Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet BIANCA
(getauft am 25.02.2020)
Am 25. Februar 2020 wurde ein Tiefdruckgebiet auf
der Prognosekarte der Berliner Wetterkarte für den Folgetag auf den Namen
BIANCA getauft. Es sollte sich südwestlich von Irland im Zusammenhang mit einem
recht weit nach Süden reichenden Tiefdruckgebiet in höheren Luftschichten,
einem sogenannten Höhentrog, bilden.
Am 26. Februar bildete sich erwartungsgemäß über
dem Nordatlantik das Tiefdruckgebiet BIANCA. Der Kerndruck der Zyklone BIANCA
betrug um 00 Uhr UTC weniger als 1010 hPa. Diese befand sich zum genannten
Zeitpunkt zentral über dem Nordatlantik. In nordöstliche bis östliche Richtung
ging vom Kern des Tiefs BIANCA eine Okklusionsfront, eine Mischfront mit Warm-
und Kaltfronteigenschaften, aus und reichte bis zum Okklusionspunkt etwa 1500
km nordwestlich der Azoren. Am Okklusionspunkt trafen je eine Warmfront und
eine Kaltfront wie bei einem Reißverschluss zusammen, wodurch die warme
Luftmasse von der kalten Luftmasse angehoben wird. Die Warmfront zog sich grob
in südöstliche Richtung bis etwa 500 km nördlich der zu Portugal gehörenden
Inselgruppe Madeira, wo sie in die Kaltfront des über Südschweden liegenden
Tiefdruckgebietes ZEHRA überging. Die vom zuvor beschriebenen Okklusionspunkt
des Tiefdruckgebietes BIANCA ausgehende Kaltfront führte nach Süden bis
Südwesten und verließ knapp nördlich des nördlichen Wendekreises auf einer
ungefähren geographischen Länge der Südspitze Grönlands den von der Berliner
Wetterkarte abgedeckten Kartenausschnitt. Außerdem ging vom Zentrum des Wirbels
BIANCA eine Okklusionsfront in westliche bis südwestliche Richtung, um rund
1000 km südöstlich von Neufundland in eine weitere Okklusionsfront überzugehen,
die zu einem unbenannten Tiefdruckgebiet etwa 300 km weiter südwestlich und
ebenfalls ungefähr 1000 km südöstlich von Neufundland gehörte. Bis zum Morgen
des 27. Februar kamen 12-stündig 21 l/m² Niederschlag in Vendays Montalivet in
Frankreich südlich der Girondemündung zusammen, während in Camborne und
Culdrose, beide im Südwesten Englands gelegen, jeweils 15 l/m² im selben
Intervall gemessen wurden.
Nun hatte sich das Tiefdruckgebiet BIANCA
einerseits deutlich verstärkt, denn der Kerndruck lag um 00 Uhr des Folgetages
nun bei unter 995 hPa, andererseits hatte sich das Tief BIANCA deutlich nach
Osten verlagert, denn das Zentrum befand sich ungefähr 200 km südlich von Irland
und etwa 300 km südwestlich der Westspitze der zu England gehörenden Halbinsel
Cornwall. Vom Kern des Wirbels BIANCA ging zum einen eine Warmfront aus, die in
südöstliche Richtung über die Biskaya bis in den äußersten Norden Spaniens
analysiert wurde. Zum anderen war eine Kaltfront zu erkennen, die vom Zentrum
der Zyklone BIANCA nach Südwesten bis Westen verlief und ungefähr 1500 km
nördlich der Azoren in eine Warmfront überging, die zu einer in ähnlicher
Richtung weiter zu verfolgende, leicht verwellte Luftmassengrenze ohne
wesentlichen Tiefdruckkern gehörte. Die Verstärkung des Tiefdruckgebietes
BIANCA zeigte sich auch darin, dass nun keine Okklusionsfront analysiert wurde,
die meist für eine eher fortgeschrittene Entwicklung eines Tiefs spricht. Bis zum
Mittag kamen 6-stündig 20 l/m² an Niederschlag in Comiac
im französischen Okzitanien zusammen. In Creil nordöstlich von Paris und in
Charleville nahe der belgischen Grenze waren es jeweils 13 l/m² im selben
