nach Moskau und teilte sich am Okklusionspunkt erneut auf. Während sich die Kaltfront südwestlich bis nach Budapest erstreckte, konnte eine von Moskau östlich verlaufende Warmfront analysiert werden. Somit ergab sich aufgrund des Tiefs BERNHARD wie am Vortag ein sehr komplexes Druckgebilde über Nord- und Mitteleuropa. Im weiteren Tagesverlauf verschoben sich beide Tiefdruckkomplexe weiter nordöstlich Richtung der Barentssee, während die Okklusions- sowie Kaltfront über Osteuropa zogen und dort für kühle Temperaturen sorgten. So war das 12-stündige Temperaturmaximum am Abend des 26.05. in Minsk durch kontinentale Polarluft hinter der Kaltfront mit 16,4°C um 6 Grad kühler als am Vortag, bzw. 8 Grad kühler als am Folgetag.

Aufgrund der westlichen Höhenwinde und der Hochdrucklage über dem Schwarzen Meer bewegte sich Tiefdruckkomplex BERNHARD weiter nach Nordosten, weshalb um 00 Uhr UTC, Tief BERNHARD I über Nordrussland mit circa 1000 hPa und Tief BERNHARD II mit etwa 995 hPa über Helsinki lag. Zur selben Zeit befanden sich westlich von BERNHARD drei weitere Teiltiefs der Zyklone CLAUDIUS. Während sich von Zyklone BERNHARD I eine Okklusionsfront in südliche Richtung über Russland drehte und somit das europäische Wetter kaum noch beeinflusst, wurde eine sehr große Okklusionsfront analysiert, welche sich von Helsinki ausgehend mit einem Bogen über St. Petersburg über alle vier Tiefdruckkerne nach Westen erstreckte und sich somit über Vilnius, Kopenhagen, Edinburgh bis zur Südspitze Grönlands befand. Jedoch spaltete sich diese Frontenverbindung über Okklusionsfront und Kaltfront des Tiefs BERNHARD II und Warm- bzw. Okklusionsfront des Komplexes CLAUDIUS schon früh im Tagesverlauf auf. Die Teiltiefs BERNHARD I und BERNHARD II verbanden sich am Nachmittag wieder und die Okklusionsfront, die sich zu Tagesbeginn über Russland befand, spaltete sich im Tagesverlauf wieder auf. Die beiden entstandenen Fronten drehten sich entgegen des Uhrzeigersinns, weshalb zum Ende des Tages die Warmfront östlich und die Kaltfront südlich des Kerns lagen. Gleichzeitig bewegte sich im Tagesverlauf der Kern immer weiter Richtung Nordosten, weshalb sein Einfluss auf das mitteleuropäische Wetter sank. Dennoch brachten die Ausläufer im Nordwesten Russlands 12 l/m² in 12 Stunden ab 15 Uhr UTC in Okunev Nos oder auch 11 l/m² in 24 Stunden bis zum Morgen des Folgetages in Ust-Usa. Das Tief BERNHARD wurde letztmalig auf der Analysekarte der BWK um 00 Uhr UTC des 28.05. erwähnt, da es sich bis zum Folgetag auflöste.