Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet BERNHARD

(getauft am 25.03.2011)

 

Ausgehend von einem ausgeprägten Höhentrog in ca. 5500 m Höhe über dem Europäischen Nordmeer, der weitere Randtröge mit sich führte, verlagerte sich in der Höhenströmung der Hochdruckkeil der Antizyklonen NICOLE und ORTRUD westwärts. Auf Grund von vorderseitigen Hebungsprozessen, die dabei stattfanden, bildete sich zu einem der Randtröge von der Höhe zum Boden ein Druckfeld aus. In diesem bildete sich ein neues Tiefdruckgebiet, welches in der Prognose vom 25.03. für den 26.03. auf den Namen BERNHARD getauft wurde.

Am 26.03. lag der Kern der Zyklone mit einem Kerndruck von ca. 1008 hPa vor der mittleren Ostküste Grönlands. Vom Kern ausgehend verlief die Warmfront nach Süden und verband sich über der Südostspitze Islands mit einer Kaltfront eines Wellensystems, das sich weiter über Mittel- und Osteuropa zog. Dieses gemeinsame Frontensystem bildete dabei weiterhin die Grenze zwischen den beiden Bodenhochs NICOLE und ORTRUD.  Ebenfalls vom Kern ausgehend, zog sich die Kaltfront des Tiefs BERNHARD entlang der grönländischen Küste nach Südwesten.

Angetrieben durch die starke Höhenströmung verlagerte sich auch das Bodendruckfeld des Wirbels BERNHARD unter Vertiefung auf ca. 999 hPa nach Südosten, wobei es eine Okklusion (Mischfront mit Kalt- und Warmfronteigenschaften) bildete. Am 27.03. lag der Kern des Tiefs weiterhin über dem Europäischen Nordmeer, nordwestlich von Trondheim. Vom Kern verlief die Okklusionsfront parallel zu der norwegischen Küste und teilte sich nördlich der Färöer Inseln in Kalt- und Warmfront. Vom Okklusionspunkt ausgehend, zog sich die Warmfront bis vor die Nordwestspitze Schottlands. Die am Vortag bestehende Verbindung zu der Front des Wellensystems wurde durch den stärker werdenden Einfluss des nach Osten ziehenden Hochs ORTRUD aufgelöst. Die Kaltfront des Tiefs hingegen reichte vom Okklusionspunkt bogenförmig nach Norden, wo sie über Island eine neu gebildete Wellenstörung nach sich zog. Im 850 hPa-Niveau, welches etwa einer Höhe von 1500 m entspricht, zeigte sich deutlich, dass die Zyklone BERNHARD im Bereich zwischen den beiden Fronten, dem sogenannten Warmluftsektor, maritime Luft der mittleren Breiten bis zu 24°C mit sich trug. Auf der Vorder- und Rückseite hingegen dominierten mit Temperaturen von 16°C und darunter, deutlich kühlere maritime Arktikluftmassen.

Bis zum 28.03. zog das Tiefdruckgebiet mit Schneefällen über Norwegen und Schweden nach Finnland. Das Zentrum lag am frühen Morgen mit einem Kerndruck von ca. 990 hPa über Helsinki und die Okklusion zog sich von dort aus bis Kopenhagen, wo sie sich teilte. Von dort ausgehend erstreckte sich die Warmfront über den Norden Deutschlands hinweg bis Amsterdam. Die Kaltfront verlief vom Okklusionspunkt zunächst nach Südwesten und beschrieb an der mittleren Ostküste Großbritanniens einen scharfen Bogen bis Edinburgh. Im weiteren Verlauf war sie mit der Warmfront der nachfolgenden Wellenstörung verbunden, aus der mittlerweile der Wirbel DIETMAR entstanden war. Der Lebensprozess von Tiefdruckgebieten geht u. a. mit der Tatsache einher, dass die Kaltfront die Warmfront immer weiter einholt und das Tief fortschreitend okkludiert. So verkleinerte sich auch der Warmluftsektor der Zyklone BERNHARD und die kühleren Luftmassen hinter der Kaltfront drangen weiter vor, sodass im Warmluftsektor mittlerweile maritime Subpolarluft vorherrschte.

Am nächsten Tag lag das Tief mit einem Kerndruck von etwa 992 hPa nordöstlich von St. Petersburg. Die Okklusion reichte vom Kern ausgehend nach Norden, beschrieb dann einen scharfen Bogen nach Süden und verlief westlich von Moskau um dann nahe Minsk in eine Kaltfront überzugehen, die sich bis südlich von Warschau zog. Die Warmfront hatte sich bei ihrem Zug nach Osten aufgelöst. Im Bereich der Okklusion blieb es durch die mitgeführte dichte Bewölkung mit Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt, wie beispielsweise in St. Petersburg mit 1°C Minimaltemperatur, verhältnismäßig mild. Trotzdem schneite es, in St. Petersburg wurden dabei 2 mm Niederschlag registriert, sodass die Gesamtschneehöhe zu diesem Zeitpunkt 37 cm betrug. Zum 30.03. zog das Tief BERNHARD nach Nordosten und lag an diesem Tag mit seinem Zentrum und einem Kerndruck von ca. 999 hPa bei Archangelsk. Der Frontenverlauf blieb unverändert, wobei die Okklusion westlich von Perm in die Kaltfront überging, die sich bis zum Fluss Don zog. Bis zum nächsten Tag verlagerte sich die Zyklone weiter nordostwärts und lag schließlich über Workuta, wobei der Kerndruck sich auf ca. 1003 hPa erhöhte. Von dort aus verlief die Okklusion in einem Bogen über Tobolsk, um sich mit der Warmfront des nachfolgenden Tiefs DIETMAR zu verbinden. Im Laufe des Tages füllte sich der Wirbel BERNHARD weiter auf und konnte nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte analysiert werden.


Geschrieben von Julia Sieland am 09.04.2011

Berliner Wetterkarte: 28.03.2011

Pate: radio.de – das Internetradio