Intervall. Zudem war es besonders in Frankreich sehr windig, wobei Laons
westlich von Paris Böen bis 109 km/h, das entspricht 11 Beaufort, bis zum
Mittag registrierte. Gleichzeitig rückte die Zyklone BIANCA noch deutlicher in
das Blickfeld der Berliner Wetterkarte, denn nun war das Zentrum des Wirbels BIANCA
mit unter 990 hPa über Nordfrankreich etwa zwischen Paris und Brüssel auf der
Mitteleuropakarte zu sehen, wobei es sich näher an der französischen Hauptstadt
als an der belgischen befand. In diesem Kartenausschnitt war neben einer vom
Kern der Zyklone BIANCA ausgehenden und über Ostfrankreich nach Süden
verlaufenden Warmfront sowie einer weiter westlich folgenden, ebenfalls vom
Zentrum des Tiefdruckgebietes BIANCA nach Süden bis Südwesten über das zentrale
Frankreich führenden Kaltfront noch eine Okklusionsfront zu sehen. Diese verlief
vom Okklusionspunkt bis zum Kern des Tiefs BIANCA und zeigte sich in westliche
bis südwestliche Richtung über dem Nordwesten Frankreichs. Bis zum Abend
erreichte der Wind bis zu 130 km/h, also 12 Beaufort und damit Orkanstärke, im
französischen Ban-de-Sapt, welche auf 590 Meter in
den Vogesen gelegen ist. Bis zu 165 km/h, ebenfalls 12 Bft., waren es auf dem
Feldberg im Schwarzwald, und bis zu 169 km/h, ebenfalls 12 Bft., wurden auf dem
Chasseral, im Schweizer Jura, gemessen. Im französischen Vichy führte ein
Zustrom milder Luftmassen zu einer Höchsttemperatur von 16°C, wohingegen die
8°C vom Vortag deutlich weniger frühlingshaft waren. Dagegen fiel vor allem von
Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz bis nach Bayern Schnee. Bis zum Morgen
gab es von der Eifel über Franken bis zum Bayerischen Wald und an den Alpen
zweistellige Neuschneemengen. In Bayern erreichte Geiselwind in Franken 43 l/m²
an Niederschlag innerhalb von 24 Stunden. In der Nacht wehte der Wind zudem in
Böen bis zu 124 km/h, also ebenfalls 12 Bft., an der
Wetterstation München-Museumsturm.
Am Morgen des 28. Februar war das Tiefdruckgebiet
BIANCA mit seinem Zentrum etwa im Dreiländereck von Österreich, der Slowakei
und Ungarn mit einem Kerndruck von unter 997 hPa zum letzten Mal als eigenes
Druckgebilde auf der Berliner Wetterkarte zu erkennen. Eine Okklusionsfront
wickelte sich gewissermaßen um den Bereich des tiefsten Luftdruckes im
Zusammenhang mit dem Wirbel BIANCA und führte von Nordösterreich über die
südliche Slowakei und das westliche Ungarn sowie weiter in südwestlicher
Richtung über den nordwestlichen Balkan und die nördliche Adria bis zur Küste
der mittelitalienischen Provinz Marken, etwa im Bereich der Stadt Ancona zum
Okklusionspunkt. Von dort ging eine Warmfront aus, die über Süditalien bis nach
Sardinien reichte. Außerdem führte eine Kaltfront vom Okklusionspunkt des Tiefs
BIANCA zunächst nach Südwesten bis Westen über Mittelitalien, zwischen Korsika
und Sardinien zur nordostspanischen Küste, um mehr in nordwestlicher Richtung
bis ins spanisch-französische Grenzgebiet im Baskenland am Fuße der westlichen
Pyrenäen in der Nähe der Küste der Biskaya zu verlaufen, wo der Anschluss zu
einer Warmfront bestand, die zu einem unbenannten Tiefdruckgebiet
westsüdwestlich von Irland gehörte. Bis zum Abend kamen 12-stündig 24 l/m²
Niederschlag auf der albanischen Insel Sazan durch die Aktivität des
Tiefdruckgebietes BIANCA zusammen. Nachfolgend herrschte über dem südöstlichen
Mitteleuropa vom zentralen Mittelmeer und Italien ausgehend
Zwischenhochdruckeinfluss.