Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet BILLIE

(getauft am 10.12.2014)

 

Am 10.12.2014 wurde das Tiefdrucksystem BILLIE, welches von Neufundland zum Zentralen Nordatlantik zog, in der Prognose für den Folgetag getauft. Am 11.12. um 00 Uhr UTC, was 01 Uhr MEZ entspricht, wies die Zyklone BILLIE einen Kerndruck von etwas unter 1030 hPa auf, jedoch war auf der Vorderseite eines Höhentroges eine Intensivierung absehbar. Zudem wies sie ein ausgedehntes Frontensystem auf, bestehend aus einer vom Kern in südöstlicher Richtung verlaufenden Warmfront, die über dem Atlantik etwa auf Länge von Reykjavik und auf Breite von Marseille in die Kaltfront des über der Norwegischen See befindlichen Tiefs ALEXANDRA überging. Die deutlich kleinräumigere Kaltfront ging, nachdem sie knapp 500 km in südwestlicher Richtung führte, in die Warmfront eines ungetauften Folgetiefs über.

Eingebettet in die zonale, also etwa breitenkreisparallele, Höhenströmung erreichte der Sturmwirbel BILLIE in der Nacht zum 12.12. Großbritannien, die Intensivierung war mit einem Absinken des Kerndruckes um über 35 hPa auf nun unter 995 hPa ungewöhnlich stark. Illustriert durch die daraus resultierende Isobarendrängung kam es auf den Britischen Inseln zu stürmischen und über dem Ärmelkanal und den schottischen Highlands sogar orkanartigen Böen. Die Wetterstation des Naturparks Cairngorm meldete mittlere Windgeschwindigkeiten von über 107,5 km/h, was orkanartigem Wind und der Stärke 11 Beaufort entspricht. Die Spitzenböen erreichten Werte von 176,1 km/h und damit Windstärke 15 der erweiterten Beaufortskala. Vom zwischen Wales und Irland gelegenen Kern reichte die Warmfront über die Westspitzen der Küsten Cornwalls und der Bretagne nach Süden über die Biskaya bis zu spanischen Küste Asturiens. Im Tagesverlauf nahmen die Windgeschwindigkeiten spürbar ab, die Wetterstation Cairngorms meldete um 22 Uhr UTC, verglichen mit den Werten der Nacht zuvor, nur noch Spitzenböen mit 92 km/h.

Bis zu den Morgenstunden des 13.12. hatte sich das Tiefdruckgebiet BILLIE bis nach Gotland verlagert und sich dabei weiterhin intensiviert. Der Kerndruck betrug mittlerweile unter 975 hPa. Das Frontensystem beeinflusste nun Zentraleuropa und bestand aus einer Okklusion, einer Warm- sowie einer Kaltfront. Unter einer Okklusionsfront versteht man eine Mischform, die durch die Vereinigung von Warm- und Kaltfront aufgrund von unterschiedlichen Zuggeschwindigkeiten im sogenannten Okklusionspunkt entsteht und dabei die Eigenschaften beider Frontentypen aufweist. Diese Okklusionsfront reichte vom Kern in südöstlicher Richtung über Wilna bis zum Küstengebiet von Lettland und Litauen. Beim litauischen Klaipeda befand sich der Okklusionspunkt, von dem aus sich die Warm- und Kaltfront aufspalteten. Während die Warmfront sich an Warschau vorbei nach Österreich erstreckte und zwischen Wien und Budapest endete, führte die Kaltfront vorbei an Danzig, Berlin und Paris, und ging kurz darauf in die Warmfront des nachfolgenden Tiefs CHARLOTTE über. Somit verlagerte sich das zugehörige Niederschlagsband mit der Kaltfront von den Küstengebieten südwärts und brachte am Pariser Flughafen Orly 7,7 l/m², während in den deutschen Mittelgebirgen deutlich mehr Niederschläge fielen. Freudenstadt im Schwarzwald meldete 18,6 l/m², Schmücke im Thüringer Wald 18,3 l/m².

Sich leicht abschwächend verlagerte sich die Zyklone BILLIE weiter nach Nordosten und erreichte am 14.12. den Süden der Weißen See. Der Kern, welcher einen Druck von etwas unter 985 hPa aufwies, befand sich über der Küste südwestlich von Archangelsk. Ausgehend vom Kern führte eine Okklusionsfront zunächst in nordöstlicher Richtung um Archangelsk herum, ehe sie einen Bogen beschreibend und Kaltfrontcharakter annehmend in südwestlicher Richtung zurück gen Zentraleuropa reichte und bei Warschau in die Warmfront eines unbenannten Tiefs über Frankreich überging. Zudem spaltete sich eine zweite und nur in der Höhe analysierbare Okklusionsfront nahe Kasan ab, wies in südliche Richtung, verließ aber den Analysebereich der Berliner Wetterkarte schon nach rund 1000 km. Auch an diesem Tag fielen in weiten Teilen des Einflussbereiches des Wirbels BILLIE nur geringe Niederschlagsmengen in Warschau und Moskau. Über den Tag verteilt kamen bei geringem Sprühregen nicht einmal 0,1 l/m² zusammen. In Archangelsk fielen innerhalb von 24 Stunden bis um 03 UTC 3,3 l/m² in Form von Schnee. Während sich die Tagestiefsttemperaturen in Archangelsk kaum änderten und über den Zeitraum von zwei Tagen zwischen -6,3°C und  -5,8°C schwankten, stieg die Temperatur in dem im Warmsektor gelegenen Moskau im gleichen Zeitraum von ‑3,2°C auf +1,3°C an.

Unter weiterer Abschwächung hatte sich die Zyklone BILLIE bis zum 15.12. nach Vorkuta verlagert und wies einen Kerndruck von knapp unter 995 hPa auf. Die Okklusion des Wirbels BILLIE beschrieb zunächst einen Bogen über Tobolsk und das Uralgebirge, wechselte dort ihren Charakter in den einer Kaltfront, wies daraufhin in Richtung Westen und ging über der Wolga in eine Warmfront über. Wie schon Tags zuvor in Moskau stiegen die Temperaturen auch in Vorkuta von -6,6°C auf -4,2°C an, während nur sehr geringer Schneefall registriert wurde.

Mit der nach Osten gerichteten Strömung verlagerte sich der Wirbel BILLIE außerhalb des Analysebereichs der Berliner Wetterkarte und konnte daher am Folgetag nicht weiter analysiert werden.

 


Geschrieben am 16.02.2015 von Patrick Ilmer

Berliner Wetterkarte: 11.12.2014

Pate: Gabriela Gast-Anhuth